Hoyerswerdas brüchigste Schule


von Tageblatt-Redaktion

Rundgang mit Telesa, Stephan, Jonas und Carolin: Die Wärmedämmung an der Turnhalle hängt in Fetzen
Rundgang mit Telesa, Stephan, Jonas und Carolin: Die Wärmedämmung an der Turnhalle hängt in Fetzen

Von Mirko Kolodziej

Wer zum Schriftzug „Oberschule am Planetarium“ aufschaut, sieht nicht nur abgeblätterte Farbe. An der Gebäudekante daneben fehlt auch ein Stück Mauerwerk. Nach Bewährungsstahl muss man nicht lange suchen. Er liegt an zahlreichen Stellen blank. „Schrecklich“ nennt Stephan Bock aus der 9a den baulichen Zustand seiner Schule, Klassenkameradin Carolin Boran meint gar, sie sei „abrissreif“.

„Unsere Schule wird dieses Jahr 50 Jahre und ich glaube, einige Bänke auf dem Schulhof auch“, sagt Jonas Birkner aus der 8a und Telesa Titze aus der 10a erinnert sich an den Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters 2013, zu dem auch Schüler der Schule geladen waren: „Er hat uns versprochen, die Sanierung wird jetzt.“ Die Vier sind Mitglieder der Schulkonferenz. Fragt man sie, wo es an der Schule hapert, führen sie einen stundenlang durchs Haus, zeigen Mängel und schildern Probleme.
Der Werkenraum im Keller ist nicht vorzeigbar, da gesperrt. Die Schüler erläutern, dass es sich um eine Art Kriechkeller handelt – mit nur zwei Metern Deckenhöhe. Gesperrt ist seit Montag auch das Obergeschoss des namensgebenden Planetariums auf dem Schulhof, in dem bisher Teile des Physik-Unterrichts stattfanden.

 Solche Sperrungen verschärfen das größte Problem neben klappernden Klassenraumtüren, Rissen in den Wänden oder Unterrichtsmaterial aus DDR-Zeiten: Es herrscht Platzmangel. „Wir sind 26 Schüler in der Klasse und müssen die Tische zusammenschieben, damit Platz für den Gang zur Tafel ist“, erzählt Telesa. Die Mädchen und Jungen berichten auch, dass für den Musik-Unterricht ein Raum des benachbarten Charismatischen Zentrums der Pfingstgemeinde gemietet werden muss.
Vom Beratungsraum gar nicht zu reden! Darin ist es so eng, dass neben der Rot-Kreuz-Liege maximal zwei Personen sitzen können, um zu beratschlagen.

Die Biolehrer teilen sich ihren Vorbereitungsraum mit den Kollegen vom Fach Gemeinschaftskunde. Abgesehen davon ist dort die Tapete an den Wänden definitiv älter als 25 Jahre. Der Vorbereitungsraum für Chemie sieht zwar deutlich besser aus, dafür gibt es ein Problem im Chemie-Kabinett. Neulich tropfte es hier einer Lehrerin im Unterricht auf den Kopf. Das Schuldach ist undicht.

Kurz: Es ist sowohl eine Sanierung nötig als auch eine Erweiterung. In ein paar Wochen will die Kommunalpolitik eine Studie dazu vorlegen, was zu tun ist. Allerdings dürfte es auch dann kaum rasch gehen. Normalerweise dauern Planungen und Ausschreibungen ihre Zeit. Unterdessen dürften sich die Schwierigkeiten verschärfen, von denen Carolin, Telesa, Jonas und Stephan ohne Punkt und Komma erzählen können: Es fehlt an einem behindertengerechten Zugang, in der Turnhalle ist es winters kalt und sommers warm, auf dem holprigen Schulhof schlagen sich die Kinder die Knie auf. Zudem fehlt es den jungen Leuten draußen an schattigen Bäumen, an Fahrradständern ohne Rost und auch an Sitzgelegenheiten.

 Kaum haben die Vier von der Schulkonferenz das berichtet, nehmen kleinere Schülerinnen auf dem blanken Beton eines Lichtschachtes Platz. „Legt Euch besser etwas unter“, sorgt sich Carolin um die Mädchen. Es ist nicht so, dass es gar nichts Neues an der Schule gibt. Allerdings kommen die Schüler sich ein wenig vor wie das jüngste Geschwisterkind, das immer die Sachen der Älteren aufzutragen hat. Manchmal kommen Tische oder Stühle aus Schulen, die abgerissen beziehungsweise mit neuen Möbeln ausgestattet wurden. Neulich wurde gar ein Teil des rostigen Zauns gegen Abrissmaterial aus der früheren Juri-Gagarin-Schule in der Altstadt ausgetauscht. Auch eine Lehrerin schimpft bezüglich ihres Vorbereitungsraums über „morschen und zusammengesammelten Ramsch“. Andere Kollegen winken bezüglich des Zustands der Schule schon müde ab. Sie haben resigniert. Für die Schul-Sanierung nannte die Stadt einmal einen Finanzbedarf in Höhe von ungefähr 1,8 Millionen Euro. Das war 2007.



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