Hoyerswerda ist eine Herausforderung

Von Uwe Schulz
Bis zu 120 Asylbewerber werden im neuesten Heim des Landkreises Bautzen wohnen können. Etwa halb so viele Journalisten waren gestern zur Einweihung nach Hoyerswerda gekommen. Nicht weil dieses Heim an sich etwas Besonderes wäre, sondern weil es in Hoyerswerda steht, wo vor 22 Jahren Gastarbeiter und Asylbewerber vertrieben wurden.
So gut vorbereitet, wie Dezernent Geert Runge vom Landratsamt Bautzen seine Eröffnungsrede hielt, so schlecht war er aber auch in einem Punkt informiert. Er stellte sich mit einer flammenden Rede vor Hoyerswerda und behauptete, dass Hoyerswerda die Ausschreitungen vom Herbst 1991 besser aufgearbeitet habe als jede andere Stadt in Deutschland. Doch auf Nachfrage von Journalisten konnte er nur ein Beispiel für diese Einschätzung benennen, nämlich dass sich die Bürgerinitiative „Hoyerswerda hilft mit Herz“ gegründet hat. Der Fragesteller hatte um drei Beispiele gebeten …
Und natürlich wurde gefragt, wie es denn um das Sicherheitskonzept steht. Aber auch da wurde nicht viel erzählt. Natürlich gebe es eine bauliche Sicherheit, dazu einen Sicherheitsdienst des Betreibers, und auch die Polizei ist involviert. Können die das Heim und seine Bewohner vor eventuellen Angriffen schützen?
Renate Walkenhorst vom Betreiber European Homecare ist Profi, was das Betreiben von Asylbewerberheimen anbelangt. 35 sind es wohl derzeit in Deutschland. Hoyerswerda nennt sie aufgrund der Historie eine besondere Herausforderung. Aber sie lobte das Engagement der Hoyerswerdaer Bürgerinitiative als sehr professionell. Und Sachsens Ausländerbeauftragter Martin Gillo betonte, dass sich alle demokratischen Fraktionen vor Ort im Vorfeld aktiv eingebracht haben. Wann die ersten Asylbewerber ankommen, ist nach wie vor nicht bekannt. Lange wird es wohl nicht mehr dauern. Denn der erste Bereich des Heimes ist fertiggestellt. Der Rest wird noch bis Ende Februar komplettiert.
Etliche hundert Hoyerswerdaer wollten wissen, wie es denn nun aussieht in dem neuen Heim. Also schoben sich die Massen durch die Gänge, die noch zu Zeiten, als die ehemalige Schweitzer-Schule der Stadt Hoyerswerda gehörte, mit neuen Fußböden versehen worden waren. Und auch die farbigen Wände wirken relativ neu. An den Lamellen-Vorhängen prangt sogar noch der Aufkleber, dass die Stadt der Eigentümer sei. Doch das ist seit der Kreisreform der Landkreis Bautzen. Und mancher fragte sich, wo denn bitte die 900 000 Euro hier verbaut wurden? Beim einfachen Übertünchen einiger zugemauerter Türdurchbrüche bestimmt nicht. Nun – Wasser- und Elektroleitungen sowie Ausgaben für den Brandschutz nimmt man meistens nicht so wahr. Der Betreiberbereich wirkte gestern so, als wenn er schon immer dort gewesen wäre. Und wer weiß schon, wo ein Zaun erneuert werden musste und wo nicht? „Aber die alten Linoleumböden hätten sie ja wechseln können“, meinte eine Frau in einem der Räume angesichts des dortigen abgewetzten Belages.
Doch es gab auch andere Stimmen. „Ey, hier sieht es besser aus als bei mir zu Hause“, wurde die eine oder andere Neiddebatte geführt. Sollte damit tatsächlich die Möblierung der Zimmer gemeint gewesen sein? „Da war es ja beim Bund kuschliger“, konstatierte wenig später ein Mann.
Die Möbel im Heim stammen vom Betreiber. Doppelstockbetten mit beschichtetem Stahlgestell, abschließbare Stahlschränke mit dem Fassungsvermögen eines Spinds im Schwimmbad, dazu ein Tisch mit eben so vielen Stühlen, wie Betten in dem Zimmer sind. Alles ziemlich robust und einfach. In fast jedem Zimmer ein Kühlschrank. Es ist ziemlich genau definiert, was einem Asylbewerber in einer Unterkunft in Sachsen zusteht. Die neue Teeküche auf der Etage fand ein älteres Paar recht hübsch und konnte die sich auch für Zuhause vorstellen. Wie die beiden so dastanden, wirkte die Küche für einen Moment großzügig. Nur dass diese Küche eben nicht für zwei Personen gedacht ist, sondern für einige Dutzend. Und dass hier und da in den Zimmern sogar Waschbecken zu finden sind, liegt nur daran, dass sie vor einigen Monaten noch Klassenräume waren.
Die Heimbetreiber hatten vor dem Tag der offenen Tür die Zimmer so hergerichtet, wie sie künftig auch genutzt werden. In einem wurde zur Anschauung ein Kinderbett mit hingestellt und etwas Geschirr, so wie es jedem Bewohner zur Verfügung stehen wird. Das mal zu sehen, beeindruckte auch die Kinder vom Förderzentrum für Körperbehinderte, die mit zwei Klassen vorbeischauten. Immerhin werden die Asylbewerber die direkten Nachbarn. Irgendwann in den nächsten Tagen werden sie eintreffen.
Beitrag zum Thema vom 9. Januar hier
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