„Historische Personen sind oft umstritten“


von Hoyte24 News

In der früheren Orthopädie sollen Wohnungen entstehen
In der früheren Orthopädie sollen Wohnungen entstehen

Herr Britschka, von wem ist der Jubelruf, das Alte, Morsche sei zusammengebrochen und der Militarismus erledigt?
Das weiß ich nicht, aber es hört sich nach der Zeit von Kaiser Wilhelm an, über den wir ja sprechen wollten.

In der Tat. 1918 hat Philipp Scheidemann mit diesen Worten in Berlin die Republik ausgerufen und die Monarchie für beendet erklärt. Wollen Sie sie nun mit Ihrem Wohnpark Kaiser Wilhelm in der früheren Orthopädie wiederbeleben?

Auf gar keinen Fall! Mein Anliegen war, einen historischen Bezug für das Projekt zu finden. Dabei hat eigentlich der Zufall etwas geholfen. Ich wusste nämlich nicht, dass das Gebäude 1898 als Kaiser-Wilhelm-Krankenhaus eröffnet wurde. Das habe ich erst erfahren, als ich das Klinikum im Zuge des Kaufs um Unterlagen gebeten habe. So kam ich auf den Namen. Mittlerweile habe ich auch mitbekommen, dass sogar die Karl-Liebknecht-Straße früher einmal Wilhelmstraße geheißen hat.

Um welchen der beiden Wilhelme geht es denn eigentlich?

Um Wilhelm, den Zweiten, also den letzten deutschen Kaiser, der im November 1918 abgedankt hat.

Also um den Mann, der Aufrüstung und Kolonialisierung betrieb, die Sozialistengesetze verantwortet und sich in der Julikrise 1914 Richtung Krieg bewegte?

Ja, aber während der Vorbereitung zu unserem Gespräch habe ich auch gelesen, dass er teilweise für Sozialreformen steht. Es ist oft so, dass historische Personen umstritten sind. Den Dichter Theodor Körner zum Beispiel mit seinem Einsatz im Lützow-Korps würde man heute vielleicht als Dschihadisten bezeichnen. Das ist aber schon etwas länger her. Kaiser Wilhelm dagegen starb erst 1941. Ich wollte mit der Namensgebung keine Bewertung seiner Lebensleistung vornehmen. Es ging mir nur um den historischen Bezug. Meiner Meinung nach haben wir davon in Hoyerswerda zu wenig. Die Stadt hat, zum Teil wegen der Neustadt, wenige Bauten mit so geschichtlichem Hintergrund zu bieten – zumindest im Vergleich mit anderen Städten.

Gab es schon andere kritische Fragen?

Nein, Ihre ist die erste Nachfrage dazu. Deshalb habe ich mich jetzt auch nochmals intensiv damit beschäftigt. Wie gesagt: Mir ist der historische Bezug wichtig. Und zur Person an sich gab es bisher keine Fragen.

Wird der Kaiser am Haus dranstehen?

Vermutlich nicht. Aber die Außenplanung ist noch gar nicht fertig. Wir haben das Projekt jetzt so genannt und das Unternehmen, welches die Sache betreibt, heißt so. Darüber, ob es in der Außendarstellung eine Rolle spielen wird, habe ich mir bis jetzt noch keine Gedanken gemacht. Derzeit geht es erst einmal um die konkrete Nutzungsplanung, also schwerpunktmäßig um den Innenbereich. Klar ist bisher, dass wir in jedem Fall versuchen wollen, so viel historische Substanz wie möglich neu herzustellen. Denn durch die verschiedenen Umbaumaßnahmen ist kaum mehr etwas so wie auf historischen Fotos. Mein Bestreben ist, dass man sehen soll, dass es sich um ein historisches Objekt handelt.

An der Villa Alwin Stein gibt es eine Tafel zu dessen Leben. Ist denkbar, dass Sie so etwas zur Einordnung von Wilhelm an Ihrem Haus anbringen lassen?
Das ist eine gute Idee. Ich habe ja selbst festgestellt, dass ich bisher über den Kaiser so viel nicht wusste. Fast jeder weiß, dass er der letzte deutsche Kaiser war. Damit ist er für uns Deutsche eine Persönlichkeit, die definitiv eine historische Rolle spielt – völlig dahingestellt, ob positiv oder negativ. Das kann man nicht nur über historische Persönlichkeiten sagen. Jeder von uns hat positive und nicht so positive Seiten. Und diesen Kontext gibt es auch in der Politik.
Fragen: Mirko Kolodziej



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Was ist die Summe aus 6 und 8?