Historische Mühlsteine in Hoyerswerda entdeckt


von Tageblatt-Redaktion

Steinmetzmeisterin Martina Rohrmoser-Mueller bewundert die Kunstfertigkeit ihrer frühen Berufskollegen.
Steinmetzmeisterin Martina Rohrmoser-Mueller bewundert die Kunstfertigkeit ihrer frühen Berufskollegen.

Von Mirko Kolodziej

Rund einen Monat, nachdem bei den Vorbereitungen der Streifenfundamente für das neue Einkaufszentrum in Hoyerswerdas Altstadt Mauerreste, Scherben und Holzbohlen zum Vorschein kamen, erlaubt nun auch der vor drei Wochen begonnene Bau eines Apartmenthauses in der Straße An der Mühle einen Einblick in Hoyerswerdas Geschichte.

Bereits zehn Tage nach der Grundsteinlegung für die Urlauber-Herberge, die das Ehepaar Doreen und Veit Burmeister errichten lässt, musste ein kurzer Baustopp verhängt werden. Die Bauarbeiter waren auf Holzpfosten gestoßen, auf denen einst die Grundmauern der Stadt-Mühle ruhten, von deren Gründungsgeschichte nur eine Ersterwähnung 1640 bekannt ist. Womöglich kann eine Untersuchung des Holzes nun genaueren Aufschluss über das Alter liefern. Grabungstechniker des Landesamtes für Denkmalschutz haben dazu Proben des historischen Holzes genommen.

Die Entdeckung ist dem Umstand zu verdanken, dass das Apartmenthaus in unmittelbarer Nachbarschaft des Elsterfließes eine recht aufwendige Gründung benötigt. Als Basis für das Fundament dienen 19 mit Beton verfüllte Brunnen-Ringe. Auf die gleiche Art und Weise hatte man im vorigen Jahr den Baugrund für den Anbau am benachbarten Bürgerzentrum vorbereitet.

Bei den Arbeiten am Fließ trat nun Ende voriger Woche die nächste Überraschung zutage. Gefunden wurden zwei Mühlsteine, von denen die hiesige Steinmetzmeisterin Martina Rohrmoser-Mueller sagt: „So gut erhalten habe ich so etwas noch nicht gesehen.“ Die von Burmeisters hinzugerufene Stein-Expertin erklärt, dass die Mahlsteine mit Durchmessern von 80 Zentimetern beziehungsweise 1,05 Metern von frühen Kollegen aus Sandstein hergestellt worden sind.

Aller Wahrscheinlichkeit nach stammt das Material dazu aus den Mühlsteinbrüchen südlich von Jonsdorf im Zittauer Gebirge. Der dort gewonnene Stein war aufgrund von Vulkanismus-Einflüssen aus dem Böhmischen besonders hart. Dafür sorgt die Durchsetzung mit Alkali- und Basaltgestein, die den Rohstoff damals für Mühlsteine geradezu perfekt erscheinen ließ. Nun weiß man, dass der Steinbruchbetrieb in Jonsdorf 1560 begann und Mühlsteine hier lediglich bis 1850 aus einem Ganzen gehauen worden sind. Danach wurde gestückelt. Da die zwei Fundstücke von der Alten Elster, die im vorigen Jahrhundert bei der Kanalisierung für den Betrieb von Mühle und Brauerei als einziger der ehemals sechs städtischen Elsterarme übrigblieb, Monolithe sind, dürfte damit zumindest eines klar sein: Sie sind wohl mindestens älter als 164 Jahre.

Veit Burmeister würde sie gern als Reminiszenz an die Stadtgeschichte öffentlich zeigen. Schließlich betreiben seine Frau und er auch das benachbarte Hotel mit dem historisch bedingten Namen „Zur Mühle“. Ihnen schwebt – sofern die zuständigen Denkmalschutz-Behörden nichts dagegen haben – eine Präsentation im Eingangsbereich des Apartmenthauses vor; womöglich hinter dickem Panzlerglas in den Fußboden oder eine Wand eingearbeitet. Das möchte allerdings auch bautechnisch überdacht sein. Die Mühlsteine sind schließlich zehn beziehungsweise 25 Zentimeter stark und müssen sich also in die entsprechenden Mauerstärken einfügen lassen. Erste vorsichtige Signale vom Denkmalschutz gehen so ungefähr in die Richtung: Wenn die Steine hier ordentlich präsentiert werden, sollte wenig dagegen sprechen. Zuvor würde Martina Rohrmoser-Mueller sie behutsam restaurieren, etwa ihre Augen wieder freilegen.

Womöglich wird man im Juni zum Richtfest schon schlauer sein, denn bis dahin soll der Rohbau stehen. Dass nun im Erdreich noch weitere Funde zutage treten, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber wenig wahrscheinlich. Der größte Teil der Fundamentfläche ist nämlich freigelegt. Eine Schwierigkeit besteht lediglich noch im Auftauchen eines Regenwasser-Überlaufes, der für die Ableitung des Niederschlags in das Fließ sorgt. Die Lösung ist aber bereits gefunden. Der bestehende Ausfluss wird zugemauert und um einige Zentimeter versetzt neu errichtet.

Wahrscheinlich wird in den nächsten Tagen dann auch der Mühlsteg über die Alte Elster verschwinden. Einen Ersatz wird die Stadt wenige Meter weiter in Richtung Straße am Lessinghaus errichten lassen. Schließlich will die Talsperrenmeisterei das benachbarte Wehr nahe dem Pforzheimer Platz neu errichten lassen. Ein wenig wird in der Altstadt also doch noch gegraben werden müssen.



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