Hier sollen bald Olympia-Kader trainieren


von Tageblatt-Redaktion

Langfristiges Ziel des Wassersportvereins ist es, Segelkader für olympische und paralympische Wettbewerbe zu qualifizieren
Langfristiges Ziel des Wassersportvereins ist es, Segelkader für olympische und paralympische Wettbewerbe zu qualifizieren

Von Anja Wallner

Der Jogi Löw des Segelns war gestern am Geierswalder See zu Gast. Chef-Bundestrainer Bernd Zirkelbach, gerade golddekoriert von einem Wettkampf in Frankreich zurückgekehrt, war auf Einladung des 1. Wassersportvereins Lausitzer Seenland (WSVLS) zu einem Arbeitsbesuch in die Lausitz gereist. Denn erfolgreiche Nachwuchs-Segelkader für die deutsche Segel-Nationalmannschaft, das Audi Sailing Team Germany (STG), sollen in Zukunft auch in Geierswalde aufgebaut werden. Und zwar für olympische und paralympische Wettbewerbe: Segler mit und ohne Handicap würden hier ihren Sport gemeinsam ausüben, gemeinsam trainieren. Der WSVLS, so erklärte Vereinschef Klaus Wiegmann gestern, will Stützpunkt für das Inklusionsprojekt der STG-Academy werden. Vier dieser Stützpunkte gibt es bundesweit bereits, unter anderem am Müggel- und am Chiemsee. Was viele wahrscheinlich nicht wissen und was im Spitzensport wohl einmalig ist: Im Segelleistungssport und im Nationalteam werden keine Unterschiede zwischen Sportlern mit und ohne Behinderung gemacht. „Der paralympische und der olympische Bereich sind gleichberechtigt“, so Bernd Zirkelbach. Das heißt unter anderem: gleiche Förderung, gleiche Prämien, gleiches Sponsoring.

„Handicapsailing – Wir sind Wir“ heißt das langfristig angelegte Projekt des WSVLS. Die Initialzündung dafür lieferte Vereinsmitglied Clemens Kraus, dessen Firma in Schwarze Pumpe selbst eine Segelmannschaft einer paralympischen Bootsklasse sponsert. Er erzählte begeistert von den Deutschen Meisterschaften 2013 am Chiemsee, von der Freude, die die Segler mit Handicap hatten. Es war sozusagen ein Schlüsselerlebnis, und den WSVLS-Vorstand hatte er schnell für das Projekt erwärmt. „Die meisten Menschen mit Behinderung wissen nicht, dass sie segeln können, aber hier herrscht vollkommene Chancengleichheit“, erklärte Clemens Kraus, der den Kontakt zur STG-Academy knüpfte. Über die Schiene „Segeln macht Spaß“ sollen Menschen mit Handicap an den Sport herangeführt, Hemmschwellen zum Wasser abgebaut werden – später soll freilich der Leistungsgedanke zählen. Und dass der WSVLS erfolgreiche Sportler hervorbringen kann, hat er in seiner zehnjährigen Vereinsgeschichte schon mehrfach bewiesen: Aus den Reihen des Geierswalder Vereins, der sich der Kinder- und Jugendförderung verschrieben hat, sind bisher Deutsche Meister, ein Europameister und ein Nationalmannschaftskader hervorgegangen. Nachwuchs gewinnen will der WSVLS bekanntlich auch durch Schul-Segelprojekte, wobei das Johanneum in Hoyerswerda Partner ist.

Erfolgstrainer Bernd Zirkelbach, dessen Schützlinge bei den Paralympics in London 2012 zwei Silbermedaillen holten, gefiel, was er hier an der sächsisch-brandenburgischen Grenze vorfand. Er begrüßte die Initiative des Vereins. „Der Standort wäre ideal für das Inklusionsprojekt, das uns sehr wichtig ist.“ Zum einen entstehe am Ufer des Geierswalder Sees etwas Neues – bekanntermaßen müssen Wasserwanderrastplatz und Vereinsgelände erst „richtig“ gebaut werden. „So kann man gleich die notwendigen Bedingungen schaffen.“ Was notwendig ist – baulich, technisch, kaufmännisch, personell – werden sich die Geierswalder bei Besuchen in anderen Inklusionsstützpunkten noch genauer anschauen. Räume für Veranstaltungen, Büros oder Unterkünfte für Trainer und Sportler sind im geplanten Vereinsheim ohnehin vorgesehen. Vorteilhaft sei weiterhin, so der Cheftrainer, dass sich die Reha-Einrichtung Hoy-Reha sowie das Förderzentrum für Körperbehinderte in Hoyerswerda in unmittelbarer Nähe befinden. Bei Evelin Graf, der Vorsitzenden des Behindertenbeirates der Stadt Hoyerswerda, rennt der WSVLS mit seinem Vorhaben ebenfalls offene Türen ein, und sie sicherte Unterstützung zu. Landkreis und Freistaat sollen ebenfalls für das Inklusions-Projekt gewonnen werden.
Sportliches Ziel: 2016 soll die „Wasserarbeit“ auf dem See beginnen. Bis dahin gibt es noch viel zu klären: die Finanzierung über Sponsoren und Stiftungen, die langfristige Kader- und Trainerbindung.Nicht zuletzt ist der Verein immer noch in Verhandlungen, zu welchen Konditionen er das Gelände an der Südböschung künftig nutzen kann. Das Grundstück gehört dem kommunalen Seenland-Zweckverband. Am Freitag wird es dazu ein entscheidendes Gespräch beim Landrat geben. Auch die WSVLS-Mitglieder selbst müssen auf ihrer Versammlung, ebenfalls am Freitag, dem Projekt noch zustimmen, das eine Riesenherausforderung für den Verein darstellt. Aber das, da sind sich Klaus Wiegmann und Clemens Kraus sicher, dürfte eine reine Formalie sein. Eine Vision zu haben und sie mit Gleichgesinnten zu teilen, sei gut, meinte Bernd Zirkelbach. „Wenn sie dann, wie hier, noch gewünscht ist, ist es noch besser.“ Die Lausitz wird wieder von ihm hören.

 



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Bitte rechnen Sie 8 plus 9.