Eine neue Heimstatt für katholische Trachten
Wittichenau. „Komorka za serbsku drastu - Trachtenstübchen“ steht im Obergeschoss des Hauses Jakubetzstift. Hier befindet sich seit ein paar Monaten ein Trachtenverleih. Sein Träger ist der Sorbische Katholische Verein Bratrowstwo (Brüderlichkeit) e.V.. Förderung für die Fertigung neuer Trachtenteile kommt aus dem Sorbischen Kommunalprogramm des Freistaates Sachsen. „Wir wollen Liebe, Wertschätzung und Detailwissen zur Tracht weitergeben. Es geht um den ideellen Wert. Gerade die Tracht ist sorbische Identität und Bekenntnis zu den eigenen heimatlichen Wurzeln“, meinen die Initiatorinnen Kristin Belkot und Sonja Rehor.
Kristin Belkot ging als Kind in ihrer damaligen Heimatgemeinde Ralbitz zur Erstkommunion, zu Fronleichnamsfesten und später zur Firmung in družka-Tracht. „Als Jugendliche trugen wir Mädchen oft in družka-Tracht die Gottesmutter zur Wallfahrt nach Rosenthal“, erinnert sie sich. Zur Taufe ihrer Nichte und weiterer Patenkinder ging sie in der Tracht der Taufpatin. Drei Menschen prägten ihre Liebe zur Tracht ganz besonders. Großmutter Anna Hadank aus Cunnewitz trug noch selbstverständlich Alltagstracht. Großmutter Monika Scholze aus Ralbitz war Ankleidefrau, nähte bis ins hohe Alter Trachten.
Tante Lena Scholze aus Ralbitz kleidete ihre Nichte zur Eheschließung in die Hochzeitstracht. Mitstreiterin Sonja Rehor ist seit 2010 Vorsitzende des Vereins Bratrowstwo. Bei der Domowina arbeitet sie als Leiterin des Regionalmanagements im Netzwerk ZARI (Netzwerk für sorbische Sprache und regionale Identität). Großmutter Agnes Krahl aus Sollschwitz trug täglich Tracht, lange Zeit auch Mutter Maria Suchy. „Stark prägte mich auch mein Vater. Er war ein die sorbische Sprache und Kultur durch und durch liebender Mensch", berichtet Sonja Rehor.
Die Idee des Trachtenstübchens entstand im Verein Bratrowstwo schon vor Jahren. Man wollte einen geeigneten Ort zur Aufbewahrung und zum Verleih von Trachten finden. Im Haus Jakubetzstift wurde der Verein fündig. „Den im Raum stehenden Schrank überließ uns dankenswerterweise der im Haus wirkende Verein "Verein(t) für Wittichenau". Birgt Bensch vom früheren ´Babylädchen´ schenkte uns etliche Kleiderbügel und stabile Garderoben-Ständer“, berichten die Initiatorinnen dankbar. Seit Dezember 2024 füllt sich das Trachtenstübchen beständig.
Erster großer Ansturm war im April zur Firmung. Es fragten zum Beispiel Firmpatinnen nach schwarzen Spitzenhauben. Auch zur Erstkommunion suchten viele Familien nach ergänzenden Teilen für die družka-Tracht (Brautjungferntracht) oder die wuslěkana-Tracht (Festtagstracht). Zu Fronleichnam und zum Maibaumwerfen kamen erneut Anfragen. „Es ist schön, dass sich einige bewusst entschieden haben, Tracht zu tragen. Eben weil sie sich Trachtenteile hier ausleihen können“, freut sich Kristin Belkot.
Anfang August war in Wittichenau eine sorbische Hochzeit. Auch hierfür erwies sich der Trachtenverleih als hilfreich. Weiße Schürzen und bestickte Taillenbänder sowie Trachten für die družka waren besonders gefragt. „Unsere kleinste Festtagstracht eignet sich bereits für Dreijährige. Der Bestand reicht dann weiter bis zu den Erwachsenen“, erläutert Kristin Belkot. Sie selbst fertigt zu Hause in Hoske immer wieder Trachten neu an oder bessert sie aus. Außer dem Verleihen und Aufbewahren geht es um die Vermittlung von Wissen rund um die Tracht.
Bereits im Juni fand im Jakubetzstift ein Info-Abend des Netzwerks ZARI. „Sorbische katholische Tracht im Wandel der Zeiten“ hieß das Thema. Der Vortrag fand regen Zuspruch. „Ab Herbst wollen wir wieder Ankleide-Kurse anbieten“, sagt Kristin Belkot.
Andreas Kirschke
Einen Kommentar schreiben
Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.