Kühemelken künftig ohne Quote


von Tageblatt-Redaktion

Rund 300 Milchkühe stehen im Stall der MKH Agrar Produkte GmbH Wittichenau in ihrer Krabat-Milchwelt in Kotten. Zum 1. April fällt die Milchquote weg. Für MKH-Geschäftsführer Tobias Kockert ist die Quote ohnehin etwas, das aus der Zeit gefallen ist
Rund 300 Milchkühe stehen im Stall der MKH Agrar Produkte GmbH Wittichenau in ihrer Krabat-Milchwelt in Kotten. Zum 1. April fällt die Milchquote weg. Für MKH-Geschäftsführer Tobias Kockert ist die Quote ohnehin etwas, das aus der Zeit gefallen ist

Von Mirko Kolodziej

Gut 300 Milchkühe hält die MKH Agrar Produkte GmbH Wittichenau in ihrer Krabat-Milchwelt in Kotten. Dreimal am Tag besteigen sie das Melkkarussell und fahren, das Melkzeug am Euter, jeweils eine Runde. Daran wird auch der April nichts ändern. „Eigentlich spielt die Abschaffung der Milchquote keine so große Rolle“, sagt MKH-Geschäftsführer Tobias Kockert. Denn das Reglement, das die damalige Europäische Gemeinschaft 1984 in Kraft gesetzt hat, um Überproduktion zu vermeiden und die Milchpreise stabil zu halten, läuft nächste Woche aus. Die Milchquote fällt.

So richtig funktioniert hat sie nie, und die Zuteilung von Produktionsmengen zuerst auf die EU-Staaten, dann auf die Bundesländer, deren Regionen und schließlich auf die Erzeuger ist nicht nur bürokratisch. In Zeiten der Liberalisierung ist sie auch ein Anachronismus. „Wo gibt es denn sonst noch eine mengenmäßige Beschränkung von irgendwelchen Dingen?“, fragt Kockert. Seine MKH durfte bisher 2,8 Millionen Liter Milch im Jahr erzeugen. Bei sogenannter Überlieferung drohten Strafzahlungen. Der Zoll besuchte Kotten zwecks Kontrollen. Künftig können Milchbauern wie Kockert produzieren, ohne auf die Menge achten zu müssen. Theoretisch. Denn erstens sind Kühe Lebewesen. Sie haben keinen Knopf, mit dem die Milchmenge beliebig regelbar wäre. Zweitens ist die Quote nur eine Variable in einer Gleichung mit einer ganzen Menge an Unbekannten.

Die Kottener Milchwelt gehört zu einer Erzeugergemeinschaft von Bauern, die ihre Milch an die Molkerei in Niesky verkaufen. Die Frage ist, wie viel Geld es künftig von dort gibt. Abhängig von der auf dem Markt verfügbaren Menge dürften die Preise künftig stärker schwanken. Experten erwarten gar, dass zwei Preise üblich werden könnten – höhere für eine vorab vereinbarte Menge und niedrigere für alles, was darüber hinaus geliefert wird.

Nun ist das Ende der Milchquote in diesem Frühjahr von der EU schon vor einigen Jahren beschlossen worden. Die Bauern hatten also Zeit, sich vorzubereiten. In Kotten setzt man unter anderem deshalb schon seit längerer Zeit nicht nur auf den blanken Verkauf von Milch. Die Stichworte lauten Veredlung, Diversifizierung und regionale Kreisläufe. Die Erzeugung eigener Produkte wie Käse, Joghurt oder Quark gibt eine gewisse Unabhängigkeit von den Erlösen aus dem Milchverkauf. Die Verwertung von Gülle zur Stromproduktion schafft ein zusätzliches Standbein. Gerade ist die Lagerkapazität für die Gülle erweitert worden. Im vorigen Jahr hat die MKH auch einen neuen Stall gebaut, der einerseits die Haltungsbedingungen verbessert und anderseits für die Mitarbeiter den Umgang mit den Tieren vereinfacht.

Großes Ziel ist der Aufbau eines Landwirtschaftserlebnishofes. Schließlich erzeugt die MKH nicht nur Milch und Milchprodukte. Es gibt hier auch das, was früher Pflanzenproduktion hieß. So erzeugen die Wittichenauer für den nationalen Markt Brot-Roggen. Raps wird sowohl für die Hersteller von Rapsöl als auch zum Einsatz als Futtermittel angebaut. Kühe bekommen übrigens Rapsschrot zu fressen. Um auch hier mehr Spielraum zu bekommen, sind unlängst zwei neue Futtersilos errichtet worden. All diese Dinge führen im Zusammenspiel dazu, dass die erste Frage für die Kottener nicht so sehr die nach der Menge der erzeugten Milch ist. Im Vordergrund steht eher das Gesamtbemühen, einen wirtschaftlich gesunden Betrieb zu führen.

Dennoch lässt sich die Frage nach dem künftigen Milchpreis natürlich nicht ausblenden – das allerdings unabhängig von der Quote. Tobias Kockert sagt, er wünsche sich schon länger mehr Transparenz bei der Preisfindung einerseits und andererseits ein breiteres Bewusstsein für die Zusammenhänge in der Landwirtschaft: „Viele Leute wissen zum Beispiel gar nicht, dass wir für einen Liter Milch weniger bekommen, als ein Liter Mineralwasser kostet.“ Nun werden Kühe eher selten mit Mineralwasser getränkt, ein hübscher Vergleich bietet sich aber an: Zur Erzeugung eines Liters Milch sicher mehr nötig, als einer Kuh einen Liter Wasser zu trinken zu geben.

 



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