Ein Kreis, und alles ist in Ordnung


von Tageblatt-Redaktion

Wenn Zeigefinger und Daumen einen Kreis bilden, heißt das - Alles in Ordnung!
Wenn Zeigefinger und Daumen einen Kreis bilden, heißt das - Alles in Ordnung!

Hier unten ist es gar nicht so dunkel wie vermutet. Die Sonne steht gut an diesem Tag. Acht Meter unter der Wasseroberfläche schimmert es grünlich. Es ist ein sehr schönes, helles Grün. Was erwartetet mich hier in der Südsee, einer beschaulichen Bucht am Senftenberger See? Fische? Nein, nirgends weit und breit. Nicht mal ein Winzling. Doch was ist das? Groß, größer als ein aufrecht stehender Mann, unübersehbar: Eine Telefonzelle, knallgelb, einfach so, auf dem Grund eines Sees. Doch, Tauchen fasziniert.
Dirk Hartmann hat die Telefonzelle schon vielen Tauchschülern gezeigt. Man muss wohl eigentlich nicht erwähnen, dass die außer Betrieb ist. Der Tauchsportverein „Dino“ Senftenberg, der hier seine Basis betreibt, hat sie auf den Grund des Sees gebracht. Das Wasser in dieser Gegend ist etwas zu sauer, um Fische anzutreffen. Also die Telefonzelle. Und es gibt noch mehr Dinge, die in gut 30 Minuten Schnuppertauchen zu bestaunen sind. Aber der Reihe nach.
Meine Taucherfahrungen sind gleich null. Einmal das 25-Meter-Becken des Lausitzbades in Hoyerswerda unter Wasser zu durchschwimmen zählt wohl nicht. Im Ägyptenurlaub mit einem Schnorchel im Mund ein paar Korallen bestaunen schon gar nicht. Wer einmal die Faszination der Tiefe kennenlernen und genießen will, braucht mehr als eine Badehose. Dirk Hartmann holt alles aus der Ausgabekammer des Tauchvereins: Anzug, Weste mit Flaschentrageinrichtung, Lungenautomat, Flossen, Füßlinge als Kälteschutz, Bleigurt, Gewichte, große Flaschen. Alles ist wichtig, sagt Hartmann. „Den Anzug könnte man weglassen, wenn man ein harter Hund ist.“ Ich nehme ihn. Ohne Flasche geht es gar nicht. Nein, man sagt nicht „Sauerstoffflasche“ dazu, erklärt Hartmann, nicht belehrend. „Wir haben ganz normale Pressluft auf 220 Bar verdichtet.“ Je nach Tauchtiefe, Tauchlänge und Atemtechnik reicht das für 30 bis 90 Minuten.
Ich werde schwerer. Geschätzte 20 Kilogramm zusätzlich schleppe ich gleich ins Wasser. Mit so viel auf den Rippen fühle ich mich ziemlich behäbig. Wer einmal tauchen will, muss nicht vier Mal wöchentlich ins Fitness-Studio rennen. „Man sollte aber kein Couch-Potato sein“, sagt Hartmann. Wer ohne Probleme zügig Treppen steigen kann, kann auch runter – unter Wasser. Was dann jeder daraus macht, hängt von seinen Fähigkeiten und Wünschen ab. Mit Dirk Hartmann an der Seite läuft die Vorbereitung auf meinen ersten Tauchgang absolut entspannt. Der Profi hat jeden Handgriff tausend Mal vollführt. Ich bekomme einen Bleigurt mit Bleistücken, die ein und zwei Kilo schwer sind. „Das Schweben ist das Schwierigste, nicht nur für Anfänger“, sagt Hartmann. Das Blei hilft gegen den Auftrieb des Wassers. Auf meiner linken Seite baumelt ein Tiefenmesser. Zwei Anzeigen sind auf dem Display. Zum einen steht da, wie viel Druckluft sich in der Flasche befindet, zum anderen die Tauchtiefe. Zur Ausrüstung gehört auch der Inflator. Zwei Knöpfe daran sind wichtig. Wird der eine gedrückt, füllen sich die Kammern der Tauchweste schnell mit Druckluft. Sind sie voll, werde ich zum Schlauchboot. Wird der andere Knopf betätigt, entweicht die Luft.
20 Stufen sind es von der Tauchbasis bis ins Wasser. Das Tauchgelände der Südsee ist an dieser Stelle bis zu 18 Meter tief. So weit geht es für mich nicht. Dirk Hartmann nimmt mich mit zum Badestrand. Das sind nur ein paar Meter, aber die 20 Kilo mehr sind heftig. „Im Wasser ist es plötzlich leicht“, sagt der Profi neben mir.
Wir stehen im Wasser. Es reicht bis zur Hüfte. Kalt ist es nicht. Bevor die Haare nass werden, noch ein Tipp zur Tauchermaske: Reinspucken, mit dem Finger verreiben und kurz ausspülen – das ist der beste Schutz gegen das Beschlagen. Taucherbrille wäre übrigens ein falscher Begriff. Brillen gibt es nämlich beim Optiker. Die Maske bedeckt auch die Nase, geatmet wird durch das Mundstück.
Als alles sitzt, geht’s nicht gleich ganz tief. Wir lassen uns auf die Knie fallen. Doch knien unter Wasser kann ich nicht, ich schwebe zur Seite und nach oben. Kein Problem. Ich bin zu leicht. Dirk Hartmann legt nach. Er hat Blei dabei, das gleich in das Jacket gesteckt werden kann.
Damit wir uns auch unter Wasser verstehen, lerne ich schnell noch ein wenig Tauchersprache: Wenn Zeigefinger und Daumen einen Kreis bilden, ist alles in Ordnung. Eine Handfläche nach unten und leicht nach rechts und links bewegt bedeutet das Gegenteil. Daumen nach oben heißt hoch an die Wasseroberfläche. Dirk Hartmann bewegt ihn auch nach unten. Es geht also los.
Wichtig ist, richtig zu atmen. Ich nehme viel Luft auf, halte sie kurz an und versuche sie langsam herauszulassen. Schwer ist das nicht. Es geht nach ein paar Versuchen.
Ich denke an die Worte des Tauchlehrers: „Nur wer gut tarieren kann, erlebt einen entspannten Tauchgang.“ Wir steigen wieder auf. Denn es soll noch tiefer gehen. Das darf aber nicht zum Problem für die Ohren werden. Das Trommelfell kann reißen ohne Druckausgleich. Medizinisch ist es etwas komplizierter zu erklären als das praktische Hilfsmittel: Nase zuhalten und schnäuzen. Es soll kurz knacken. Das tut es.
Unten sehen wir die Telefonzelle. Die Taucher haben aber auch ein Wrack aufgearbeitet und versenkt. Auf einer Plattform liegt ein Würfel. Lust auf ein Spielchen? Gern!
Ich bin neugierig, will viel sehen. Mit den Armen an der Seite brauche ich nur leicht beide Flossen zu bewegen. Ich schaue nach rechts und links und sehe nichts. Plötzlich ein heftiger Griff am rechten Fußgelenk. Ich habe mich zu weit vom Tauchlehrer entfernt. Sicherheit geht aber vor. Es ist gut, Dirk Hartmann in der Nähe zu haben. Kurz bevor wir auftauchen, gibt er noch ein Zeichen: Beifall unter Wasser. Applaus zu sehen macht mich schon ein bisschen stolz.



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