Drei Zugausfälle bedeuten 160 Lkw-Fahrten
Von Ralf Grunert und Uwe Schulz
Massive Auswirkungen hat der gestern um 15 Uhr im Güterbahnverkehr gestartete Lokführerstreik der Gewerkschaft GDL auf den zu den Natursteinwerken Weiland gehörenden Steinbruch Schwarzkollm. Große Gesteinsmengen aus diesem Steinbruch werden per Schiene zu den Kunden transportiert. „Wir liefern Granitsplitt nach Berlin in ein Betonmischwerk“, war von Betriebsleiter Frank Jurisch zu erfahren. Gewöhnlich erfolgt der Transport durch die Deutsche Bahn.
„Wenn dort gestreikt wird, müssen wir Lkw oder die Privatbahnen nutzen.“ Vom aktuellen Streik sind drei Zugladungen betroffen. Um welche Dimensionen es dabei geht, macht der Betriebsleiter mit wenigen Zahlen deutlich. Pro Zug können auf einen Schlag 1 600 Tonnen transportiert werden, ein Lkw schafft gerade mal 30 Tonnen. Um den Ausfall der Bahn-Kapazitäten zu kompensieren, müssten 160 Lkw von Schwarzkollm nach Berlin geschickt werden.
„Was dadurch auf den Straßen los ist ...“ Frank Jurisch kann da nur verständnislos mit dem Kopf schütteln. Ganz zu schweigen vom Mehraufwand, der nötig ist, das alles zu organisieren, und natürlich den Mehrkosten. „Falls wir es nicht schaffen, die vereinbarten Mengen zu liefern, droht uns eine Vertragsstrafe.“ Streikende Lok-Führer sind da keine Entschuldigung. Wie groß der Druck ist, die vereinbarten Liefermengen sicherzustellen? Auch das weiß der Steinbruch-Betriebsleiter sehr einleuchtend zu erklären: „Die zusätzlichen Lkw zu bezahlen ist für uns billiger, als die Vertragsstrafe zahlen zu müssen.“
Und noch ehe der Streik gestern begonnen hat, war sich Frank Jurisch darüber im Klaren, dass sein Unternehmen auch nach Streikende noch an den Auswirkungen zu knabbern haben wird. Um Liefertermine einzuhalten, werden Kapazitäten von Baustellen abgezogen, bei denen weniger Termindruck besteht. Das wiederum führt zu einer Kettenreaktion, wie es der Steinbruch-Chef formuliert. „Das dauert Tage, bis auch dort wieder eine kontinuierliche Versorgung mit Baustoffen hergestellt ist.“
Beim ersten längeren Lokführerstreik vor knapp drei Wochen, der auch im Güterverkehr begann und übers Wochenende andauerte, musste Frank Jurisch 30 zusätzliche Lkw nach Berlin schicken. Diesmal werden es wohl deutlich mehr werden. Ob der komplette Transport über die Straße abgewickelt werden muss, das wird davon abhängen, ob kurzfristig Kapazitäten bei Privatbahnen gebunden werden können. Dabei weiß der Betriebsleiter aber: „Die haben jetzt, bedingt durch den Streik, besonders viel zu tun.“ Jeder, der etwas zu transportieren hat und vom Lokführerstreik betroffen ist, sucht nach einer Alternative.
Das ist bei der Personenbeförderung nicht anders. Die Deutsche Bahn ist bemüht, einen Ersatzfahrplan aufzustellen. Der ist im Internet abrufbar und wird stetig aktualisiert. Gestern Nachmittag sah das für die Verbindungen von Hoyerswerda nach Leipzig und Dresden heute Vormittag richtig gut aus. Die Regionalexpress-Linie nach Dresden um 4.40 und 6.40 Uhr soll verkehren. Der nächstfolgende Zug war aber schon nicht mehr gelistet. Dafür soll es offenbar keine Ausfälle bei der S-Bahn nach Leipzig geben. Sodass auch Dresden für die Hoyerswerdaer via Ruhland oder aber gleich per Bus via Kamenz mit Anschluss an die Städtebahn erreichbar sein sollten.
In den Städten ist das Vorankommen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gesichert. Wer mit der Bahn noch weiterwill, muss genau die Ersatzfahrpläne studieren. Das Problem ist: Man hat letztlich keine Garantie, dass die Züge auch tatsächlich fahren. Ein gewisses Restrisiko bleibt. Wer mit dem Verkehrsunternehmen Odeg nach Görlitz will, hat diese Probleme nicht. Von Hoyerswerda geht es zunächst per Bus bis nach Horka und von dort aus weiter per Bahn. Wer nach Berlin will, kann ab Cottbus ebenfalls sicher mit der Odeg fahren. Freilich muss man dort mit streikenden S-Bahn-Fahrern rechnen. Zwischen Hoyerswerda und Cottbus verkehren Busse.
Wem das alles zu heiß ist, der fährt lieber gleich mit dem Auto. Und wer kein eigenes hat, sich keins mieten will oder kann, der darf es gern mit einer Mitfahrgelegenheit versuchen. In der Facebook-Gruppe „Pendeln zwischen Hoyerswerda und Dresden“ gibt es sowohl etliche Angebote als auch Nachfragen.
Dem Schwarzkollmer Steinbruch nutzt das herzlich wenig. Aber insofern sorgt der Arbeitskampf der Lokführergewerkschaft GDL eher unfreiwillig kurzfristig für mehr Arbeit auf der Straße.
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