Digitale Bibliothek übertrifft alle Erwartungen


von Tageblatt-Redaktion

Carmen Lötsch, Geschäftsführerin der Zoo, Kultur und Bildung gGmbH, zeigt hier zwei Möglichkeiten des digitalen Bücherkonsums: Zum einen auf einem E-Reader für unterwegs, zum anderen kann man ausgeliehene Medien auch am PC lesen.  Foto: Uwe Schulz
Carmen Lötsch, Geschäftsführerin der Zoo, Kultur und Bildung gGmbH, zeigt hier zwei Möglichkeiten des digitalen Bücherkonsums: Zum einen auf einem E-Reader für unterwegs, zum anderen kann man ausgeliehene Medien auch am PC lesen. Foto: Uwe Schulz

Seit drei Wochen ist die Onleihe im Netz. Und schon übertrifft die digitale Bibliothek der Oberlausitz alle Erwartungen. Und zwar in jeder Hinsicht. „Viele Leute haben nur darauf gelauert, dass es losgeht, und dann auch gleich ausgeliehen“, sagt Heidelinde Stoermer von der Brigitte-Reimann-Bibliothek. Sie hatten es dann auch prompt mit dem ersten und einzigen technischen Problem der Onleihe zu tun.

Ein Einstellungsfehler hatte dafür gesorgt, dass alle Medien nur für einen Tag auszuleihen waren. Was für eine kleine Empörungswelle sorgte. Am nächsten Tag war das Problem abgestellt. „Seitdem habe ich es lediglich mit Spezialfällen zu tun“, sagt Projektmanager Matthias Barthel von be2pro. Da macht schon mal die Einstellung der Firewall des Computers Sorgen. Der häufigste Fehler ist aber die falsche Eingabe des Passwortes: Es ist in jedem Fall der Geburtstag des Bibliotheksnutzers. Und einige Nutzer haben vergessen, die Punkte hinter Tag und Monat mit einzugeben. „Bis jetzt konnten wir immer helfen“, ist Barthel froh. Das System an sich ist ja schon bei anderen Onleihe-Bibliotheken lange erprobt und hat sich bewährt.

Und die Bibliotheksnutzer zwischen Zittau und Brandenburgischer Landesgrenze leihen aus, was das Zeug hält. In der vergangenen Woche veröffentliche die SZ die aktuelle Bestenliste. Die sich schnell ändern kann. Immerhin wächst der Bestand der digitalen Bibliothek stetig an. Waren es am Freitag noch rund 3 680 Titel, so dürften es heute schon über 4 000 sein, die verfügbar sind. Denn am Freitag ging die nächste Bestellung raus. Alle 14 Tage kommen neue Filme, Hörbücher, Zeitschriften und digitale Bücher hinzu.

Die Anzahl der Titel variiert und hängt beispielsweise auch von den Kosten für die Lizenzen ab, die bei Hörbüchern drastisch teurer sind als bei vielen digitalen Büchern. 39 000 Euro standen dem von Hoyerswerda aus gemanagten Onleihe-Projekt der Oberlausitz für den Kauf des Erstbestandes von 2 500 Medien zur Verfügung. Für den weiteren Bestandsaufbau sind es jährlich 29 000 Euro. Was neu- oder nachbestellt wird, erfolgt in Absprache mit allen zwölf beteiligten Bibliotheken. „Die Lesegewohnheiten sind teilweise völlig unterschiedlich“, sagt Heidelinde Stoermer. Was in der einen Bibliothek von den Lesern verschlungen wird, geht in anderen gar nicht – und umgekehrt.

Überraschenderweise nutzen gar nicht so sehr die jungen Leute das digitale Angebot, sondern eher die Generation 50plus. Auch das hatte man vorher nicht erwartet. Beim Gebrauch der Onleihe gibt es allerdings kaum Überraschungen im Vergleich zum Nutzerverhalten der Bibliotheken mit den gedruckten Büchern: Spannendes, vor allem Krimis, gehen immer. Fantasie ist gefragt. Aber auch die einzelnen Bücher aus der erfolgreichen Erotik-Roman-Reihe „Shades of grey“ sind beliebt. Heidelinde Stoermer nennt bei den Autoren mit den höchsten Ausleihanzahlen Nora Roberts, Tess Gerritsen und Napola Kinski.

Reisevideos werden aber auch emsig ausgeliehen. „Und unter den Top 10 sind allein drei Ratgeber“, blickt Matthias Barthel in die Liste. Von Abnehmen über Hobby und Recht bis Stillen – Ratgeber gehen immer.
Manche Titel sind praktisch dauernd ausgeliehen. Die Onleihe-Betreuer behalten die Entwicklung im Blick. Matthias Barthel sieht das so: „Wenn einer zwei Monate auf einen Titel warten muss, dann ist das zu lange, dann wird eine Lizenz nachbestellt.“ Allerdings muss man auch da vorsichtig sein, um nicht teuer in einen nur kurzen Hype zu investieren.

Bislang also große Zufriedenheit bei den Onleihe-Betreuern. Mittlerweile haben schon drei weitere Bibliotheken Kontakt aufgenommen, um dem bislang aus 12 Bibliotheken bestehenden Verbund beizutreten. „Zwei stammen aus dem Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien“, sagt Carmen Lötsch, Geschäftsführerin der Zoo, Kultur und Bildung gGmbH. Da dürfte die Teilnahme am Projekt nicht kompliziert werden, schätzt sie ein. Bei der Anfrage aus dem Brandenburgischen muss man erst die Modalitäten prüfen, immerhin flossen ja sächsische Fördergelder. Aber da am Ende nach der insgesamt vierjährigen Projektphase ohnehin die Onleihe als Zweckverband weitergeführt werden soll, muss es auch dafür irgendwie einen Weg geben.

Wie groß einmal der Bestand der Onleihe wird, vermag heute noch niemand zu sagen. Der physische Medienbestand der Brigitte-Reimann-Bibliothek wird bei rund 70 000 Titeln hingegen konstant gehalten. Neue Titel kommen hinzu, andere werden aussortiert. Allerdings musste sich Heidelinde Stoermer an eine neue Art von Bibliotheksnutzern erst einmal gewöhnen: „Wir hatten Nutzer, die wurden in den letzten Tagen Bibliotheksmitglied, wollten aber die Bücherbestände gar nicht sehen.“ Denen ging es ausschließlich um die digitalen Bücherbestände. Macht ja nichts - die jährliche Nutzergebühr beträgt in jedem Fall 10 Euro.



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