Der Wunschtraum eines jeden Anglers
Den Kampf hat Thomas Seitz noch sehr gut in Erinnerung. „Ich war stundenlang vollgepumpt mit Adrenalin“, blickt der 45-jährige Hoyerswerdaer an diesen einen Tag auf dem Senftenberger See zurück: Es war einer jener lauen Sommerabende. Stunden saß er bereits in dem Boot, als sich plötzlich die Angelleine straffte. Etwas in der Tiefe zog gewaltig an der Leine. Fast 700 Meter sei er mit dem Boot durchs Wasser gezogen worden, weiß Thomas Seitz. Dann ließ die Spannung an der Leine nach, war dieses Etwas in der Tiefe offensichtlich müde geworden von dem verzweifelten Ringen nach Freiheit. Kurz darauf fing besagter kräftezehrende Kampf Mensch gegen Fisch an. Für Seitz war das Schwerstarbeit auf dem schwankenden Boot. Nach einer guten Stunde hatte er ihn dann: einen Riesenfisch, einen knapp 1,70 Meter großen und 65 Kilogramm schweren Waller.
Nicht das erste Mal, dass Thomas Seitz, der derzeit bei der Görlitzer Berufsfeuerwehr arbeitet, so einen „Monsterwaller“ mit nach Hause brachte. Seit 1995 hat er sich auf diesen besonderen Fisch spezialisiert. Er hat auch seinen Vater Karl-Heinz (69), seinen Filius Stephan (27) und einen Freund, den Ex-Hoyerswerdaer Jörg Peldsuz (44), der im saarländischen St. Wendel lebt, für seine Passion begeistern können. Als „Silure Team Lausitz“ machte das Quartett die ersten Erfahrungen mit Riesenwallern in Osteuropa, vorzugsweise in tschechischen Gewässern. Thomas Seitz erklärt, warum er und die anderen Teammitglieder sich auf das Waller-Angeln spezialisiert haben: „Die sind einfach noch zu wenig erforscht.“
Da wundert es nicht, dass sich um diese riesigen Raubfische viele Mythen ranken, es schier unglaubliche Geschichten von Europas größtem Süßwasserfisch gibt. Nachgesagt wird diesem Allesfresser, der nach historischen Berichten bis zu fünf Meter lang werden kann, dass er nicht nur Fische, sondern auch Enten oder kleine Hunde verschlingt. So wissen erfahrene Waller-Angler, dass vogelfreie Seen meist auch Waller-Seen sind. Fälle, in denen Waller Menschen angreifen, sind belegt und kein Anglerlatein. Thomas Seitz weiß von einer Frau, die vor einigen Jahren beim Baden im Silbersee von einem Waller ins Bein gebissen wurde.
Der 45-Jährige, der seit seinem siebten Lebensjahr angelt, hat mittlerweile, wie auch die anderen Silure-Teammitglieder, sein ganzes Equipment auf diesen Riesenfisch ausgerichtet. Auch in den Gewässern in der Lausitz vermehre sich der Raubfisch immer mehr, hat Thomas Seitz festgestellt. Selbst verschmutzte Seen oder Teiche stören den Waller nicht. Und er profitiere davon, dass die Gewässer immer wärmer werden. Je höher die Wassertemperatur, „desto größer ist sein Beißlaune“. Auf die Frage, wo man denn diese Fische in der Region finde, schmunzelt er. Aus dem Senftenberger See oder dem Quitzdorfer Stausee habe er schon einige herausgeholt. Auch im Knappensee tummeln sich etliche Exemplare. Sogar im kleinen Bröthener See sollen mehrere dieser „Monsterfische“ leben.
Einmal im Jahr reisen die vier ins Ausland, meist nach Frankreich. „Dort geht es uns aber beim Angeln nicht ums Essen, sondern einzig und allein nur um den Fang“, erzählt Thomas Seitz. Und vor allem darum, ein besonders eindrucksvolles Foto von diesen nachtaktiven Raubfischen zu machen. In Burgund holten sie vor einem Jahr aus dem Fluss Doubs ihren bisher größten Waller aus dem Wasser: 2,16 Meter lang und 83 Kilogramm schwer. „Wir haben den vermessen und dann wieder eingesetzt“, so Thomas Seitz. Was in Deutschland verboten, im Ausland hingegen erlaubt ist. Im Gegensatz zu manch anderem Sportangler lässt sich Thomas Seitz ein wenig in die Karten schauen. Die Suche nach diesem Riesenfisch sei eine echte Geduldsprobe. „Es gibt Jahre, da bekommt man einfach keinen an die Leine.“ In den Gewässern, in denen er Waller vermutet, tastet er häufig mittels Echolot den Grund ab. „Da kann man schon erkennen, ob da unten irgendwo einer dieser Riesen liegt.“ Aber damit habe man ihn ja noch lange nicht am Haken. Doch wie kann man einen solchen Süßwasser-Raubfisch anlocken? „Mit einem speziellen Wallerholz“, verrät er. Das werde ins Wasser gehalten und damit erzeuge er so eine Art Ploppgeräusch. Seitz: „Das ist so, als ob man eine Sektflasche öffnete.“ Dadurch würden Schwingungen unter Wasser ausgelöst, die den Waller neugierig machten. Wenn man dann noch den richtigen Köder habe, der Fisch besonders hungrig sei, sei die Chance relativ hoch, ihn auch zu bekommen. Thomas Seitz ist sicher, dass in einigen Seen und Flüssen der Region Waller leben, die mindestens 2,50 Meter lang sind. Im Gegensatz zu anderen Lebewesen „wachsen die bis an ihr Lebensende“, weiß er. Vorausgesetzt, es gibt genug zu fressen. Und bis zu 100 Jahre können sie alt werden. Auch ein Grund, warum Thomas Seitz und die übrigen Mitglieder des Silure Team Lausitz von diesen furchterregenden Fischen so angetan sind. Einen solchen Riesenwaller zu fangen, das, so Thomas Seitz, „will jeder Angler einmal in seinem Leben.“
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