Der Rennsteig-Lauf 2012 - ein besonderes Erlebnis


von Tageblatt-Redaktion

Lächeln nach insgesamt 407 bewältigten Kilometern. Die "Red Caps" des SC Hoyerswerda am Rennsteig. Von links: Martina Dolezych, Volker Steuer, Andreas Jähnke, Katrin Schreiber, Reinhard Gähler und  Ralf Harzbecker.
Lächeln nach insgesamt 407 bewältigten Kilometern. Die "Red Caps" des SC Hoyerswerda am Rennsteig. Von links: Martina Dolezych, Volker Steuer, Andreas Jähnke, Katrin Schreiber, Reinhard Gähler und Ralf Harzbecker.

Der Rennsteiglauf zählt zu den beliebtesten Veranstaltungen für Läufer aus der Stadtregion. Zahlreiche Laufgruppen nahmen am 11. Mai bei der 40. Auflage daran teil. Nachfolgend ein Bericht von Reinhard Gähler, Mitglied der "Red Caps", der Laufgruppe des SC Hoyerswerda

Der GutsMuths-Rennsteiglauf wurde vierzig, und in einem Rekordstarterfeld von 15741 Aktiven war auch die bisher größte Gruppe von Startern aus hoyerswerd‘schen Laufgruppen. Mittendrin unsere Truppe, die Ultras von den RedCaps beim SC Hoyerswerda. Wie schon in den Jahren zuvor gingen wir, also Dr. Martina Dolezych, Katrin Schreiber, Reinhard Gähler, Ralf Harzbecker und Volker Steuer in Eisenach an den Start zum Supermarathon über 72,7 km.

Andreas Jähnke musste krankheitshalber auf den ganz langen Kanten verzichten und nahm „nur“ den Marathon unter die Füße. Dagmar Gähler, unsere Betreuerin, Quartiermeisterin, Fotografin und auch sonst für alles nötige da, blieb natürlich auch nicht untätig und startete über die 17-km-Wanderung ebenso wie Peter Brüggemann, der sich trotz langwieriger Gesundheitsprobleme den Start am Rennsteig nicht nehmen lassen wollte.

Nach mehreren Starts in den Vorjahren auf dem „Super“ war ich selbst sehr unsicher, wie ich über die Runden kommen würde, hatte ich mich doch berufsbedingt so schlecht wie noch nie vorbereiten können. Lange Auslandsaufenthalte machten ein systematisches Training unmöglich, die sonst zum Vorbereitungsprogramm gehörenden Starts beim Bergtest in der Sächsischen Schweiz und beim Zittauer Gebirgslauf mussten entfallen und für längere Läufe von mehr als 30 km blieb keine Zeit. Und ein paar Läufe am wunderschönen, aber auch sehr heißen brasilianischen Strand waren kein wirklicher Ersatz.

Es war damit klar, eine für meine Verhältnisse gute Zeit brauchte ich gar nicht erst anzustreben, aber ich war auch skeptisch, ob ich Martina, mit der ich gemeinsam laufen wollte, wirklich wie geplant unterstützen konnte. Den Start erlebte ich so mit sehr gemischten Gefühlen, einerseits die Euphorie inmitten von über zweitausendfünfhundert anderen Verrückten, die auf dem Eisenacher Marktplatz dem Start mit dem Rennsteiglied entgegensangen und andererseits die bange Frage – reicht mein Trainingszustand, um gut über die Strecke zu kommen?

Die Meteorologen hatte kühles, fast kaltes, aber trockenes Wetter angekündigt und da ihre Voraussage vom Wetterumschwung in der Nacht mit heftigen Gewittern eingetroffen war, habe ich mich voller Vertrauen auf ihre Prognose für „Laufsachen kurz“ entschieden. Dann endlich in das 6-Uhr-Stundenläuten der Rathausglocke der Startschuss, aber ehe sich das riesige Feld über die Startlinie gewälzt hatte, vergingen schon einige Minuten. Nicht so schlimm, denn für die Wertung zählte die Netto-Zeit, und die begann erst zu laufen, als wir die Zeitnahme-Matten auf der Startlinie passierten. Am Anstieg von der Stadt in Richtung Rennsteig war außerdem ein Stau erfahrungsgemäß sicher, bereits in den Vorjahren bei deutlich weniger Startern ging es am Übergang von der Straße in den Waldweg nur im Schleichtempo voran und so war es auch diesmal. Erst nach fünfundzwanzig Minuten erreichten wir so die Zwei-Kilometer-Marke, eigentlich ein sehr gemütliches Spaziergängertempo. Dabei sollte es aber nicht bleiben, auf den nächsten Kilometern bis zum eigentlichen Rennsteig blieb das Feld zwar dicht gedrängt und immer wieder musste vom Laufen ins Gehen gebremst werden, aber es ging vorwärts. Nach rund siebeneinhalb Kilometern waren die „Hohe Sonne“ und damit der Rennsteig erreicht. Die Wege waren trotz des nächtlichen Gewitters in gutem Zustand und wir selbst waren noch frisch und munter. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre und angesichts unserer Vorbereitung haben wir aber bereits hier angefangen, Anstiege eher gehend zu bewältigen, das kostet zwar Zeit, spart aber Kraft und viel langsamer als im Lauf-Trippelschritt waren wir auch nicht. Martina hatte sich so etwa eine Zeit von 45 Minuten pro fünf Kilometer vorgenommen, eine Endzeit von unter elf Stunden sollte damit zu schaffen sein. Die richtigen „Zeitschlucker“ kamen aber erst nach 55 km, die Anstiege nach dem Grenzadler bei Oberhof und auf den Großen Beerberg würden am Ende der Strecke noch richtig Kraft und Zeit brauchen. Auf den ersten fünfzig Kilometern sollten wir deshalb besser unter der Marschtabelle bleiben, der Stau gleich nach dem Start hatte sowieso schon um die zehn Minuten gekostet. Gute Wege, vom Regen sauber gewaschene frische Luft, gewohnt herzliche Betreuung an den Verpflegungspunkten und die gute Stimmung ringsum ließen uns aufholen und kurz vor dem Aufstieg zum Inselsberg hatten wir wieder über zehn Minuten Vorsprung zu unseren Wunschzeiten. Die beiden dicht aufeinanderfolgenden steilen und strapaziösen Anstiege zum Inselsberg forderten aber schon die ersten Reserven, Martina musste sich ganz schön quälen und sah oben ziemlich erschöpft aus. Aber ich kannte das schon, auch im Vorjahr dachte ich an dieser Stelle – „das wird wohl nichts, hier schon fix und fertig und noch fast fünfzig Kilometer vor uns“ – aber Martina kann kämpfen und auch in diesem Jahr hat sie sich wieder erholt und wir konnten unseren Vorsprung zu unseren Zwischenziel-Zeiten halten. Ich selbst war heilfroh, dass ich auch nach über dreißig Kilometern noch keine Probleme bekam. Auf der Ebertwiese, kurz nach der Hälfte der Strecke, kam dann langsam auch bei Martina der Optimismus wieder, den Lauf auch in diesem Jahr gut über die Runden zu bekommen. Km 42,5, also etwa die Marathon-Distanz, passierten wir nach genau sechs Stunden und in den ersten schüchternen Sonnenstrahlen, die sich durch die dichten Wolken kämpften. „Nun aber Tempo“- sagte ich im Scherz, „sonst kommen wir noch in die Mittagshitze“. Aber die Temperaturen blieben angenehm und mit unserem bewährten Hilfsmittel aus dem Vorjahr, einer aus der Windjacke geknüpften Schlaufe, konnte ich Martina nun die Anstiege „hochziehen“.

Unsere Gedanken wanderten nun öfter zu unseren Sportfreunden, Ralf würde ja bestimmt kurz nach der Sechs-Stunden-Marke ins Ziel kommen und auch Katrin hatte mit sechs Stunden wahrscheinlich schon fast den Grenzadler erreicht. Martina fieberte jetzt aber erst mal dem“ Fünfziger-Schild“ entgegen, an diesem kam dann die Euphorie, rund zwei Drittel der Strecke geschafft zu haben. Wir lagen voll im Plan und trotz langsam hart werdender Muskeln ging es noch vorwärts. Am Grenzadler bei km 55 dann kurz vor vierzehn Uhr die Zwischenzeit von knapp acht Stunden und damit immer noch sehr gut im Plan. Die folgenden Anstiege dann wie gewohnt im „Schlepp“, wirklich ziehen konnte ich aber nicht mehr, bei mir machte sich das fehlende Bergtraining bemerkbar, Martina marschierte im gleichen Tempo wie ich und unsere Verbindung war mehr von moralischem Wert. Oben auf „Plänckners Aussicht“ am Beerberg, dem höchsten Punkt des Laufs, war auch der Vorsprung auf unsere Marschtabelle wie befürchtet dahingeschmolzen und eigentlich hatte ich ein Ergebnis von unter elf Stunden abgeschrieben. Aber nach der Schmücke, auf gefühlt ewig langen eintönigen Strecken, bewies Martina ihre Kämpferqualitäten. Trotz deutlicher Erschöpfung und schmerzender Knie versuchte sie, den Schritt lang zu machen und das Tempo zu halten. So war dann am Ortseingang von Schmiedefeld unser angestrebtes Ziel, eine Netto-Zeit von unter elf Stunden, wieder erreichbar. Wir mobilisierten die letzten Reserven und bekamen nun auch reichlich Auftrieb durch die Läufer und Zuschauer an der Strecke. Auf der langen Stadiongeraden dann der Blick auf die Zieluhr, nur noch wenige Sekunden bis zur Elf-Stunden-Marke.

Ein letzter Sprint unter den Anfeuerungsrufen unserer Sportfreunde, die uns erwarteten, und auf die Sekunde genau bei elf Stunden der Tritt auf die Zeitnahmematte. Glücklich lagen wir uns in den Armen, wieder einmal waren der Rennsteig und vor allem der innere Schweinehund bezwungen, trotz unzureichender Vorbereitung und Stau gleich nach dem Start sogar mit einer um eine Viertelstunde besseren Zeit als im Vorjahr.

Dagmar,  unsere gute Fee,  kümmerte sich wie immer um Gepäck, Getränke, Urkunden und alles andere und wir konnten uns die Leistungen unserer Gruppe begeistert erzählen lassen. Ralf war mit 6:14 Std. Dritter in seiner Altersklasse und insgesamt 41. geworden, ein phänomenales Ergebnis. Katrin blieb mit 8:28 Std. weit unter ihrer bisherigen Bestzeit  und auch Volker war mit 9:35 Std. deutlich schneller als in den Vorjahren. Und auch Andreas war angesichts seiner Gesundheitsprobleme mit seiner Zeit von 5:04 Std. zufrieden.

Wieder im Quartier konnten wir dann voller Stolz unsere redlich erworbenen Finisher-T-Shirts präsentieren. Und das Ultra-Läufer wirklich „harte Hunde“ sind, bewiesen wir (und viele andere Sportfreunde) am Abend in der Disco im Festzelt, wo die Post abging bei Rock, Twist, Sirtaki und Techno. Auf extrem voller Tanzfläche haben wir so eine Lockerungsgymnastik etwas anderer Art praktiziert, nur die Stimmbänder wurden vom vielen Singen oder besser Mitgrölen nochmal ordentlich strapaziert.

 



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