Der Künstler mit dem Glas-Tick


von Tageblatt-Redaktion

Thomas Reimann hat in Hoyerswerda schon etliche künstlerische Akzente gesetzt.
Thomas Reimann hat in Hoyerswerda schon etliche künstlerische Akzente gesetzt.

Nein, es war ganz sicher kein Zufall, dass es sich bei Thomas Reimanns erster künstlerischer Arbeit in Hoyerswerda um die gläsernen Balkonverkleidungen für zwei Viergeschosser an der Virchowstraße handelt. „Glas war der Stoff, aus dem die Träume sind“, erinnert sich der 59-Jährige an sein Design-Studium an der Hochschule für industrielle Formgestaltung auf Burg Giebichenstein in Halle. Seine Zeit dort war längst nicht der Anfang künstlerischen Interesses. Aber es sollten doch noch einige Jahre vergehen, bis Reimann der geworden war, der nun seit ein paar Tagen eine fast sechs Meter lange Skulptur in Hoyerswerdas Stadtzentrum stellt. Seine „Große Liegende“, das Brigitte-Reimann-Denkzeichen, wird am 80. Geburtstag der (nicht mit ihm verwandten) Autorin in ungefähr vier Wochen im Zentralpark neben der Lausitzhalle eingeweiht.

Also mit Glas, genauer mit Glas, Keramik und Porzellan war Reimann während seines Studiums befasst. Dreimal im Jahr wurden Arbeiten abgefordert. Ein paar Gläser und Vasen aus dieser Zeit sind noch da. Viel hat Reimann aber schon während des Studiums eingetauscht, denn französische Kommilitonen kamen an Literatur und Musik, an die man in der DDR so leicht nicht kam. Kunst interessierte Reimann schon in früher Jugend. In dem Alter, in dem andere an Mopeds zu basteln beginnen, besuchte der junge Thomas erste Ausstellungen. Hier stieß er auf Bilder des Dresdener Malers Rudolf Nehmer. Er rief ihn an, besuchte ihn im Atelier. „So wurde er mein Künstlervater“, sagt Reimann. Das Atelier des Malers, Grafikers und Holzschnitt-Künstlers war damals sein zweites Zuhause.

Doch als das Glas in sein Leben getreten war, kam er davon nicht mehr so leicht los. Dem Studium folgte nicht nur eine Anstellung bei den Vereinigten Beleuchtungsglaswerken Dresden, sondern auch noch eine Ausbildung zum Glasmacher. Andere meinten, das wäre ja wohl ein Schritt zurück, doch Reimann sagt: „Ich sah das als Weiterentwicklung. Kopf und Hand gehören zusammen.“ Schon beim Studium hatte er die Stunden am Ofen als ausgesprochen erfüllend empfunden. Thomas Reimann lernte in den Jahren darauf sämtliche Glaswerke der Gegend von Dresden über Bischofswerda bis Welzow kennen, das Beleuchtungsglaswerk in Radeberg ebenso wie das Behälterglaswerk in Bernsdorf oder das Preßglaswerk Schwepnitz. „Die hatten an der Glaswanne noch eine manuelle Entnahmestelle“, schwärmt er bis heute über letztgenannte Fabrik.

Als er 1990 gekündigt und sich gemeinsam mit seiner Frau mit einer Glasgalerie selbstständig gemacht hatte, lernte er bei seiner ersten Ausstellung als Kurator mit „Glas aus Ost und West“ den renommierten Glaskünstler Erwin Eisch kennen. Eisch lud ihn zu sich nach Bayern ein – zum Malen und zur Bildhauerei. Reimann spricht heute von einer „Initialzündung“. Was daraus wurde, zeigen der „Laptopper“ neben dem von Reimann designten Konrad-Zuse-Hochhaus oder die Adam- und Eva-Skulptur im Park an der Südstraße. Dass seine Arbeiten hier mittlerweile so präsent sind, ist das Resultat eines Zufalls. Bei einer Tagung der Wohnungswirtschaft, die ein Freund von ihm organisierte, traf Reimann nämlich Margitta Faßl, die Chefin der Wohnungsgesellschaft.

Sie lud ihn in die Stadt ein, von der er heute, sechs Jahre später, sagt: „Ich habe sie lieben gelernt. Hoyerswerda ist eine interessante Stadt. Die Leute hier sind sehr widersprüchlich, was ein großer Reiz an sich ist.“ Inzwischen weiß er natürlich auch, wer Konrad Zuse war und dass der spätere Computer-Erfinder hier sein Abitur abgelegt hat. Das war anfänglich anders: „Ich bin immer in die Stadt hineingefahren und habe mich beim Anblick der Säulen am Ortseingang über den Namen Konrad Zuse gewundert.“

Mittlerweile schätzt Reimann natürlich besonders Zuses künstlerisches Schaffen. Aber Brigitte Reimann hat es ihm doch mehr angetan: „Mit ihr ehren wir eine starke Frau. Normalerweise werden starke Frauen ja unter den Teppich gekehrt.“ Tagelang hat Thomas Reimann in Lichterfeld nun also wieder an einem Ofen gestanden, um die Klinker für seine Skulptur zu brennen. Es ist mal wieder etwas anderes nach Stein oder Stahl. „Das Leben ist viel zu kurz, um nur eine Sache zu machen“, findet der Künstler. Doch wer ihn in seiner Schauwerkstatt auf Burg Stolpen besucht, wird dort auch jede Menge jenes Stoffes finden, aus dem auch heute noch so ein wenig alle Träume sind – Glas. (MK)

Thomas Reimann im web : www.tmvo.de



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