Der Herr der Liegeplätze


von Tageblatt-Redaktion

Dieter Schmeißner ist Hafenmeister in Geierswalde – eine Institution am See. Demnächst, mit Saisonende, steht für den aus dem Erzgebirge stammenden Segler aber erst mal Urlaub an. Foto: Rainer Könen
Dieter Schmeißner ist Hafenmeister in Geierswalde – eine Institution am See. Demnächst, mit Saisonende, steht für den aus dem Erzgebirge stammenden Segler aber erst mal Urlaub an. Foto: Rainer Könen

Von Rainer Könen

Graubärtig. Sonnengegerbte Haut. Wache Augen. Kräftige Statur. Hände, die an Pranken erinnern. Eine sonore Stimme. Norddeutscher Akzent. – So stellt man sich einen typischen Hafenmeister vor. So eine Art Seebär, den es nach langen Jahren auf den Weltmeeren nun wieder in die Heimat gezogen hat.

Dieter Schmeißner ist Hafenmeister. Aber auf den Weltmeeren ist er bisher noch nicht gesegelt, seine Stimme hat auch nicht diesen nordischen Klang. Und sein Arbeitsplatz befindet sich auch nicht in einem dieser kleinen, verträumten Häfen, die man in vielen Küstenorten findet. Dieter Schmeißners Arbeitsplatz liegt an einem Binnensee. Im Lausitzer Seenland. Genau genommen, am Geierswalder See. Hier arbeitet der gebürtige Ludwigsluster seit 1. April 2015 im Sportboothafen des 1. Wassersportvereins Lausitzer Seenland.

Wer auf Dieter Schmeißner trifft, merkt aber schnell, dass hier einer tätig ist, der sowohl mit Booten als auch mit deren Eignern gut umgehen kann. Weil er selbst auch Segler ist. Dass Segeln zumeist ein Sport ist, der häufig von „Gutbetuchten“ betrieben wird, etwa Ärzten, Rechtsanwälten oder Unternehmern, das weiß Dieter Schmeißner. Berührungsängste gibt es da für ihn aber nicht. Das seien auch alles nur normale Menschen, meint er. Und wenn die zu ihm ins Büro kommen, weiß er, wie sie „zu händeln sind“. Fast 40 Jahre segelt Dieter Schmeißner nun schon, immer auf Binnenseen. Reizt ihn das Meer gar nicht? Doch, schon, aber bisher reichte es nur für einen einzigen Törn auf der Ostsee, als Gast auf einer Jacht.

Wenn er aus seinem kleinen Büro hinausschaut, das unmittelbar an der Steganlage liegt, schaut er auf die im Hafen vertäuten Segelboote. Sein Boot befindet sich ebenfalls dort. „Aber zum Segeln muss ich mir hier mitunter echt die Zeit nehmen“, meint Dieter Schmeißner. Denn in den Sommermonaten, vor allem in der Ferienzeit, war sein kleines Büro natürlich ständiger Anlaufpunkt für die zahlreichen Gäste. Segler, Kanuten, Wohnmobilbesitzer.

Bisher hat er in diesem Sommer über 900 Gäste registriert. „Das ist für unsere Verhältnisse schon eine ganze Menge“, erzählt der 62-jährige Hafenmeister. Der Verein hat ihm ein sportives Arbeits-Outfit gesponsert. Denn schließlich sei der Hafenmeister ja hier am See so was wie eine Institution, vertritt auch die Region, meint der frühere Feinmechaniker. Sein Arbeitsdress besteht aus einer modisch geschnittenen Werkshose und einem himmelblauen T-Shirt. Derart gewandet, verbreitet der freundlich lächelnde Dieter Schmeißner Urlaubsstimmung an seinem Arbeitsplatz.

Derzeit ankern im Hafen rund 90 Boote, darunter auch einige, die dem Wassersportverein gehören. Dieter Schmeißner ist seit zwei Jahren dort Mitglied. Dass er, der im erzgebirgischen Annaberg-Buchholz lebt, einmal Hafenmeister am Geierswalder See werden würde, das hatte er sich bis vor drei Jahren nicht vorstellen können. „Zumal ich das Seenland bis dato gar nicht kannte.“ Erst als sein in Bad Liebenwerda lebender Bruder mit ihm einmal einen Ausflug zum Geierswalder See machte, da, so Dieter Schmeißner, „habe ich sofort gewusst, dass ich hierher will“.

Als die Stelle des Hafenmeisters im vorigen Jahr vakant wurde, bekam er den Tipp, sich doch zu bewerben. Tat er. Und bekam den Job auch. „Ich habe allerdings in den ersten Tagen und Wochen ein bisschen Zeit gebraucht, um mich hier einzuarbeiten“, meint er. Denn zu den Aufgaben des Hafenmeisters gehöre ja nicht nur, die Liegegebühren zu kassieren, sondern man müsse sich auch um das Areal kümmern, Termine mit Bootsbesitzern abstimmen, wann deren Boote per Kran ins Wasser gehievt respektive wieder herausgeholt werden. Und dann sei ein Hafenmeister ja auch so was wie eine ordnende Instanz, meint Dieter Schmeißner. Er ist im Hafen Ansprechpartner bei Problemen jedweder Art und hat obendrein ein scharfes Auge auf diejenigen, die sich vor dem Bezahlen der Liegegebühren drücken wollen. Ja, so etwas komme gelegentlich auch mal vor.

Der 62-Jährige strahlt eine bemerkenswerte Ruhe aus, ungeachtet des Andrangs in seinem Büro, das vor allem am Wochenende von den Gastseglern, Wasserwanderern oder Wohnmobilbesitzern angesteuert wird. „Warum soll ich denn auch hektisch sein?“, fragt er. Er sei halt ein ruhiger Typ, und wenn man mit so einem Naturell gesegnet sei, sei man für so einen Job ganz gut geeignet. Vor allem in der Hoch-Zeit des Sommers. Da ist es gut, dass einer wie er immer den Überblick behält.

Und was ist mit Urlaub, Herr Schmeißner? Ja, das sei nach Ablauf der diesjährigen Saison, die im Oktober endet, für ihn auf jeden Fall ein Thema. Wohin es gehe, wisse er aber nicht. Auf jeden Fall geht es erst mal mit dem eigenen Wohnmobil nach Hause, ins Erzgebirge. „Und dann „schaue ich mal, wo ich mich erholen kann.“



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