Der Bus für alle Fälle


von Tageblatt-Redaktion

Die 15- und 16-jährigen Pfadfinder aus Wittichenau nutzen den Kids-Shuttle-Bus gern für ihre Ausflüge ins Abenteuer.  Foto: Martin Kliemank
Die 15- und 16-jährigen Pfadfinder aus Wittichenau nutzen den Kids-Shuttle-Bus gern für ihre Ausflüge ins Abenteuer. Foto: Martin Kliemank

Von Constanze Knappe

Eine tolle Sache, schwärmt Martin Kliemank. Der Vorstand des Förderkreises der Wittichenauer Pfadfinder ist als Gruppenleiter mit Jugendlichen unterwegs. Dafür nutzen sie den Kids-Shuttle-Bus. „Das ist ein wunderbares Angebot, weil die Bahnverbindungen von Hoyerswerda oder Kamenz aus ja nicht so optimal sind“, erklärt er. Zudem haben sich die Pfadfinder einen Spezialanhänger gebaut, auf dem 24 Fahrräder Platz haben oder die selbst gebauten Kanus. Gut dafür geeignet, wenn die Pfadfinder am kommenden Wochenende zur Kanutour auf der Mecklenburger Seenplatte aufbrechen.

Mit einem normalen Pkw könnte der Anhänger gar nicht befördert werden. Auch da bewährt sich der dunkelblaue Kleinbus mit der knalligen Aufschrift. Genutzt wird er ebenso, wenn die Gruppenleiter zur Weiterbildung nach Bayern oder Baden-Württemberg wollen.

Der Kids-Shuttle-Bus bringt die Pfadfinder zu ihren Abenteuern, die Tanzgruppe Wittichenau zu ihren Auftritten oder die Jugendfeuerwehr zu sachsenweiten Wettkämpfen. Gestartet wurde das gemeinsame Projekt der Miss-Nikovich-Stiftung und der Stadtverwaltung Wittichenau im Jahre 2005. Anlass war damals, dass viele Kinder im ländlichen Raum Angebote wie Musikschule, Ballett oder Sportverein nicht nutzen konnten. Sie kamen nicht hin, wenn ihre Eltern sie nicht fahren konnten, weil die beruflich eingespannt oder arbeitslos waren. Dem wollte man abhelfen und zudem den Familien in Wittichenau und den Ortsteilen eine Sorge abnehmen.

So war die Idee vom Kids-Shuttle-Bus geboren. Beate Hufnagel, die im Jahr 2000 die Stiftung mit aufbaute und dort einige Jahre angestellt war, schrieb seinerzeit den Fördermittelantrag. „Da war das Thema Mobilität auf dem Lande in aller Munde“, erinnert sie sich. In der Staatskanzlei war man vom Kids-Shuttle-Bus so überzeugt, dass der Freistaat aus einem Fördertopf in Sachen Demografie die Anschubfinanzierung sicherte. Der Kids-Shuttle-Bus in Wittichenau wurde zum Modellprojekt erklärt. Aus allen Ecken des Freistaats habe sie damals Anfragen bekommen. Ob es Nachahmer gibt, vermag Beate Hufnagel aber nicht zu sagen.

Dank der Förderung standen anfangs zwei Fahrzeuge zur Verfügung, ein älteres der Stiftung und das neue vom Freistaat geförderte. Die Autos waren fast immer ausgebucht. Ehrenamtliche Fahrer kümmerten sich um den Transport der Kinder, die Stadt übernahm die Kosten. So wurden zum Beispiel die kleinen Nachwuchsfußballer des Wittichenauer Sportvereins vor Beginn des Trainings zu Hause auf den Dörfern abgeholt. Die Eltern mussten dafür nichts bezahlen. „Wir wollten eben gerade nicht, dass sich nur Eltern mit den besseren Einkommen den Service für ihre Kinder leisten konnten“, so Beate Hufnagel. Als das ältere Fahrzeug ausgemustert werden musste, ging die Nachfrage zurück.

Nachahmenswert ist der Kids-Shuttle-Bus bis heute. Doch bei jeder sozialen Idee steht trotz allem die Frage der Wirtschaftlichkeit. „Einzelne Kinder irgendwohin zu fahren, das war aus Kostengründen auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten.“ Beate Hufnagel, die inzwischen in der Stadtverwaltung arbeitet, bedauert das  sehr. Zumal nach wie vor eine Nachfrage besteht. Wohl auch, weil die Internetseite der Stadt noch immer die Möglichkeit dazu aufzeigt und zumindest diesbezüglich aktualisiert werden müsste. In Zeiten, da die Geldbeutel der Kommunen immer enger geschnürt werden müssen, stößt die Stadt mit dem Angebot an Grenzen, so Beate Hufnagel. Sollten allerdings mehrere Kinder gemeinsam in die gleiche Musikschule oder zur Orchesterprobe oder zum Ballettunterricht wollen, würde man eine Lösung finden.

Vereine der Stadt nutzen das Fahrzeug, zahlen dafür lediglich die Kosten für den Dieselkraftstoff und stellen einen eigenen Fahrer. Selbst in dieser Ausrichtung ist der Wittichenauer Kids-Shuttle-Bus einzigartig. Und gefragt. „Termine sollte man sich am Jahresanfang sichern“, rät Susanne Retzlaff, die als Mitarbeiterin der Stiftung den Buchungskalender verwaltet. Für die Wochenenden ist die Nachfrage besonders groß. Allein die Pfadfinder haben 22 Termine reserviert. Die Jugendfeuerwehr zehn. Auch für die Jugendarbeit der katholischen Kirchgemeinde ist der Kleinbus oft im Einsatz.

Jeden Mittwoch bringt er sieben Kinder und Jugendliche ins Waldbad, wo sie zu Rettungsschwimmern ausgebildet werden. Genutzt wird das Fahrzeug von Grund- und Oberschule für die Teilnahme an Sportveranstaltungen, kulturellen Aktivitäten oder Kochwettbewerben. Oder im Rahmen der Schulsozialarbeit. An einem Wochenende waren acht Kinder aus dem Ganztagsangebot Angeln mit dem Kleinbus an der Ostsee. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre das kaum zu finanzieren gewesen.



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