Das Bürgerzentrum als Opernhaus


von Hoyte24 News

Foto: KulturFabrik

Hoyerswerda. Eine größere Opern-Produktion mit historischem Bezug zeigten die Landesbühnen Sachsen diese Woche im Bürgerzentrum. Christian Völker-Kieschnick, Mitarbeiter der KulturFabrik und unter anderem zuständig für die Gastspielkooperation mit dem Radebeuler Theater, hat uns den folgenden Text dazu geschickt:

Bekanntlich bietet Hoyerswerdas Soziokulturelles Zentrum Kulturfabrik ein lebendiges Programm von Workshops, Treffpunkten, Konzerten und vielem mehr. Nun gab es eine Premiere für das Bürgerzentrum in der Altstadt. Die Landesbühnen Sachsen brachten Opernklänge in den Saal, in dem Konrad Zuse einst turnte. Ich weiß noch, wie wir vor etwa einem Jahr mit Stefanie Hackhausen, Veranstaltungsmanagerin der Landesbühnen und deren technischem Direktor Albrecht Löser bei uns im Saal standen und überlegten, wie wir die Malka nach Hoyerswerda holen könnten.

„Die Malka“ ist eine Kammeroper, die im vergangenen Jahr in Radebeul ihre Uraufführung feierte und die auf Miriam Presslers Jugendroman „Malka Mai“ beruht. Thematisiert wird in einzigartigen Bildern die strapaziöse Flucht der jüdischen Ärztin Hanna Mai mit ihrem Kind 1943 von Polen über die Karpaten nach Ungarn, um der Deportation zu entgehen. Nachdem sich Hanna schweren Herzens entschieden hat, die erkrankte siebenjährige Tochter Malka bei Fremden zurückzulassen, erleben wir, wie Malka alles verliert, ihre Familie, ihr Obdach und – fatalerweise zurück in Polen – beinahe auch ihr Leben. Zwar gelingt es Hanna, ihr Kind wieder zu finden, doch für Malka scheint dies zu spät.

Auch musikalisch ist diese Oper etwas Besonderes und zugleich Ungewöhnliches. Dafür haben die Landesbühnen Sachsen einen Wettbewerb ausgeschrieben, der sich an junge Komponist*innen richtete und den Christoph Breidler für sich entscheiden konnte. Zwölftonmusik heißt die eher ungewöhnliche Kompositionsform, die man eher als Lärm oder Improvisation wahrnehmen würde, die die Stimmung der Handlung jedoch einzigartig umrahmt, begleitet vom eindrucksvollen Spiel der Mimik und Gestik der Sängerinnen Antigone Papoulkas (Hanna Mai) und Anna Maria Schmidt (Malka Mai). Die beiden verkörpern nicht nur die zwei Hauptpersonen, sondern auch alle anderen Figuren, die hinter den großen Türen des Bühnenbildes verborgen und verschleiert sind.

Erst heimlich und dann im Vordergrund: Der Schatten. Eine schwarze Figur, die Stück für Stück die gelben Davidsterne pflückt, die zwischen den Türen am Stacheldraht hängen. Kein Wort fällt. „Es ist eine tänzerische Rolle“, erzählt die 17-jährige Schauspielerin Celina Brandt. Sie ist selbst noch Schülerin der elften Klasse. Für sie ist jeder dieser Sterne ein jüdischer Mensch, vielleicht eine jüdische Familie. Die für sie am schwersten zu ertragende Szene in der Inszenierung ist der Moment, in dem das Orchester schweigt, sie in der Rolle des Schattens, der die Nationalsozialisten verkörpert und einem silbernen Schredder im Lichtkegel steht. Erst einzelne, dann immer mehr der gelben Judensterne kommen in den Schredder. Lautes, hölzernes Knacken. Im Saal erstarrte Stille. Einige der gut 250 Schülerinnen und Schüler sind gerade einmal so alt wie Celina oder sogar jünger. Für die meisten von Ihnen ist der Erstkontakt mit einer Oper.

Da tut es gut, im Nachgespräch mit der Theaterpädagogin Iris Stefanie Maier, die Darstellerinnen lachen zu sehen und ihren Erklärungen dazu zu lauschen, wie sie mit dieser schweren Thematik umgehen und ihnen Fragen stellen zu können. Zwei Davidsterne bleiben im Bühnenbild hängen. Sie stehen für Malka und Hanna Mai, die überlebt und sich nach dem Kriegsende wiedergefunden haben. Kriegsende. Das ist uns erst aufgefallen, als die Aufführungstermine näher rückten, dass wir dieses Werk, zu dieser Thematik an diesem ganz besonderen Tag spielen, an dem sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Male jährt. Ich bin ergriffen von der Inszenierung und diesem besonderen Tag. Als Dank gibt es für alle Beteiligten auf und hinter der Bühne weiße Rosen, die auch eine Symbolkraft haben für Toleranz, Frieden, Mut und Zivilcourage. Für die Schülerinnen und Schüler des Hoyerswerdaer Lessing-Gymnasiums, die die vier Vorstellungen besuchten, gibt es tiefgehende, bleibende Eindrücke, die hoffentlich dafür sorgen, das eigene Denken und Handeln immer wieder kritisch mit Herz und Verstand zu hinterfragen.

Sie sind Lehrerin oder Lehrer an einer Schule, oder Pädagog*in in einer Kindereinrichtung und wollen auch professionelles Theater in der eigenen Stadt erleben? Das machen wir gern gemeinsam möglich. Nehmen Sie dazu mit mir Kontakt auf. Sie erreichen mich unter christian.voelker@kufa-hoyerswerda.de oder telefonisch unter 0151 6101 0207. Auch Malka Mai könnte nochmal nach Hoyerswerda kommen. Darin sind sich alle Beteiligten einig, wenn Bedarf von den Schulen signalisiert wird. (red)

Foto: KulturFabrik


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