Bildern im Kopf kann man nur mit Bildern begegnen


von Tageblatt-Redaktion

Auch wenn es leichtere Jobs gibt, als Oberbürgermeister von Hoyerswerda zu sein, will Stefan Skora noch einmal sieben Jahre Stadtoberhaupt sein. In ein paar Jahren koennte Hoyerswerda finanziell naemlich wieder durchaus freier agieren.
Auch wenn es leichtere Jobs gibt, als Oberbürgermeister von Hoyerswerda zu sein, will Stefan Skora noch einmal sieben Jahre Stadtoberhaupt sein.

Herr Skora, die Stadt hat kaum Geld und auf Hoyerswerda wird die Welt nur aufmerksam, wenn es mal wieder was über Nazis zu berichten gibt. Macht der Job des Oberbürgermeisters eigentlich noch Spaß?
Natürlich macht die Arbeit als Oberbürgermeister Spaß. Mir wäre es auch lieber, wenn die Aufmerksamkeit Dritter auf Hoyerswerda und das Bild von Hoyerswerda ein anderes wäre. Trotz Haushaltskonsolidierung passiert sehr viel in der Stadt. Und das staatliche Geld, die sogenannte investive Schlüsselzuweisung, das wir bekommen, wird zum Bauen oder zur Schuldentilgung eingesetzt. Gesetzlich gibt es nicht mehr Möglichkeiten.

Sie könnten ja 2013 aufhören, treten aber wieder an …
Klar, ich bin ja von der CDU nominiert worden. Aber nicht nur das. Ich möchte auch bestimmte Projekte, die wir als Stadtverwaltung mit dem Stadtrat auf den Weg gebracht haben, planerisch und finanziell, zum Beispiel wenn ich hier aus dem Fenster auf die Braugasse schaue, auch beenden. Und da dies planmäßig 2014 ist, ergibt sich das mit der Kandidatur zwangsläufig.

Stichwort Großinvestitionen. Die Grundschule an der Elster ist eingeweiht, das Lessing-Gymnasium wird 2013 fertig, das Bürgerzentrum 2014. Damit sind die Großprojekte erledigt.
Ja, so viele Projekte im Millionen-Bereich wird es in den nächsten Jahren nicht geben können. Wir müssen das Lessing-Gymnasium und das Bürgerzentrum fertigstellen. Mein Traum wären noch die Einsteinstraße und die Alte Berliner Straße zur Verbindungsachse zwischen Alt- und Neustadt werden zu lassen, da sie ja nicht in einem so dollen Zustand sind. Dies vor dem Hintergrund der Nutzung der Orange Box und des Umzuges des Computermuseums. Ansonsten werden wir viele kleine Sachen machen, viele Reparaturen. Wichtigstes Ziel ist der Schuldenabbau, damit wieder freier investiert werden kann.

Was wäre denn mit den Geldern noch machbar?
Das wird die Haushaltsdebatte bringen. Mal sehen, wo die drängendsten Probleme sind. Wir wissen sehr wohl, dass wir gerade im Grundschul- und Mittelschulbereich noch wichtige Entscheidungen zu treffen haben. Wir können aber auch nicht alles in die Schulen stecken, müssen demografiegerecht die Entscheidungen abwägen. Ich brauche ja auch noch was für Straßen, Geh- und Radwege.

Letztes Jahr sagten Sie, Hoyerswerda soll eine gedeihliche Entwicklung nehmen. Nun haben wir zwar das HY auf dem Nummernschild wieder, aber wie soll es weitergehen in der Zukunft?
Für die gedeihliche Entwicklung habe ich immer gern die Investitionen der Firmen Yados und Pieprz benannt. Es gehören neben den privaten Initiativen auch die Aktivitäten der Stadt und der städtischen Gesellschaften dazu. Hier sind die Erschließung des Wohngebietes „Kleine Bleiche“ sowie die festere Verankerung der Stadt im Lausitzer Seenland anzuführen. Demografie und Bundesgesetzgebung zeigen auch bei uns Auswirkungen. Deshalb müssen der Verbund der Wirtschaftsbetriebe und die Wohnungsgesellschaft gestärkt werden.

Nun sind es gerade die VBH und die Wohnungsgesellschaft, die für die Stadt die Kohlen aus dem Feuer holen. Wie lange soll das gut gehen?
Das können sie nicht ewig leisten. Wir haben es im letzten Jahr gemacht, vor allem, was die Vereinshäuser betrifft, weil wir nicht in der Lage waren, die Probleme so zu lösen, wie es sich die Vereine wünschten. Aber das muss mit Augenmaß geschehen. Ich kann nicht jedes Jahr sagen, aus Betrieb XY ziehen wir so viel Geld raus oder wir übertragen ihm weitere Aufgaben. Gerade die Lausitzhalle hat uns viele Dinge abgenommen, Stadtfest, Weihnachtsmarkt, Touristinformation. Sie ist wie andere ein Zuschussbetrieb. Gerade deshalb müssen Wohnungsgesellschaft und Städtische Wirtschaftsbetriebe gestärkt werden.

Wie denn?
Indem wir das Regionalprinzip als Ansatz nehmen. Also auch Leistungen für das Umland erbringen. Trink- und/oder Abwasserversorgung, kaufmännisches und technisches Know-how der Versorgungsbetriebe Hoyerswerda können als Beispiele dafür genannt werden. Da müssen auch neue Produkte entwickelt werden, so wie es gerade durch die Lausitzhalle versucht wird. Das betrifft auch Entwicklungen für das Seenland.

Da sagten Sie einst «volle Pulle für den Scheibe-See». Aber gebaut wird nichts …
Da kann ich immer nur für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reden. Wir haben alles gemacht, die planerischen Voraussetzungen geschaffen und der Stadtrat hat die entsprechenden Beschlüsse gefasst. Wenn man aber von Dritten abhängig ist, in dem Falle der LMBV, sieht es dann anders aus. Dort sind die Entscheidungen leider zugunsten anderer Projekte gefallen. Das bekommt dann manchmal den Touch des Baus von Bundesstraßen. Alle sind dafür und unterstützen uns, aber passiert ist in 20 Jahren nichts.

Was passiert, wenn die Zufahrtsstraße am See gebaut ist?
Der Zweckverband Lausitzer Seenland muss mit der Änderung des regionalen Entwicklungskonzeptes für den Scheibe-See einverstanden sein. Da steht ja noch vorrangig die Ansiedlung des sogenannten grünen Gewerbes drin. Wir wollen gern Eventnutzung und Erholung als Schwerpunkte festgehalten haben. Die Unterstützung durch den Zweckverband haben wir.

Was das Prinzip volle Pulle anbelangt, war das ja eher am Quartier am Zoo zu spüren. Ein Teil der Bevölkerung hat das Gefühl, dass ihre Kritik an dem Projekt nicht beachtet wird.
Wir haben in diesem Verfahren eine frühzeitige Bürgerbeteiligung durchgeführt, Informationsveranstaltungen gehalten, die Unterlagen auch im Internet ausgelegt. Uns dann vorzuwerfen, wir hätten die Bürger nicht beteiligt, ist ungerecht. Wir haben wirklich mehr gemacht, als gesetzlich in so einem Fall vorgeschrieben ist.
Es wird ja aber auch so wahrgenommen, dass sich selbst fachliche Kritik nicht niederschlägt.
Die Unterlagen waren schon sehr umfänglich. Manche Sachen bezogen sich aber nicht so sehr auf den Bebauungsplan, sondern auf die Ausführungsplanung. Manches werden wir erst dann beachten und noch nicht jetzt, wo es um die Änderung des Bebauungsplanes ging. Wir haben es offen diskutiert.

Wie realistisch ist es, dass das Projekt Wirklichkeit wird?
Jetzt liegt es am Investor, dass er das Projekt umsetzt.

Seit wenigen Wochen steht das Thema Rechtsextremismus stark im Fokus, wie stark in ihrem?
Wir haben die Informationsstränge zwischen der Polizei und der Stadtverwaltung verkürzt. Das läuft sehr gut an. Dazu kommt das wachsame Auge vieler Menschen in der Stadt, damit rechtzeitig Aufkleber oder Beschmierungen beseitigt werden können. Wir können aber nicht immer sofort handeln, ohne den Eigentümer des Gebäudes zu befragen. Deshalb dauert manche Beseitigung scheinbar so lange. Der schon seit Jahren bestehende Kriminalpräventive Rat wird sich öfters treffen, und er ist um die RAA, Frau Nickich, und um Pfarrer Gregor und Superintendent Koch erweitert worden. Wir müssen das hohe Gut der Demokratie von klein auf vermitteln, damit das rechtsextreme Gedankengut sich nicht erst in den Köpfen verankert. Aber ich kann nicht in alle Köpfe hineinschauen und wir werden mit unseren Anstrengungen nicht alle erreichen. Das ist für mich persönlich schon deprimierend, da meine Lebenseinstellung Extremismus jeglicher Art ablehnt.

Hoyerswerda wird aber überregional vor allem bei Rechtsextremismusgeschichten wahrgenommen. Wie wollen Sie das ändern?
Egal was in Hoyerswerda in dieser Richtung passiert, es wird öffentlich anders wahrgenommen, als wenn das Gleiche in einer anderen Stadt passiert. Nur wir hier vor Ort können etwas dagegen tun, wenn 20 oder 30 Rechtsradikale das Bild unserer Stadt nach außen hin kaputt machen. Das dürfen wir nicht zulassen. Also nicht wegschauen.
Es gibt so viele Aktivitäten in der Stadt – sie werden von draußen nicht wahrgenommen, aber auch nicht weiter kommuniziert, weil das aktive, engagierte und lebendige Hoyerswerda nicht in das Klischee passt. Da will ich in den nächsten Jahren gern weiter mitwirken, das Bild von Hoyerswerda zu verbessern. Auch wenn es immer heißt, als Oberbürgermeister musst du ja nur Gutes erzählen und das Schlechte unter den Tisch kehren. Das tue ich aber ebenso wenig.

Da fehlt aber ein Konzept.
Wir haben unsere Imagebroschüre, unseren Internetauftritt modernisiert. Aber all das wird überregional negiert. Über die Vermarktung der Stadt auf touristischer, kultureller und soziokultureller Schiene werden wir schon ganz anders wahrgenommen. Bilder über unsere Stadt im Kopf kann man nur mit neuen Bildern verändern. Ich möchte den Akteuren, die demokratische Grundideen mit ihren Projekten vermitteln, sagen, machen sie weiter! Aber wir können kaum Leute bekehren, die ihr vorgefasstes Bild von Hoyerswerda bestätigt sehen wollen. Da habe ich noch kein Patentrezept. Zur Kommunikation braucht es Sender und Empfänger. Wenn der Empfänger aber nur bestimmte Frequenzen/Informationen durchlässt, dann stehst du da.
Deswegen sage ich, wir werden trotzdem weiter senden und den Sender nicht abschalten.

Fragen: Uwe Schulz



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