Aus Bronze-Ziel wird Silber – und nächstes Jahr Gold?


von Tageblatt-Redaktion

Ein Ausdauertest steht für alle aif dem Programm
Ein Ausdauertest steht für alle aif dem Programm

Von Hagen Linke

Es ist reichlich Betrieb im Sportforum an der Nieskyer Straße in Hoyerswerda an diesem Dienstagnachmittag: Junge Fußballer jonglieren um Slalomstangen, Leichtathleten sprinten auf der Tartanbahn, ein paar Walker bereiten sich auf ihre wöchentliche Waldrunde vor. Am Sozialgebäude stehen ein paar Männer und Frauen, bei denen nicht klar ersichtlich ist, welchen Sport sie bevorzugen. Sie werden sich in einigen Dingen ausprobieren und dafür bald eine Ehrung bekommen – das Deutsche Sportabzeichen.

Über hundert Jahre ist es nun schon alt. Es schien lange in Vergessenheit geraten zu sein. Auszeichnungen für sportliche Aktivitäten gibt es auch andere. Man denke nur an zahlreiche Volksläufe und die Medaillen und Urkunden im Ziel. Der Deutsche Olympische Sportbund versucht das Sportabzeichen wieder populärer zu machen – als Ehrung für allgemein gute Fitness, auch für Menschen, die nicht in einem Verein organisiert sind. Überdies heißt es vom Kreissportbund Bautzen, der die Prüfungen organisiert, dass verschiedene Krankenkassen einen Bonus zahlen, wenn Mitglieder einen Leistungsnachweis erbringen.

Die Kandidaten, die am Dienstag im Sportforum waren, haben ganz unterschiedliche Dinge mit dem Abzeichen vor. Zwei junge Frauen wollen es, um bei der Trainerausbildung voranzukommen, ein paar Kinder aus dem Leichtathletikverein machen spontan mit, ebenso ein paar Walker. Elisa Bartelt braucht es für eine Bewerbung als Leistungsnachweis. „Da ist das Sportabzeichen Pflicht.“ Die 27-Jährige aus Klein Bergen hatte Unterstützung mitgebracht – Freundin Kerstin.

Elisa Bartelt sieht nicht unsportlich aus. Aber Vereinstraining und Wettkampf-Ambitionen? Nein! „In der Schule gab es immer nur Ehrenurkunden.“ Sie fährt Rad und skatet gelegentlich, erzählt sie, während sie ein Faltblatt studiert. Darin steht, wer welche Leistung bringen muss, um Gold, Silber oder Bronze zu erreichen. Elisa Bartelt wird an diesem Nachmittag 100 Meter sprinten, danach zum Weitsprung wechseln, eine vier Kilogramm schwere Kugel stoßen und noch einmal 3 000 Meter laufen. Bronze ist das Ziel. Schon am Morgen war sie im Lausitzbad, hat unter Aufsicht 200 Meter im Sportbecken absolviert. Viereinhalb Minuten hat sie gebraucht. Da war reichlich Luft nach oben. „Zwischen 20 und 24 ist man als Frau am sportlichsten“, sieht Elisa Bartelt auf dem Blatt. Da sind die Anforderungen am höchsten. Teilnehmerinnen in dieser Altersspanne müssen 100 Meter in mindestens 17,1 Sekunden laufen, um Bronze zu bekommen. Als 27-Jährige reichen Elisa 17,4 Sekunden.

Mitarbeiter von Kreissportbund Bautzen unterstützt vom Sportclub Hoyerswerda führen die Aufsicht. Nachdem ein paar Kinder über 50 Meter gesprintet sind, stehen für die junge Frau die 100 Meter an. Sie absolviert sie mit zwei anderen Sportabzeichen-Kandidaten und wird Erste nach 16 Sekunden. Das ist sogar Silber! Mit Zuversicht geht es zum Weitsprung. „Mein Rekord steht bei 4,80 Meter“, erzählt Elisa. „Aber in der Schule haben wir regelmäßig trainiert.“ Die Kinder springen im Sportforum fast alle beständig über drei Meter. Für Elisa Bartelt würden 3,30 reichen, um die Bronze-Anforderungen zu schaffen. In ihren drei Versuchen ist sie sehr konstant: 3,68 - 3,67 - 3,73. Alles weit von der Bestweite entfernt, aber ausreichend für Silber.

Eigentlich reicht Elisa Bartelt das Bronze-Abzeichen. Nun winkt sogar Silber. Das Kugelstoßen ist am schwersten. „Nach dem Schwimmen heute früh habe ich gedacht, ich bekomme keine Kugel mehr hoch“, sagt sie etwas skeptisch. Aber von wegen! Erster Versuch: 6,69 Meter, 19 Zentimeter mehr als für Bronze nötig. Nächster Versuch: Übergetreten! Der Stoßring darf nicht nach vorn verlassen werden. Dann schafft sie noch mal 6,70 Meter. Glatt 7 Meter wären nötig gewesen für Silber.
Viel Zeit sich darüber zu ärgern, bleibt nicht. Das Laufen wartet. Das mag sie nicht so, berichtet Freundin Kerstin, die an diesem Nachmittag viel Spaß hat, während sie Elisa per Smartphone filmt. 3 000 Meter muss die Kandidatin laufen. „Sie hatte mit 10 000 Metern gerechnet“, erzählt Kerstin.

Die 7,5 Stadionrunden geht Elisa Bartelt sehr schnell an. Sie läuft locker und flüssig, scheint ein Lauftalent zu sein. Nach den ersten Runden ist sie auf Gold-Kurs. Unter 18 Minuten müsste sie dafür bleiben. In der zweiten Hälfte des Laufes wird sie langsamer, bleibt aber sogar unter 16 Minuten und legt sich auf den Rasen. „Komm, du musst auslaufen“, ermuntert Freundin Kerstin und reicht die Trinkflasche.
„Es war alles andere als entspannt“, gibt Elisa Bartelt zu. Bei den vier Disziplinen im Sportforum hat sie einmal die Bronze-Norm, einmal Gold und zweimal Silber erreicht. Norbert Adler vom Kreissportbund Bautzen sagt, die Ergebnisse werden in Punkte umgerechnet. Das klingt kompliziert, aber Elisa Bartelt darf sicher mit Silber rechnen. Wenn sie vier Euro an den Landessportbund überweist, bekommt sie Urkunde und Sportabzeichen. Und nächstes Jahr ist sie vielleicht wieder dabei. Dann ist Gold das Ziel. Und ihre treue Betreuerin an der Seite zieht sich vielleicht auch die Sportsachen an.



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