Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln

Von Mirko Kolodziej
Meine Ururururururur-Großeltern Samuel Voith und Maria Puolz werden sich gesagt haben, sie würden vor Martini heiraten wollen. Jedenfalls traten die zwei am 28. Oktober 1708 im böhmischen Prunéøov (Brunnersdorf) in den Stand der Ehe. Ich weiß das dank Siegfried Pallad. Der Hoyerswerdaer hat nur knapp eine Woche gebraucht, um eine Linie meiner Vorfahren väterlicherseits zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückzuverfolgen. Beeindruckend! „Das ist in jedem Fall noch ausbaufähig“, sagt Siegfried Pallad selbst.
Das gilt in seinen Augen auch für das Wissen um seine eigene Familiengeschichte. Und er weiß immerhin, dass er einen Vorfahren hatte, der Joanes Palát hieß und von 1680 bis 1756 im ebenfalls böhmischen Babina zu Hause gewesen ist. Die Stammlinie seiner Mutter, der Klabans, kann Siegfried Pallad sogar bis 1602 nachweisen. Der 72-Jährige aus dem WK VII ist ein Hobby-Genealoge, also ein Familienforscher. Die Genealogie ist keine so sehr außergewöhnliche Sache. Ein Rentner aus Bergen zum Beispiel hat seinen Stammbaum an einer Innenwand seines Hauses verewigt und ein junger Mann aus der Hoyerswerdaer Altstadt hat seine Vorfahren auf eine Tapeten-Rolle gezeichnet. Aber geforscht wird in der Regel alleine, und jeder hat dazu seinen ganz ureigenen Antrieb.
Siegfried Pallad hat mir erst einmal aus der jüngeren Vergangenheit berichtet, um verständlich zu machen, warum er seine Mutter gedrängt hat, so viel wie möglich aufzuschreiben und warum er in den letzten Jahren in diversen Archiven war. Es sind wilde, aber typische Geschichten aus Zentraleuropa, speziell aus der einstigen Vielvölker-Monarchie Österreich-Ungarn. Siegfried Pallads Großvater verschlug es im Ersten Weltkrieg als Böhmen zunächst zur kaiserlichen Truppe, dann in russische Gefangenschaft und schließlich zur neuen Armee der Bolschewiki. Siegfried Pallads Vater war im Zweiten Weltkrieg zuerst in US-amerikanischer, dann in französischer Gefangenschaft. Und im Mai 1946 musste Familie Pallad schließlich aufgrund der im Jahr zuvor gefassten Alliierten-Beschlüsse ihre Heimatstadt Ústà (Aussig) verlassen. Auf einem Lastkahn ging es die Elbe hinab in ein Lager nach Schönebeck.
Siegfried Pallad war zum Zeitpunkt der erzwungenen Auswanderung drei Jahre alt. Als er in Staßfurt aufwuchs, beschimpften ihn manche Kinder als „Pollacken“. Warum? Dann waren da die Ahnennachweise mit diesen komischen Ortsnamen. Schon in der Jugend gab es also die Frage: Wo komme ich eigentlich her? Später begann Siegfried Pallad dann, die losen Fäden der Familienhistorie systematisch zu verknüpfen und sich den Wurzeln seiner Herkunft zu nähern. Das führte ihn in tschechische Orte wie Kostomlaty (Kostenblatt) oder Bitozeves (Witoseß) und unter anderem zur Erkenntnis: „Jede Generation war unterwegs, immer der Arbeit nach“. Das sollte später auch bei ihm so sein. Der gelernte Rundfunkmechaniker ließ sich 1964 mit seiner Frau in Hoyerswerda nieder. Der Grund hieß Schwarze Pumpe, Arbeit eben.
Pallads sind mit ihrer Situation in der Neustadt sehr zufrieden. Hier kann der 72-Jährige dank technischem Fortschritt weniger mühsam seinem Hobby nachgehen. In seinem Arbeitszimmer zeigt er mir in seinem Rechner, was er inzwischen alles für genealogische Daten zusammengetragen hat. Er sucht mittlerweile kaum mehr Archive auf. Denn die Tschechen haben alle Kirchenbücher, in denen die nötigen Daten zu finden sind, online gestellt. Siegfried Pallad kann also bequem am heimischen Computer blättern. Es gibt inzwischen diverse Portale, bei denen das möglich ist. Als Quelle am bekanntesten ist wohl eine Plattform der Mormonen. Siegfried Pallad war auch einmal in einer Forschungsstelle, die diese „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ in Forst betreibt.
Auch Österreich, sagt Siegfried Pallad, ist Vorbild, wenn es darum geht, Quellen im Web zu veröffentlichen: „Deutschland ist da ein Entwicklungsland“. Für die Forschung ist es also ein Glücksumstand, dass seine Familie aus dem Sudetenland stammt. Und auch, wenn das Wissen um die Familien Pallad und Klaban mittlerweile riesig zu sein scheint: Siegfried Pallad forscht weiter, füllt zum Beispiel Lücken in familiären Nebenlinien und informiert sich über historische Hintergründe sowie Zusammenhänge. „Fertig wird man damit nie“, sagt mir der Hobby-Genealoge zum Abschied.
web www.familysearch.org / www.compgen.de
Kommentare zum Artikel:
Gerhard Rehatschek schrieb am
Hallo Herr Pallad,
ich erforsche die Familiengeschichte RZEHACZEK aus Lichtowitz und Dubkowitz.
Die Familie Rzehaczek stammt aus Lichtowitz und verzweigte sich 1694 nach Dubkowitz und später nach Boschney und Ruscholka.Ein Matthes Rzehaczek aus Lichtowitz kaufte sich 1694 das Haus Nr 12 in Dubkowitz.Er starb am 11.6 1742 in Dubkowitz 12. Seine Frau Anna geb.1654 und gestorben am 19.9.1738 in Dubkowitz 12.Ich habe leider nichts über die beiden in den Kirchenbüchern vom Archiv Leitmeritz gefunden.Ich suche das Geburtsdatum von Matthes Rzehaczek und den Geburtsnamen seiner Frau Anna.
Können sie mir vieleicht weiter helfen?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Rehatschek aus Sömmerda
Gudrun Baier schrieb am
Guten Tag Herr Pallad,
ich bin ebenfalls auf der Suche nach Vorfahren aus dem Sudetenland.
Unten lese ich etwas von einem Abonnement – gerne möchte ich mehr dazu wissen.
Vorab herzlichen Dank!
Gudrun Baier
Heiko Günther schrieb am
Guten Abend Herr Pallad,
habe gerade meinem Vater Ihre Armee-Geschichte vorgelesen. Er kennt sie aus Pritzwalk. Er war auch Rundfunkmechaniker. Lernte in Ummendorf. Unteroffizier Hardi Günther. Er stieß 1962 dazu. Er bekam die Quali 1. Ist gerade 80 geworden.
Mit freundlichen Grüßen
Heiko Günther (Sohn)
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