Auf der Jagd nach Radiergummi und Tuschpinsel


von Tageblatt-Redaktion

Jana Rietscher von McPaper in Hoyerswerda zeigt, dass man für den Schulanfang eine ganze Reihe von Utensilien benötigt, und das sind noch nicht einmal alle.

Von Anja Wallner

Mit Schulranzen und Zuckertüte - so sind künftige Erstklässler meist auf den Schulanfangsfotos fürs Familienalbum zu sehen. Was man nicht sieht: Für den Schulstart brauchen die Kinder eine ganze Menge mehr. Da müssen Eltern in der Regel etliche Euroscheine in den Nachwuchs investieren. Was genau gebraucht wird, legen die Grundschulen fest, sagt Jana Rietscher, Leiterin der McPaper-Filiale im Hoyerswerdaer Lausitz-Center.

Die Eltern bekommen demnach vor den Sommerferien Listen mit einem Grundstock an benötigten Dingen. Eine Kundin, der gerade für rund 25 Euro Blöcke, Hefter und anderes in eine große Tüte gepackt wird, kommentiert das auf ihre Art: „Die Lehrer haben da jedes Jahr eine neue Macke.“ Jana Rietscher, in deren Geschäft Schulbedarf natürlich derzeit ganz groß beworben wird, arbeitet die Listen häufig gemeinsam mit den Eltern ab. Die seien froh, wenn ihnen jemand beim Zusammensuchen des Materials behilflich ist. Die Filialleiterin rät dazu, mit dem Kauf erst loszulegen, wenn die Eltern die Übersicht über tatsächlich Benötigtes vorliegen haben – auch wenn in vielen Discountern schon seit Wochen günstiger Schulbedarf in den Aktionsregalen liegt. Aber sonst kauft man womöglich doppelt. Grüne Umschläge fürs Matheheft beispielsweise, obwohl die Schule da blau festgelegt hat. „Für jedes Fach sind andere Umschlagfarben festgelegt, damit sich die Kinder leichter zurechtfinden“, weiß Jana Rietscher.

Discounterware sei aber grundsätzlich empfehlenswert. Ganz spezielle Sachen gibt es da aber meist nicht, wie ein Blick ins Aktionsregal zeigt. Da liegen Hefte, klar, aber eben nicht in der für die ganz Kleinen geforderten Lineatur: Fürs Deutschheft Lineatur 1 mit Hilfslinien, fürs Matheheft Lineatur 8f mit großen Kästchen… Und damit die Hefte auch fein gefüllt werden, steht ein Schreiblernfüller auf jeder Bedarfsliste für Erstklässler weit oben (wenn die Schule für Erstklässler nicht zunächst Tintenroller vorschreibt). Die sind leicht, liegen gut in der kleinen Hand und haben eine härtere Feder. Wer sich für einen Markenfüller entscheidet – und das tun die meisten – muss für das Schreibgerät zwischen 12 und 15 Euro hinlegen. Beim Malkasten, je nach Schule Tempera- oder Wasserfarben, steht direkt das Markenprodukt auf der Liste, hat Jana Rietscher beobachtet. „Vielleicht, weil da die Farben kräftiger sind?“, mutmaßt sie. Dazu kommen noch Pinsel, Mischpalette, Blöcke – und ein „Wassertank“ zum Pinselauswaschen für knapp 3,50 Euro. Früher tat es da ein oller Zahnputzbecher…

Der größte Posten dürfte der Ranzen sein, der häufig im Set mit (gefüllter) Federmappe, „Schlamperrolle“, Sporttasche oder Trinkflasche daherkommt. „Die Eltern kaufen auch meist die Sets“, sagt die Fachfrau. Die kosten zwischen 70 und 150 Euro. Als „gängig“ für die meisten Filialkunden seien Ranzensets für 120 Euro, so Jana Rietscher. Die Stifte in den gefüllten Federmappen seien qualitativ nicht schlechter. Nur der Tintenkiller muss meist raus – den wollen die Schulen nicht sehen. „Kinder sind sehr markenbewusst“, hat Jana Rietscher beobachtet. Jedes Jahr sind andere Trickfilmhelden oder Comicfiguren als Aufdrucke bei Ranzen, Hausaufgabenheft und Co. „in“. Oft hätten Eltern keine Chance, ihren Nachwuchs für „zeitlose“ Modelle zu begeistern.

Die Kinder nicht in den Schulsachenkauf einzubeziehen, hält die Filialleiterin aber auch für keine gute Idee. Am schwierigsten seien die Eltern, die genau dies tun und darauf bestehen, ganz genau zu wissen, was am besten ist. Dabei müsse das Kind den Ranzen tragen und mit dem Füller schreiben lernen… Die Schulen hätten übrigens keine „außergewöhnlichen“ Wünsche. Nur dass der Geometriezirkel seit letztem Jahr schon beinahe überall zur Erstausstattung gehört, sei verwunderlich.

Am Ende des Einkaufs ist das elterliche Portmonnaie jedenfalls schätzungsweise um 180 bis 200 Euro leichter. Jana Rietscher hat über die Jahre festgestellt, dass sich die Ausgaben die Waage halten. Ranzen seien sogar etwas günstiger geworden. Was aber tun diejenigen, die für den Schulanfang finanziell auf Hilfe angewiesen sind? Kleidung gibt‘s für Bedürftige in der Kleiderkammer; Lebensmittel können sie sich bei der Tafel abholen. Aber Schulhefte und Turnbeutel? „So etwas wie eine »Tafel« oder »Kleiderkammer«, nur eben für Schulmaterialien, ist uns hier nicht bekannt“, ließ Rathaus-Sprecher Bernd Wiemer wissen. „Bedürftige“, das sind beispielsweise Kinder von Hartz-IV-Beziehern, Beziehern von Hilfe zum Lebensunterhalt, Sozialhilfe, Kinderzuschlag, Wohngeld oder Zuwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Sie erhalten jeweils zu Beginn des Schulhalbjahres einen Zuschuss, um die nötigen Lernmaterialien zu beschaffen, erklärte Landkreis-Sprecher Gernot Schweitzer. Zu Beginn des Schuljahres seien das 70 Euro; zum zweiten Halbjahr 30 Euro. Im Landkreis Bautzen betrifft das aktuell rund 3 900 Kinder. Die Bewilligung läuft über das sogenannte „Bildungspaket“. Hartz-IV-Empfänger erhalten den Zuschuss zusammen mit ihren Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts ausgezahlt, sodass kein extra Antrag gestellt werden muss. Alle anderen Leistungsberechtigten müssen den Lernmittel-Zuschuss gesondert beantragen. Auf der Internetseite des Bundessozialministeriums gibt es eine Broschüre zum „Bildungspaket“ zum Herunterladen.



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