Asyl in der Turnhalle am Rande der Stadt
Von Uwe Schulz
In der Turnhalle am Rande der Stadt geht es sportlich zu. Denn die Zeit sitzt den Männern im Nacken, die aus der seit November 2014 ungenutzten Turnhalle in Hoyerswerdas Schumannstraße eine Asyl-Notunterkunft machen. Es ist Dienstagmorgen. Draußen wird der Eingangsbereich gemalert, drinnen schneiden zwei Arbeiter die Befestigung der Kletterstangen ab und entsorgen sie. Andere schleppen gebrauchte, abschließbare Schränke und neue Matratzen herein. In der nächsten Fuhre dürften die Waschmaschinen und Elektroherde sein. Es muss bis zum Abend nicht alles perfekt sein, aber doch ein gewisser Teil. Denn heute kommen hier die ersten Asylbewerber an. Dr. Günter Hanke von der Betreiberfirma Loesernet.com GmbH weiß inzwischen, dass es zehn Männer aus Balkanstaaten sein werden, die aus dem Erstaufnahmelager in Chemnitz nach Hoyerswerda kommen.
Im Februar zog der Landkreis Bautzen die Notbremse. Hatte man schon Ende 2014 auf Notunterkünfte zurückgreifen müssen, so war Mitte Februar klar, dass dieVerwaltung nicht mehr rechtzeitig reguläre Asylbewerberplätze schaffen kann, um die prognostizierte Zahl von aufzunehmenden Asylbewerbern unterbringen zu können. Im Hoyerswerdaer Asylbewerberheim in der Dillinger Straße sind laut Landkreis-Sprecher Gernot Schweitzer aktuell 118 Personen untergebracht, dezentral in Wohnungen im Stadtgebiet weitere 25 Menschen. Die neuen regulären Unterkünfte in Häslich, Neukirch und Wehrsdorf sind noch nicht fertig. Daher setzt man im Landkreis auf Notunterkünfte. Als bislang letzte davon geht nun die in der weißen Turnhalle in Hoyerswerda in Betrieb. Die Halle gehört dem Kreis. Die Kommunen, so auch Hoyerswerda, haben bei der Unterbringung kein Mitspracherecht.
Zunächst mussten die Leitungen und Anlagen für Wasser, Abwasser, Elektrik und Heizung auf Vordermann gebracht werden. Die Betreibersuche war nicht einfach. Erst in der vergangenen Woche war klar, dass es Loesernet.com sein wird. Dort hat man bislang zwar keine Erfahrung mit Asylbewerberheimen, wohl aber mit Qualifizierungsmaßnahmen, Sprachkursen, der Begleitung von Asylbewerbern, die den Anerkennungsstatus erhalten haben. Auch hatte man in Görlitz schon mal ausländische Krankenschwestern betreut und untergebracht, konnte auf einen gewissen Grundstock von Möbeln zurückgreifen. Der Rest wurde eingekauft. Wobei es offenbar langsam problematisch ist, überhaupt noch Doppelstockbetten zu bekommen.
Fünfzig Personen sollen in der Notunterkunft aufgenommen werden können. Binnen zwei Tagen wurden auf dem abgewetzten Parkett der Turnhalle Trockenbauwände gestellt, sodass 24 Schlafbereiche von 9 bis 12 Quadratmetern entstanden. Die meisten sind mit zwei Betten ausgestattet, dazu Schrank, Tisch und Stühle. Das wars. Türen zu diesen abgetrennten Bereichen gibt es nicht. Nach oben sind sie offen. Wer hier mit offenen Augen im Bett liegt, sieht Lampen, Heizungen und das Ballschutznetz – und je nach Schlafbereich vielleicht auch die nach Norden zeigende, mit Drahtgittern durchzogene Fensterfront, oder einen der beiden Basketballkörbe. Ein Aufenthaltsraum ist noch vorgesehen.
Es gibt die turnhallentypischen Waschräume mit Duschen. In einem anderen Raum sind die Anschlüsse für die Herde zu sehen. Draußen sieht es nicht besser aus. Das Außengelände ist seit Jahren nicht wirklich gepflegt worden. Dr. Hanke würde sich freuen, wenn jemand ein Volleyballnetz zur Verfügung stellt. In der blauen Turnhalle nebenan läuft derweil der Schulsport der Förderschule für Lernbehinderte. Ein Besuch bei der Schulleitung stand für Dr. Hanke gestern genauso auf dem Programm wie der Kontakt zum Bürgerbündnis „Hoyerswerda hilft mit Herz“. Von dessen Arbeit ist Hanke begeistert. Er will mit dem Bündnis zusammenarbeiten.
Zwei Polizisten schauen sich vor Ort um, sprechen mit der Frau, die ihren Arbeitsplatz im Bürocontainer im Eingangsbereich hat. Die Asylbewerber-Notunterkunft und ihr Umfeld dürften ab sofort bei den Streifenfahrten öfter angesteuert werden. Einen Angriff auf das unbelegte Heim gab es vor einigen Tagen. Die Täter konnten gefasst werden. Auf dem Glascontainer an der Zufahrt zum Gelände steht aber immer noch, dass hier jemand nicht willkommen sei. Es ist davon auszugehen, dass der Sprayer die Asylbewerber meinte.
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