Abrisspläne für Hoyerswerdas WK III

Von Mirko Kolodziej
Als Hoyerswerdas Stadtrat vor einem Jahr das aktuelle Stadtentwicklungskonzept Seko beschlossen hat, war darin bezüglich des Bevölkerungsrückganges unter anderem die „notwendige Konzentration des Stadtraumes auf einen zentralen Kern (Rückbau von außen nach innen)“ festgeschrieben. So kennt man das in Hoyerswerda seit einigen Jahren. Der Abriss des WK X sowie großer Teile der WK IX und VIII sind beredte Beispiele für das Bestreben, die Stadt vom Rand her zu schrumpfen. „Es wird zunehmend schwieriger, dieser Entwicklung gerecht zu werden“, sagt nun OB Stefan Skora (CDU).
Ausdruck dessen ist der Umstand, dass der Satz „Die Kernbereiche WK I, WK II und WK III sollen komplett erhalten werden“ im Seko 2013 schon in „... sollen in ihren grundsätzlichen Strukturen erhalten werden“ geändert wurde. Nunmehr, wo im nächsten Monat die Fördermittel aus dem Programm „Stadtumbau Ost“ für den Abriss der Jahre bis 2018 beantragt werden müssen, ist klar: Zumindest der WK III wird arg gezaust werden. Neun Blöcke mit insgesamt 280 Wohnungen sollen hier zwischen 2016 und 2018 weichen. Noch sind sie gut bewohnt – obwohl meist nicht saniert, sondern nur teilmodernisiert.
Die Absicht der Wohnungsgesellschaft (WH), den Bagger im Innenbereich anrücken zu lassen, hat im Januar in einer damit befassten Sitzung der immer hinter verschlossenen Türen tagenden Arbeitsgruppe Stadtentwicklung beim Stadtrat durchaus zu kontroversen Diskussionen geführt. Letztlich gab es aber die Empfehlung, grünes Licht zu geben. Die endgültige Entscheidung liegt übernächste Woche beim Stadtrat. Für die Wohnungswirtschaft in der Stadt werden allerdings die Alternativen knapp. Es ist nicht nur so, dass am Stadtrand immer weniger unsanierte, also nicht mit Krediten belastete Wohnblöcke zur Verfügung stehen. Ginge es nur darum, müsste man wohl zumindest den Abriss des sanierten Hauses Herderstraße 2 bis 6 streichen.
Es gibt auch andere Abriss-Hindernisse, so die 2010 getroffene Entscheidung des Stadtrates, dem Hochhaus am Knie mit seinen 126 Wohnungen bis 2025 Bestandsschutz einzuräumen. Anderes kommt dazu. „Wir müssen auch auf die Wohnungsgrößen achten“, sagt zum Beispiel WH-Chefin Margitta Faßl. So geht es nun vor allem den im Verhältnis immer weniger gut nachgefragten Dreiraum-Wohnungen an den Kragen. Knapp sind bekanntlich eher kleinere und größere Appartements mit zwei beziehungsweise vier Zimmern. Doch wenn die nun zufällig am Stadtrand stehen, kann man sie schlecht nur deshalb wegreißen. Und so wird es neben Abrissen am relativen Stadtrand, etwa in der Scharnhorststraße 67 bis 87 im WK IX, in der Melanchtonstraße 16 bis 20 im WK VII oder in der Franz-Liszt-Straße 35 bis 41 im WK IV eben auch Blöcke wie jene zwei in der Semmelweißstraße 2 bis 6 und 11 bis 17 im WK V treffen. Im WK IV sind die Häuser Wagnerstraße 8 bis 12, Bachstraße 18 bis 22 und Haydnstraße 4 bis 6 für den Abriss vorgesehen.
Die Bewohner dieser drei Blöcke haben vor einigen Jahren jeweils schon Nachbarhäuser verschwinden sehen. Damals geschah das nach dem Prinzip, das Oberbürgermeister Stefan Skora nun für die Abrisse im WK III mit den Worten umschreibt: „Das sind vorwiegend Bereiche, in denen es das Gesamtbild nicht so stört.“ Gemeint sind die sogenannten „Augenblöcke“, deren Abriss keine großen Brachen, sondern eher größere, grüne „Innenhöfe“ zwischen den verbleibenden Häusern schafft. Abgesehen vom Hochhaus-Teil Albert-Schweitzer-Straße 20 bis 22 und vom Block Brechtstraße 1 bis 5 im WK III wird man die Abrisse der Jahre 2014 bis 2018 von den Hauptverkehrsstraßen aus wohl kaum bemerken.
Die Mehrzahl dieser Arbeiten wird auf das Konto der WH gehen. Die LebensRäume-Genossenschaft hat derzeit eine derartig niedrige Leerstandsquote, dass sie sich auf die Scharnhorststraße im WK IX beschränkt. Doch der Bevölkerungsrückgang hält an. Er fußt inzwischen immer weniger darauf, dass mehr Menschen weg- als herziehen. Hier ist der Einwohnerverlust von 1 800 Menschen im Jahr 2000 auf nicht mal mehr 400 im Jahr 2012 gesunken. Ein anderes Problem aber wächst: Die Zahl der Geburten wiegt die der Sterbefälle bei Weitem nicht auf. Betrug die Differenz im Jahr 2000 hier nicht einmal 200 Menschen, waren es 2012 schon knapp 300.
Und entsprechend der Statistik dürfte die Überalterung wohl vor allem auf die derzeit noch knapp 1 800 Bewohner des WK III zutreffen. Hier betrug der Anteil der Bewohner im Alter von über 60 Jahren schon 2011 rekordverdächtige 55 Prozent. Zum Vergleich: In der gesamten Stadt waren es 39 Prozent. Man darf also vermuten, dass die einst von Familien bewohnten Dreizimmer-Appartements im WK III heute oft Einpersonen-Haushalte mit Witwen und Witwern sind. Auch das ist eine der Überlegungen, die nun sehr wahrscheinlich zur Ausdünnung jenes Viertels führen, das vom Lausitzer Platz aus am schnellsten zu erreichen sein dürfte. Generell aber, sagen sowohl WH-Chefin Margitta Faßl als auch OB Stefan Skora, wolle man trotzdem am Prinzip „von außen nach innen“ festhalten. „Das ist beim Stadtumbau eines unserer Hauptziele“, erklärt der Oberbürgermeister.
Kommentare zum Artikel:
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weigelt schrieb am
Sehr geehrter Herr Skora,
mit großer Verwunderung haben wir von den Plänen erfahren im WK III Wohnungen abzureißen, die beinahe zu 100 % vermietet sind. Unsere Eltern/Schwiegereltern wohnen dort seit vielen Jahren.
Manche Mieter gar 50 Jahre. Wir kennen das Wohngebiet und es ist uns bekannt, dass noch vor kurzer Zeit Wohnungen an neue Mieter vermietet wurden. Was hier im stillen Kämmerlein, ohne Beteiligung der Betroffenen „beschlossen“ wurde ist ein Skandal.
Wir zitieren aus Ihrer Antrittsrede vom 03.11.2006
„Sie erwarten von mir Engagement und Ehrlichkeit – ich wünsche mir
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihnen – mit den Damen und Herren
Stadträten, den engagierten Bürgerinnen und Bürgern in den Vereinen
und Verbänden, mit den Kirchen, mit allen Menschen in der
Stadt und der Region.“
„In diesem Zusammenhang ist die Förderung jeglicher Art von
Eigenverantwortung bei der Ãœbernahme und Betreibung von
Vereinshäusern, Sport- und Versammlungsstätten sowie die
frühzeitige Bürgerbeteiligung am Stadtumbauprozess durch
transparente Stadtentwicklungskonzepte zu intensivieren.“
Wir suchen vergeblich die Einheit Ihrer Worte mit Ihren Taten.
Ja, wir sprechen Sie ganz persönlich an, auch wenn wir „nur mittelbar betroffen sind“,
aber unsere Eltern/Schwiegereltern und die vielen Menschen die Ihnen vertraut haben, die sind betroffen und enttäuscht. Das Alles so kurz nach der Wahl!!!
Wir erlauben uns Ihnen und den Mitwirkenden dieses „offene Gedicht“ zu übersenden und hoffen sehr, dass Sie diese Pläne nicht weiter unterstützen.
Schämt Euch
Leute seit Ihr noch gescheit
Im stillen Kämmerlein
Heckt ihr die Abrisspläne aus
Ich finde das gemein
Die Menschen haben Euch vertraut
und nun ? – kurz nach der Wahl
Wird einfach so mal mitgeteilt
Das ist mehr als fatal
Nein - Ehrlichkeit sieht anders aus
Die Macht ist nur geborgt
Der Bürger hat nicht das Gefühl
dass Ihr Euch um Ihn sorgt
Zusammen sagt Ihr: „Alt und Jung“
Der Plan sieht anders aus
So Mancher wohnt hier 50 Jahr
und sie werft Ihr hinaus
Die Art und Weise die ist schlimm
Ich denk: „So geht das nicht!“
Ein Mensch der so mit Menschen spielt
Der schäme sich
Mit freundlichen Grüßen
frank & beate weigelt
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