Abrisspläne für Hoyerswerdas WK III


von Tageblatt-Redaktion

Von 2016 bis 2018 will die Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda im WK III die hier schraffierten neun Wohnblöcke abreißen lassen.
Von 2016 bis 2018 will die Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda im WK III die hier schraffierten neun Wohnblöcke abreißen lassen.

Von Mirko Kolodziej

Als Hoyerswerdas Stadtrat vor einem Jahr das aktuelle Stadtentwicklungskonzept Seko beschlossen hat, war darin bezüglich des Bevölkerungsrückganges unter anderem die „notwendige Konzentration des Stadtraumes auf einen zentralen Kern (Rückbau von außen nach innen)“ festgeschrieben. So kennt man das in Hoyerswerda seit einigen Jahren. Der Abriss des WK X sowie großer Teile der WK IX und VIII sind beredte Beispiele für das Bestreben, die Stadt vom Rand her zu schrumpfen. „Es wird zunehmend schwieriger, dieser Entwicklung gerecht zu werden“, sagt nun OB Stefan Skora (CDU).

Ausdruck dessen ist der Umstand, dass der Satz „Die Kernbereiche WK I, WK II und WK III sollen komplett erhalten werden“ im Seko 2013 schon in „... sollen in ihren grundsätzlichen Strukturen erhalten werden“ geändert wurde. Nunmehr, wo im nächsten Monat die Fördermittel aus dem Programm „Stadtumbau Ost“ für den Abriss der Jahre bis 2018 beantragt werden müssen, ist klar: Zumindest der WK III wird arg gezaust werden. Neun Blöcke mit insgesamt 280 Wohnungen sollen hier zwischen 2016 und 2018 weichen. Noch sind sie gut bewohnt – obwohl meist nicht saniert, sondern nur teilmodernisiert.

Die Absicht der Wohnungsgesellschaft (WH), den Bagger im Innenbereich anrücken zu lassen, hat im Januar in einer damit befassten Sitzung der immer hinter verschlossenen Türen tagenden Arbeitsgruppe Stadtentwicklung beim Stadtrat durchaus zu kontroversen Diskussionen geführt. Letztlich gab es aber die Empfehlung, grünes Licht zu geben. Die endgültige Entscheidung liegt übernächste Woche beim Stadtrat. Für die Wohnungswirtschaft in der Stadt werden allerdings die Alternativen knapp. Es ist nicht nur so, dass am Stadtrand immer weniger unsanierte, also nicht mit Krediten belastete Wohnblöcke zur Verfügung stehen. Ginge es nur darum, müsste man wohl zumindest den Abriss des sanierten Hauses Herderstraße 2 bis 6 streichen.

Es gibt auch andere Abriss-Hindernisse, so die 2010 getroffene Entscheidung des Stadtrates, dem Hochhaus am Knie mit seinen 126 Wohnungen bis 2025 Bestandsschutz einzuräumen. Anderes kommt dazu. „Wir müssen auch auf die Wohnungsgrößen achten“, sagt zum Beispiel WH-Chefin Margitta Faßl. So geht es nun vor allem den im Verhältnis immer weniger gut nachgefragten Dreiraum-Wohnungen an den Kragen. Knapp sind bekanntlich eher kleinere und größere Appartements mit zwei beziehungsweise vier Zimmern. Doch wenn die nun zufällig am Stadtrand stehen, kann man sie schlecht nur deshalb wegreißen. Und so wird es neben Abrissen am relativen Stadtrand, etwa in der Scharnhorststraße 67 bis 87 im WK IX, in der Melanchtonstraße 16 bis 20 im WK VII oder in der Franz-Liszt-Straße 35 bis 41 im WK IV eben auch Blöcke wie jene zwei in der Semmelweißstraße 2 bis 6 und 11 bis 17 im WK V treffen. Im WK IV sind die Häuser Wagnerstraße 8 bis 12, Bachstraße 18 bis 22 und Haydnstraße 4 bis 6 für den Abriss vorgesehen.

Die Bewohner dieser drei Blöcke haben vor einigen Jahren jeweils schon Nachbarhäuser verschwinden sehen. Damals geschah das nach dem Prinzip, das Oberbürgermeister Stefan Skora nun für die Abrisse im WK III mit den Worten umschreibt: „Das sind vorwiegend Bereiche, in denen es das Gesamtbild nicht so stört.“ Gemeint sind die sogenannten „Augenblöcke“, deren Abriss keine großen Brachen, sondern eher größere, grüne „Innenhöfe“ zwischen den verbleibenden Häusern schafft. Abgesehen vom Hochhaus-Teil Albert-Schweitzer-Straße 20 bis 22 und vom Block Brechtstraße 1 bis 5 im WK III wird man die Abrisse der Jahre 2014 bis 2018 von den Hauptverkehrsstraßen aus wohl kaum bemerken.

Die Mehrzahl dieser Arbeiten wird auf das Konto der WH gehen. Die LebensRäume-Genossenschaft hat derzeit eine derartig niedrige Leerstandsquote, dass sie sich auf die Scharnhorststraße im WK IX beschränkt. Doch der Bevölkerungsrückgang hält an. Er fußt inzwischen immer weniger darauf, dass mehr Menschen weg- als herziehen. Hier ist der Einwohnerverlust von 1 800 Menschen im Jahr 2000 auf nicht mal mehr 400 im Jahr 2012 gesunken. Ein anderes Problem aber wächst: Die Zahl der Geburten wiegt die der Sterbefälle bei Weitem nicht auf. Betrug die Differenz im Jahr 2000 hier nicht einmal 200 Menschen, waren es 2012 schon knapp 300.

Und entsprechend der Statistik dürfte die Überalterung wohl vor allem auf die derzeit noch knapp 1 800 Bewohner des WK III zutreffen. Hier betrug der Anteil der Bewohner im Alter von über 60 Jahren schon 2011 rekordverdächtige 55 Prozent. Zum Vergleich: In der gesamten Stadt waren es 39 Prozent. Man darf also vermuten, dass die einst von Familien bewohnten Dreizimmer-Appartements im WK III heute oft Einpersonen-Haushalte mit Witwen und Witwern sind. Auch das ist eine der Überlegungen, die nun sehr wahrscheinlich zur Ausdünnung jenes Viertels führen, das vom Lausitzer Platz aus am schnellsten zu erreichen sein dürfte. Generell aber, sagen sowohl WH-Chefin Margitta Faßl als auch OB Stefan Skora, wolle man trotzdem am Prinzip „von außen nach innen“ festhalten. „Das ist beim Stadtumbau eines unserer Hauptziele“, erklärt der Oberbürgermeister.



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Kommentare zum Artikel:

Uwe Herrmann schrieb am

Hier wird eine Riesenschweinerei ausgeheckt. Wer denkt an die Panik der alten Menschen, die seit 50 Jahren in ihrer Wohnung leben? Wer hat im Vorfeld der Entscheidungen mit ihnen gesprochen? Von wegen christlich/sozial! Wie vieles, wird in der Stadt hinter verschlossenen Türen verhandelt und der Bürger entmündigt. Gibt es eigentlich noch eine Schamgrenze für die Stadtpolitiker?

Rita schrieb am

Ich muss Uwe Herrmann und den anderen total Recht geben. Ich habe gedacht, ich lese nicht richtig, als ich diesen Artikel sah!
Gerade in den WKs I - IV leben sehr viele alte Menschen schon seit Jahrzehnten. Diese alten Menschen sollen jetzt ihre Wohnungen, ihr gesamtes Wohnumfeld verlassen - unglaublich!!! Gerade das WK III ist zentrumsnah, ideal für ältere Menschen. Was hier in dieser Stadt abgeht, ist nicht mehr normal!

Günter Hänsch schrieb am

Abrisspläne für diesen schön begrünten, lebenswerten, voll bewohnten und zentrumsnahen WK III?
Sind WH-Chefin und OB wirklich so lebensfremd, dass sie nicht merken, welches Eigentor sie schießen? Ich glaub´ es nicht.Woher, bittschön, sollen 280 Ersatzwohnungen kommen? Oder rechnet man mit zeitnaher biolgischer Entsorgung rechtschaffener Altmieter, die zufrieden über 50 Jahre hier gelebt haben und gerne noch eine Weile in ihrer vertrauten Umgebung bleiben möchten?
Oder man will Freiflächen schaffen für die Ansiedlung neuer Wolfsrudel. Fuchs und Hase sind schon da.

micha schrieb am

Abriss des WK3? Ich denke das man uns hier übers Ohr hauen will und man Spekuliert. Wenn man den Bürgermeister und seiner Gehilfin weiter machen lässt stirbt die ganze Stadt aus. Mit welchem Recht werden die Einwohner gezwungen umzuziehen wo sie 50 Jahre gewohnt haben. Das nennt man Diktatur ! oder CDU? Mit Herrn Brähmig wär es nicht so gekommen, denn er war ehrlich zu den Einwohnern und ein echter Bürgermeister.
Wie Herr Hänsch schon schreibt sind Wölfe beliebter als Familien mit Kindern und deren Eltern.

Detlef Degner schrieb am

Es ist schon deprimierend mit welcher Hartnäckigkeit Verantwortliche des Landes Sachsen (Staatsministerium für Wirtschaft Arbeit und Verkehr) und der Stadt immer wieder den Untergang der Region und der Stadt Hoyerswerda in den Vordergrund rücken. Die letzten Beiträge in der SZ/TB vom 6.4.2014 (Thema Seenland Tourismus), SZ/TB vom 14./15.06.2014 (Thema Abrißpläne für Hoyerswerda WK III), ständige Verweise auf Schrumpfung und Vergreisung unserer Stadt sind absolut kontraproduktiv. Die Bürgerseele macht sich Luft und kritisiert die mangelhafte Aktivität der Verantwortlichen mit recht (s. SZ/TB v. 17.06.2014 S. 14 "Meinungen"). Hinzu kommt noch der Alt- Neustadt Konflikt.
Die seit langen zu beobachtende Entwicklung hat doch Gründe - mangelnde Aktivitäten zur produktiven wirtschaftlichen Sanierung bzgl. Arbeitsplätze (nicht nur Tourismus, welcher von Landesverantwortlichen auch nicht so favorisiert behandelt wird). So beschreiben die Beiträge von Marcel Meier und Tony Weniger (SZ/TB v. 17.06.2014 S.14 (Meinungen") das 100%ige Übel.
Es ist an der Zeit umzudenken und alles zu versuchen einem industriellen mittelständischen Aufschwung zu erkämpfen. Das ist nicht einfach, aber versuchen sollte man es nach dem Motto "Klinken putzen". Dafür sollten sich Stadtverwaltung und alle Fraktionen massiv einsetzen.

Detlef Degner

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