„Wir müssen einfach durchhalten“


von Tageblatt-Redaktion

Andreas Wagner und Bianka Pralow kennen die goldenen Zeiten des Hoyerswerdaer Fanfarenzugs. Es ist schwieriger geworden, Mitglieder zu bekommen und auch zu halten.
Andreas Wagner und Bianka Pralow kennen die goldenen Zeiten des Hoyerswerdaer Fanfarenzugs. Es ist schwieriger geworden, Mitglieder zu bekommen und auch zu halten.

Im Keller des Vereinshauses in der Liselotte-Herrmann-Straße sind die Erfolge der Vergangenheit zu sehen. Medaillen, Pokale, Wimpel und zahlreiche Fotografien.

Es sind vor allem diese Bilder, die jemanden wie Andreas Wagner ein wenig wehmütig stimmen. Er zeigt auf eines der verblichenen Farbfotos. Da sieht man junge Menschen mit Fanfaren und Marschtrommeln auf der Bautzener Allee, in Fünferreihen marschierend. „Wir waren einmal so viele“, meint der 47-Jährige und zeigt auf weitere Gruppenfotos, auf denen weit über hundert Musiker abgebildet sind.

In den besten Jahren des Hoyerswerdaer Fanfarenzuges waren es weit über 150 Musiker. Eine Zeit, die noch gar nicht so lange zurückliegt. Da war das Ensemble häufig auf Achse, in ganz Deutschland, in Europa. Wagner schwärmt noch von so manchen Auftritten in Frankreich, Holland oder Italien. „Wie wir da empfangen wurden, das war unglaublich“, blickt er zurück. Auf internationalen Wettbewerben hagelte es Medaillen, sogar goldene. Für die flotte Musik, für die Showvorführungen. In Sachsen hatten die Hoyerswerdaer ein Abonnement auf die Meisterschaft, elfmal waren sie Sachsenmeister.

Und jetzt? Die mitgliederstarken Zeiten sind passé, gegenwärtig ist die Zahl der Mitglieder recht überschaubar, da hat jemand wie Andreas Wagner nun keine Mühe, sich alle Namen zu merken. 27 Aktive sind es. Der jüngste ist fünf, der älteste 53 Jahre alt. Bianka Pralow hat sie auch mitgemacht, die goldenen Zeiten. Die stellvertretende Vorsitzende bläst seit 17 Jahren die Fanfare. Sie versucht zu erklären, warum man nun über jeden froh ist, der mitmachen möchte. Es ist eine Zustandsbeschreibung, die so typisch für das Vereinsleben in Deutschland ist: Es fehlt schlicht und ergreifend an Nachwuchs.

Und das hängt nicht alleine nur mit dem demografischen Wandel zusammen. Spielmannszüge haben es im Vergleich zu Sportvereinen einfach schwerer, junge Menschen fürs Musizieren zu begeistern. Der Grund: „Beim Fußball sind Erfolge schneller zu erkennen“, beschreibt es Andreas Wagner. Wer in den Fanfarenzug eintritt, der kommt am Anfang nicht so schnell voran wie in einem Sportverein.

Da kommen bei den Übungsstunden erst mal die Töne falsch aus der Fanfare, geraten die Trommelschläge durcheinander. Da braucht es viel Geduld – und Zeit. Was ja auch ein Problem in dieser schnelllebigen Gesellschaft ist. Die 28-jährige Bianka Pralow erzählt, dass man schon ein halbes Jahr üben müsse, mindestens, um ein Lied fehlerfrei spielen zu können. Vielleicht sollte der Verein sich dem Zeitgeist beugen, denn gefragt ist in der heutigen Vereinswelt die Kombination von Sport und Wellness. Zuwachsraten haben Vereine, die Trendsportarten anbieten, Zumba zum Beispiel.

Wagner und andere Vereinsmitglieder rühren auf fast klassische Art die Werbetrommel für ihren Verein. „Wir gehen in die Grundschulen, machen da auf uns aufmerksam“, beschreibt Bianka Pralow. Was man natürlich auch mit den Auftritten erreicht. Im vergangenen Jahr waren es 23, zumeist in der Region. In den guten Jahren waren es mehr als doppelt so viel. Da empfanden sich die Bläser und Trommler des Fanfarenzuges als Werbeträger der Stadt.

Seien sie gewissermaßen auch jetzt noch, findet es Andreas Wagner, der schon zu Vorwendezeiten die Trommel schlug und nach der Wende mithalf, den Fanfarenzug des Pionierhauses „Grete Walther“ in einen Verein umzuwandeln.

Sicher, die Zukunft werde nicht einfacher, steht für Wagner und Pralow fest. „Da müssen wir einfach durchhalten“, so Wagner. Darauf vertrauen, dass die mitgliedermäßig gesehene Durststrecke irgendwann ein Ende hat. Das letzte Lied sei jedenfalls noch lange nicht gespielt, so Wagner. Nicht zuletzt auch, weil der Verein zahlreiche Freunde und Förderer hat. Etliche Sponsoren habe man selbstverständlich auch. Diese Kontakte müssen gepflegt werden. „Wir laden im Dezember unsere Sponsoren zum Brunch ein“, so Wagner. Da gebe es immer Spezialitäten aus den Ländern, in denen man aufgetreten sei.



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Bitte addieren Sie 5 und 1.