Wie sieht die Zukunft der Feuerwehren aus?


von Tageblatt-Redaktion

Die Löschwasserverteilung gehört bei größeren Einsätzen dazu, auch künftig. Doch über zukunftsfähige Feuerwehrstrukturen muss jetzt nachgedacht werden.
Die Löschwasserverteilung gehört bei größeren Einsätzen dazu, auch künftig. Doch über zukunftsfähige Feuerwehrstrukturen muss jetzt nachgedacht werden. Foto: Archiv/US

Dieter Kowark fürchtet um die Zukunft der Feuerwehren. Nicht seit heute, nicht seit vorigem Jahr, sondern schon geraume Zeit. Er ist Chef der Hoyerswerdaer Berufsfeuerwehr und einer von sechs stellvertretenden Kreisbrandmeistern im Landkreis Bautzen. Er weiß, wovon er redet. Die kleinen und großen Probleme der Feuerwehren kennt er gut. Doch das größte von allen wird immer wieder wegdiskutiert: Es wird der Tag kommen, an dem bei einem Brand oder Verkehrsunfall kein Feuerwehrmann da ist, um zu retten oder zu löschen – oder aber erst spät am Einsatzort einer eintrifft, weil die Einsatzfahrzeuge nicht in der vorgeschriebenen Sollstärke oder gar nicht besetzt werden konnten. Viele Feuerwehren können schon jetzt nicht mehr die Tageseinsatzbereitschaft sichern, doch dies wird vielfach hingenommen.

Gibt es zu wenig Feuerwehrleute?
Schaut man allein auf die Zahl der Feuerwehrdepots, der Einsatzfahrzeuge und der Mitgliederzahlen der Freiwilligen Feuerwehren, fragt man sich: Was soll das Barmen - es ist doch von Material und Menschenkraft her genügend da. Aber auch in der Ausrüstung und Technik gibt es noch erheblichen Investitionsbedarf. In den Rathäusern und bei vielen Feuerwehren selbst weiß man aber, dass am Tag immer weniger Feuerwehrleute tatsächlich in der Lage sind, mit den bereitstehenden Fahrzeugen auszurücken. Die Leute sind arbeiten, viele eben nicht im Ort, sondern außerhalb. Es werden immer weniger, die die Fahrzeuge besetzen können. Nachwuchs- und Ausbildungsprobleme werden zudem immer spürbarer.

Wie könnte man das Problem lösen?
Dieter Kowark unterstützt eine Initiative aus Weißwasser, die sich mit der Bildung von Stützpunktfeuerwehren befasst. Es geht darum, Spezial- und Sondertechnik bei größeren Feuerwehren zu stationieren, welche entsprechendes Personal rund um die Uhr zur Verfügung haben. Das können sowohl Berufs- als auch Freiwillige Feuerwehren sein. Brandenburg verfährt so. Stützpunktfeuerwehren gibt es beispielsweise in Spremberg und Senftenberg. In der Senftenberger Wehr ist sie mit Berufskräften besetzt, in Spremberg mit freiwilligen. Dieter Kowark: „Wir wollen Lösungen aufzeigen.“ Stützpunktfeuerwehren gibt es laut Dieter Kowark in anderen Bundesländern und vielen Ländern der EU.

Welche Vorteile haben Stützpunktfeuerwehren?
Es sind jederzeit Einsatzkräfte kurzzeitig verfügbar, die Wehr kann sofort zum Erstangriff ausrücken, bringt notwendige Spezialtechnik mit entsprechendem Personal vor Ort. Das Land Brandenburg fördert beispielsweise die Ausstattung der Stützpunkte stärker, die neben der Grundausstattung auch Spezialtechnik vorhalten können. Bei den Drehleitern und Hubsteigern funktioniert das beispielsweise rund um Hoyerswerda schon ähnlich. Kamenz und die Vattenfall-Feuerwehr haben Hubsteiger, die BF Hoyerswerda eine Drehleiter. Kommt es irgendwo im Umland zu Einsätzen, bei denen eines dieser Spezialfahrzeuge benötigt wird, dann wird es von der Leitstelle dorthin geschickt. Da muss sich nicht jede Gemeinde eine Drehleiter zulegen. Eine schlagkräftige Wehr ist attraktiv für Nachwuchs- und Führungskräfte zugleich.

Sollen die kleinen freiwilligen Wehren aufgelöst werden?
Nein, sie sollen die Stützpunktfeuerwehren unterstützen, denn sie verfügen über die notwendige Ortskenntnis und sind für den dörflichen Zusammenhalt und das Vereinsleben wichtig. Allerdings wären eben nicht mehr alle Spezial- und Sonderfahrzeuge in der Fläche verteilt. Andererseits würden die Stützpunktwehren ja von den Freiwilligen Wehren personell mitgespeist werden. Vielerorts gibt es aber schon Probleme Führungsfunktionen bei den Gemeinde- und Ortsfeuerwehren zu besetzen, ohne diese kann aber eine Feuerwehr nicht funktionieren.

Was sagt die Politik zu dem Thema?
Im Innenministerium löscht man derzeit ein Feuer nach dem nächsten. Der größte Brand ist, dass die Software für die Großleitstellen Dresden, Hoyerswerda und für die Lehrleitstelle an der Landesfeuerwehrschule nicht zum Laufen kommt. Der Schaden ist enorm. Die teilweise von der Schule an die Berufsfeuerwehren ausgelagerte Ausbildung wurde wieder aufgegeben. Für die BF Hoyerswerda rechnet sich diese Zusammenarbeit mit dem Freistaat nicht und es fehlen auch die personellen Kapazitäten. Für den Brandschutz der Zukunft hat man derzeit nicht so recht Nerven. Bautzens Landrat Michael Harig begrüßt die Stützpunkt-Debatte, freilich unter der Maßgabe, die einzelnen Wehren als solche zu erhalten. Die Wehren von Hoyerswerda und Weißwasser wollen nun Unterstützung für das Projekt einwerben.

Muss das Brandschutzgesetz geändert werden?
Die Befürworter der Stützpunktfeuerwehren sagen: Ja. Bislang ist jede Kommune für den Brandschutz auf ihrem Territorium selbst zuständig. Jede hat Brandschutzbedarfspläne und kooperiert auf der Grundlage von Löschhilfevereinbarungen auch mit anderen Feuerwehren/Gemeinden. Doch bei freiwilligen Zusammenschlüssen gibt es keine Unterstützung vom Freistaat. Der Freistaat sollte gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept zur Zukunft des Feuerwehrwesens erarbeiten und dann entsprechende gesetzliche Regelungen schaffen. Leider haben zahlreiche Arbeitsgruppen und Initiativen in der Vergangenheit nicht den notwendigen Erfolg gebracht. Wir brauchen gemeinsame Lösungen für die Zukunft des Brandschutzes im Freistaat Sachsen. Die Kommunen können zukünftig diese Aufgaben allein nicht mehr bewältigen.



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Kommentare zum Artikel:

Heiko A. schrieb am

Ich finde die Idee relativ gut, so mal ich als Ex-Laubuscher die Situation im Umland sehr gut kenne. Allerdings frage ich mich, in welcher Art und Weise "größere" Feuerwehren in kurzer Zeit große Einsatzgebiete abdecken wollen. Ich finde, man müsste vielmehr auf die Unternehmen zugehen, die Feuerwehrleute beschäftigen. Sie müsste man darum beten, dass die Kameraden zum Einsatz fahren dürfen, denn sie tun letztendlich nur eins: Mensch, Tier und Umwelt retten wie schützen! Auch sollte man den Themenschwerpunkt "Demografischer Wandel" begutachten. Hoyerswerda verliert immer mehr Einwohner. Langfristig wird auf die Privatisierung des Brandschutzwesens nicht verzichten können, ist jedenfalls meine Meinung. Zudem: Die jungen Menschen ziehen nicht freiwillig aufs Land, wenn es unattraktiv ist und die Mobilität durch Bus und Bahn nicht optimal gestaltet ist. Auch: Wenn keine Firmen da sind, warum sollten gerade junge Menschen dann das Land der Stadt vorziehen? Ich meine: Wenn man schon über Stützpunktfeuerwehren diskutiert, muss man auch anderen Schwerpunkte mit in die Diskussion und die Gestaltung solcher Stützpunkte einbeziehen! Ich bin mal gespannt, was kommen wird.

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