Warum Sana im Klinikum das Sagen hat


von Tageblatt-Redaktion

Hier soll kuenftig Sana das Bestimmen haben - der Hoyerswerdaer Stadtrat war einverstanden
Hier soll kuenftig Sana das Bestimmen haben - der Hoyerswerdaer Stadtrat war einverstanden

Von Mirko Kolodziej

Womöglich ist es dem Hoyerswerdaer Stadtrat Michael Mandrossa (CDU) ja entgangen, dass der Schwarzkollmer Krabatmühlen-Verein nur deswegen eine halbe Million Euro in Sitztribünen und den Wiederaufbau einer denkmalgeschützten Scheune stecken kann, weil die Sana Kliniken AG im Mai eine Bürgschaft zugesagt hat. Sonst hätte er vorige Woche vielleicht nicht formuliert: „Es wäre mein Wunsch, dass die Stadt den einen oder anderen Cent vom Gewinn des Klinikums sieht.“

In der letzten Sitzung der Wahlperiode 2009 bis 2014 hatte der Stadtrat über ein Papier zu befinden, das im Mai von der Tagesordnung geflogen war, weil es den Räten zu kurzfristig zuging. Und man kann nicht sagen, dass die „Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftern der Lausitzer Seenlandklinikum GmbH“ unumstritten wäre. Sie wurde letztlich zwar mit 14 Ja-Stimmen beschlossen. Aber das war knapp. Die sieben anwesenden Räte der Linksfraktion stimmten ebenso dagegen wie Michael Mandrossa und Katrin Kiefel (fraktionslos). Dr. Christian Tappert (SPD) sowie Martin Schmidt und Dr. Gitta Kaltschmidt (beide CDU) enthielten sich.

Dabei hatten die Sana Kliniken AG als 49-Prozent-Partner und die Stadt in persona der Bürgermeister Stefan Skora und Thomas Delling sowie der Stadträte Frank Hirche (CDU) und Uwe Blazejczyk (SPD) viel Hirnschmalz in das nur fünfseitige Papier gesteckt. In seiner Präambel ist davon die Rede, dass „Meinungsverschiedenheiten“ auszuräumen sind.
Man schaltete sogar den Dresdener Rechtsanwalt Claus Ludwig Meyer-Wyk als Schlichter ein. „Die strategische und operationelle Führung liegt bei der Sana“, erklärte er den Stadträten vorige Woche noch einmal einen der Kernpunkte des Klarstellungspapiers. Dieses war nötig geworden, weil Stadt und Sana unterschiedliche Auffassungen über ihre Rechte und Pflichten hatten. Der Geschäftsanteils- und Abtretungsvertrag sowie Konsortial- und Gesellschaftsvertrag (alle drei zur Teilprivatisierung 2009 abgeschlossen) ließen wohl zu viel Interpretations-Spielraum zu. Streit gab es seither zum Beispiel um Investitionsverpflichtungen oder um Fragen der Geschäftsführer-Berufung.

Nun ist unter anderem klar geregelt: Sana trägt die wirtschaftliche Verantwortung allein und beansprucht daher auch die unternehmerische Führung. Auch das alleinige Gewinnbezugsrecht liegt bei der Aktiengesellschaft im Besitz privater Krankenkassen. Im Gegenzug hat Sana zu gewährleisten, was Thomas Delling in die Worte fasst: „Hauptpflicht ist, dafür zu sorgen, dass die Entwicklung des Klinikums positiv ist und dass die medizinische Versorgung sichergestellt ist.“ So ganz selbstverständlich ist das nicht, haben doch unter steigendem Kostendruck in den letzten zwanzig Jahren deutschlandweit 400 Kliniken schließen müssen. Sana garantiert für das Seenland-Klinikum aber sogar die Abwendung einer eventuellen Pleite – die derzeit nicht zu befürchten steht. 2011 lag der Jahresüberschuss bei fast fünf Millionen Euro, 2012 und 2013 jeweils bei rund 2,5 Millionen.

Das weckt offensichtlich Begehrlichkeiten wie die eingangs genannte. Doch bis Ende 2012 hat es keine Gewinnausschüttungen gegeben. Stattdessen wurden nach Angaben der Stadtverwaltung zwischen 2009 und 2013 rund 35 Millionen Euro ins Klinikum investiert. Sana verspricht nicht nur, sämtliche Investitionen im Haus zu belassen, sondern bis 2018 zehn weitere Millionen ins Klinikum zu stecken.
Allerdings hat das eben seinen Preis. Die Zusatz-Vereinbarung listet konkret Fälle auf, in denen Sana allein entscheiden darf. Die Stadt hat in der Gesellschafterversammlung dann entweder mit den Sana-Vertretern zu stimmen oder sich der Stimme zu enthalten. Die glasklaren Sätze in dem Papier waren es dann auch, die vorige Woche einen Teil des Unmuts im Stadtrat hervorriefen. „Da ist einiges nicht sonderlich entgegenkommend formuliert. Ich lese, was die Stadt nicht darf. Dazu, was Sana nicht darf, lese ich keinen Satz“, beschwerte sich etwa Martin Schmidt. Und Gitta Kaltschmidt nannte Sana zwar einen Rettungsanker, ohne den das Klinikum längst untergegangen wäre. Aber auch sie formulierte ihre Bauchschmerzen: „Ich sehe es so, dass wir unser Klinikum nun doch an Sana abgeben, weil Geld eben über der Mitbestimmung steht.“ Die 51-prozentige Mehrheit hatten einige Stadträte 2009 eben wohl so (miss)verstanden, dass die Kommunalpolitik die tonangebende Kraft bleiben würde.

Und womöglich ist auch das Promedica-Debakel zwischen 1991 und 1996 noch in Erinnerung, als ein Privater das Haus fast in den Ruin verwaltet hätte. Allerdings: Die Beinahe-Pleite von 2006 muss sich die Kommunalpolitik doch selbst ans Bein heften. Und so wies neben Thomas Delling auch SPD-Fraktionschef Uwe Blazejczyk darauf hin, wie gut sich das Klinikum entwickelt habe. „Es gab da andere Stellen, da haben wir mehr oder weniger stillschweigend 2,7 Millionen Euro in den Wind geschrieben“, erinnerte er an das finanzielle Fiasko, das die Lausitzhalle im vorigen Jahr mit ihren Seenland-Festival erleben musste. Sana-Manager Thomas Lemke versuchte, die Debatte auf das Papier zurückzulenken: „Wir haben in den letzten fünf Jahren versucht, zu lernen, so dass wir nun klarere Spielregeln abbilden wollen.


Und was Michael Mandrossas Forderung angeht, den einen oder anderen Cent für Zwecke außerhalb der medizinischen Versorgung zur Verfügung zu stellen, hat Sana schon Ende Mai wissen lassen, dass man das durchaus tun will. Damals kündigte Thomas Lemke die Gründung einer Stiftung zugunsten von Kultur-, Sport- oder Behindertenvereinen der Stadt an. Dann wird Jahr für Jahr über die Vergabe von Geld zu entscheiden sein. Sana will sich dann zurückhalten. Die Stadt wisse da doch sicher besser Bescheid, meint man bei der AG.

 

ZITATE

 

"Wir können das Klinikum nicht steuern, führen und uns um sein operatives Geschäft kümmern."
Thomas Delling
Sozialbürgermeister, SPD

"Ich kann nicht erkennen, dass wir als 51-prozentiger Eigentümer den einen oder anderen Nutzen haben."
Gundolf Irmischer
Linksfraktion

"Das Klinikum arbeitet dank der Partnerschaft ordentlich. Wie kann man da von Misstrauen reden?"
Uwe Blazejczyk
SPD-Fraktionschef

"Ich soll heute hier beschließen, dass die Stadt noch weniger Einfluss im Klinikum hat?"
Michael Mandrossa
CDU-Fraktion



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