Schöne Grüße vom Frost


von Tageblatt-Redaktion

In der Frentzel-Straße hat der Winter ganze Arbeit geleistet. Das Loch ist 1,60 Meter lang und 90 cm breit.
In der Frentzel-Straße hat der Winter ganze Arbeit geleistet. Das Loch ist 1,60 Meter lang und 90 cm breit.

Mein Name ist Frost. Väterchen Frost. Der erste Winter ist vorbei. Ich lasse Milde walten. Mit diesen selbstbewussten Hochs und Tiefs ist das nicht so einfach. Da muss man schon kompromissfähig sein. Aber dass es kalt war, das seht Ihr jetzt auf Euren schwarzen Straßen. Ja, an Euren alten Kopfsteinpflasterstraßen, da habe ich mir die kalten Zähne ausgebissen. Da funktioniert nicht das Prinzip Spaltenbilden, Wasserreinlaufenlassen, Frieren und Aufplatzen des Belags. Das geht nur mit Euren Asphaltstraßen.

Die sind ja eigentlich schön leise, je nach Bauart auch sehr stabil. Kompliment. Aber früher oder später kriege ich sie alle. Denn Eure Straßen sind nicht wirklich gebaut für den schweren Verkehr, die vielen Autos, die malmenden Reifen in den Kurven. Irgendwo ist nach dem Bauen immer eine unsichtbare Schwachstelle an einer Naht, einem Rand. Da greife ich an. Und ich habe wieder schöne Löcher geschaffen. Auf Stadt-, Kreis- und Bundesstraßen, auf alten, auf neuen Straßen, sogar auf Brücken. Meine besten sind quadratmetergroß, so um die acht Zentimeter tief. Und wenn sie nach dem Regen mit Wasser gefüllt sind, dann seht Ihr sie nicht. Ihr demoliert Euch beim Durchfahren Reifen, Felgen, Radkappen und im schlimmsten Fall noch mehr.

Ihr flucht, Ihr meckert auf die, die die Straße in Ordnung halten sollen und müssen. Die jetzt noch nicht einmal wirklich etwas gegen meine Löcher machen können. Aber das glaubt Ihr ja immer nicht. Denn eigentlich müsstet Ihr die Straßenflicker bedauern. Denn sie legen sich mit mir an. Na los, kommt, versucht es doch auch in diesem Winter wieder oder im Frühjahr, füllt die Löcher mit dem lächerlichen Kaltmischgut. Das hält nicht wirklich und nach meinem nächsten Angriff ist das Loch an der Stelle noch größer. Das heiße Zeug, das Ihr dann nehmt, das ist schon besser, vor allem, wenn Ihr vorher die Ränder ordentlich rausschneidet und die Fugen vergießt.

Euer neuester Versuch, dieses Patchmatik-Verfahren, das ist auch nicht toll, wie Ihr jetzt seht. Die alten Risse sind wieder bis an die Oberfläche gedrungen. Am besten zieht Ihr gleich eine neue Asphaltdecke drüber. Oder baut die Straße ganz neu. Aber das könnt Ihr euch ja nicht leisten. Danke, das macht mir den Job einfacher. Wenn Ihr so weiterspart, habe ich in ein paar Wintern jede Straße in den Zustand einer 30 km/h-Zone gebracht. Und dann habt Ihr erst recht kein Geld mehr, zu reparieren oder neu zu bauen. Es sieht danach aus, dass ich Euch im Griff habe. Wir steuern auf Zustände wie vor 25 Jahren zu. Mit freundlichen Grüßen. Väterchen Frost.

Aufgeschrieben von Uwe Schulz



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