Neuer Zufluchtsort für Gewaltopfer


von Tageblatt-Redaktion

Silvana Richter bereitet ein Kinderbett in der Hoyerswerdaer Frauen- und Kinderschutzwohnung vor.  Foto: Mirko Kolodziej
Silvana Richter bereitet ein Kinderbett in der Hoyerswerdaer Frauen- und Kinderschutzwohnung vor. Foto: Mirko Kolodziej

Vier Buchstaben sind ans Klingelschild geschrieben: TWSD. Das Kürzel steht für Trägerwerk Soziale Dienste in Sachsen und besagte Klingel gehört zur Hoyerswerdaer Frauenschutzwohnung, die von der GmbH betrieben wird. Projektleiterin Silvana Richter kommt die Treppe hinunter, öffnet die Haustür und sagt: „Wir haben uns eingewöhnt und die Nachbarn sind alle sehr nett.“ Die Wohnung in der Hoyerswerdaer Neustadt gibt es erst seit Jahresanfang, als das Frauenschutzhaus im WK IIIe geschlossen wurde. Silvana Richter berät hier von häuslicher Gewalt betroffene Frauen. In akuten Notsituationen finden diese Frauen und ihre Kinder hier auch Zuflucht. Es gibt drei Zimmer mit acht Plätzen für maximal drei Frauen und fünf Kinder. Die Adresse ist anonym.

Diese Anonymität ist eine von vielen Veränderungen, die das Hilfsangebot in den letzten zwei Jahrzehnten durchgemacht hat. Denn es ist dieser Tage zwanzig Jahre alt geworden. „Damals waren die Frauen irgendwie selbstbewusster. Heute gehört Gewalt schon fast irgendwie dazu und nur, wenn es ganz schlimm wird, gehen Frauen aus Beziehungen heraus“, beschreibt Silvana Richter eine weitere Veränderung. Sie ist von Anbeginn an dabei. Als das Frauenschutzhaus öffnete, war die Lohsaerin gerade 25 Jahre alt. Sie waren damals acht Kolleginnen, hielten insgesamt 40 Betten vor. Heute ist Silvana Richter Einzelkämpferin. Nicht, dass es weniger Gewalt geben würde. Aber das Geld für solche Projekte ist knapper geworden.

Dem Trägerwerk ist es zu verdanken, dass es das Angebot in Hoyerswerda überhaupt noch gibt. Als dem Demokratischen Frauenbund, der es 1992 aus der Taufe hob, die Luft ausging, sprang das TWSD Anfang 2010 als Ersatz ein. Im Rathaus war man dankbar. Das Ganze ist über die letzten beiden Dekaden nämlich nicht einfacher geworden. So ist die Aufenthaltsdauer stärker reglementiert. Maximal für drei Monate darf Silvana Richter Frauen heute noch aufnehmen. Mitunter ist es ein Kraftakt, mitunter geht es auch erstaunlich glatt. Die Projektleiterin erzählt zum Beispiel von einer schwangeren Frau, die im Frühling im Appartement gelebt hat, das aus einer Drei- und einer Vierraumwohnung zusammengelegt wurde: „Als sie hier wohnte, stieg ihr Selbstwertgefühl beträchtlich.“ Inzwischen hat die junge Frau eine eigene Adresse.

Als es das Frauenschutzhaus noch gab, konnten Frauen dort einfach klingeln kommen. Das ist inzwischen nicht mehr möglich. Bundesweit sind die Adressen von Frauenschutzprojekten anonym, damit gewalttätige Männer sie nicht finden. Man hat im WK IIIe zwar keine negativen Erfahrungen mit der historisch bedingten Bekanntheit des Frauenschutzhauses gemacht. Aber die allgemeinen Regeln gelten nun eben auch in Hoyerswerda. Für die Gewaltopfer bedeutet das, dass sie nun stärker aufs Telefon setzen müssen.

Silvana Richter hat nach wie vor rund um die Uhr Bereitschaft. Von Schlägen, verbaler Gewalt oder durch Männer erzwungener sozialer Isolation betroffene Frauen können sie 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche anrufen. Häufig gibt es dann zunächst ein Beratungsgespräch. Neuerdings trifft Silvana Richter sich dazu mit ihren Klientinnen zunächst auf einem öffentlichen Platz. Manche haben dann aber auch schon einen Koffer dabei.
Das Frauenschutzprojekt ist Tag und Nacht unter 03571 978-202 zu erreichen. Im Notfall können Betroffene sich auch an jede Polizeidienststelle wenden.



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