Natur gleicht aus und beschenkt reich


von Tageblatt-Redaktion

Heinz und Regina Lohr aus Muehlrose verkauften Aepfel
Heinz und Regina Lohr aus Muehlrose verkauften Aepfel

Von Andreas Kirschke

Neun Monate reifte der Bergkäse. Kraftvoll schneiden Käsemeister Joseph Klant und Kollegin Kristin Schmidt von der Krabat Milchwelt Kotten den 8 350 Gramm schweren Rundling an. „So ein Käse braucht täglich Pflege. Wir streichen ihn täglich mit Kultur-Salz-Lösung ein. 15 Grad braucht er stetig. So entwickelt er das meiste Aroma. Zugleich muss er immer wieder gedreht werden“, schildert Joseph Klant am Sonnabend beim Erntedank- und Kirmesmarkt den immensen Aufwand. Im Herbst reifen im Betrieb außer Bergkäse auch Kürbiskern-Käse, Meerrettichkäse und Käse mit Schabziger Klee.Von den würzigen Proben kostet auch Dr. Wolfgang Kresak, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Wittichenau. Um Gottes Segen zum Schutz für Mensch und Tier bittet er zur Eröffnung. Zugleich bittet er um gerechten Ausgleich zwischen Überfluss und Hungersnot in der Welt.

Mehr als 50 Erzeuger, Direktvermarkter, Händler und Handwerker aus Sachsen und Brandenburg nehmen beim Markt teil. Dieser ist eingebunden in die Wittichenauer Kirmes. Traditionell findet sie am 2. Sonn-tag im Oktober statt. „Wir danken Gott für die Ernte. Wir danken unseren über 800 Verpächtern. Sie stellen ihre Flächen zur Verfügung. Es ist der größte Teil unserer insgesamt rund 2 700 Hektar Wirtschaftsflächen“, unterstreicht Tobias Kockert, Geschäftsführer im Bereich Vermarktung der MKH Agrar-Produkte-GmbH Wittichenau. Für heimische Wertschöpfung soll der Erntedank- und Kirmesmarkt sensibilisieren. Er fragt nach dem Wert heutiger Nahrung. Er stellt jedes einzelne, regional erzeugte Lebensmittel heraus. „Was ist es uns noch wert? Was an Erlös kommt wirklich beim Bauern an?“, fragt Tobias Kockert nachdenklich. Derzeit erhalten Landwirte pro Liter Milch nur 25 Cent. Angemessen wären 40 Cent. Für eine Kartoffel erhalten sie nur einen Cent, für ein Ei sechs Cent und für ein Kilogramm Mischbrot 13 Cent ...

„Selten war ein Jahr so trocken und heiß. Durch extreme Wetterlagen mit Hagel im Mai und Juni verloren wir die Hälfte an Raps“, sagt Holger Schulz, Geschäftsführer Feldbau und Milchproduktion der MKH Agrar-Produkte-GmbH. Die Pflanzenwelt litt am meisten. Trotzdem glich die Natur aus. Der Regen kam stets gerade noch rechtzeitig. „Bei aller Trockenheit können wir von einer durchschnittlichen Ernte sprechen“, schildert der Landwirt. Dieses Jahr erntete der Betrieb 55 Dezitonnen pro Hektar Wintergerste, 40 Dezitonnen pro Hektar Winterroggen, 60 Dezitonnen pro Hektar Triticale, 50 Dezitonnen pro Hektar Weizen, 24 Dezitonnen pro Hektar Raps sowie je 12 Hektar Lupine und Erbsen.

„Erntedank heißt für mich der Dank an unsere über 800 Verpächter. Ohne ihr Vertrauen, ohne ihre Flächen könnten wir nicht produzieren“, unterstreicht Holger Schulz. „Erntedank ist für mich auch der Dank an unsere rund 60 Mitarbeiter – in Feld, Stall, Käserei, Vermarktung, Biogas-Anlage, Küche, Kantine und Verwaltung. Ohne ihren Einsatz und Fleiß könnten wir unsere Ziele nicht erreichen.“ Eben daran erinnert der Erntedank. Er liegt auch den Erzeugern, Händlern und Besuchern beim Markt am Herzen. „Erntedank ist für uns Rückbesinnung auf gesunde Ernährung. Es ist der Dank für alles von der Natur Geschenkte, der Dank für die Gesundheit und Lebendigkeit unserer Tiere“, meinen Margit und Gunter Fröhlich aus Gersdorf. Seit 1983 betreiben sie dort die Landfleischerei. Seit 2005 züchten sie rund 130 Lämmer und Schafe. Zuvor gehörte die Fleischerei Gunter Fröhlichs Eltern Ursula und Franz Fröhlich und noch davor Ursulas Vater Oskar Anders. „Wir sind mit Leib und Seele Direktvermarkter“, unterstreichen die heutigen Inhaber. „Wir züchten, schlachten und vermarkten Schafe und Heidschnucken.“ Der Zuspruch gibt ihnen Recht. Verstärkt fragen Menschen wieder nach der Herkunft der Produkte. Sie fragen nach ihrer Qualität. „Die Frische bestimmt den Markt, nicht der Preis“, meint Heinz Lohr aus Mühlrose. Insgesamt 16 Sorten Äpfel (von der Agrofarm Göda) bietet er in Kotten beim Markt mit seiner Frau Regina an. Erntedank heißt für ihn vor allem Zufriedenheit und inneres Glück. Vor allem jedoch der Dank der Kunden. Seit 1957 verkauft er Äpfel. „So pflege ich immer Kontakt zu den Menschen“, unterstreicht er.

Mittendrin in der Ernte ist Karsten Ringpfeil, Geschäftsführer der Teichwirtschaft Ringpfeil in Wartha, mit seinen Mitarbeitern. Zwei Monate dauert das Abfischen in über 30 Teichen zwischen Wartha, Litschen‚ Mortka und Hermsdorf. Hier „erntet“ der Betrieb vor allem Lausitzer Karpfen, Schleie, Hechte, Zander und Welse, ebenso diverse Arten wie Graskarpfen, Barsche und Weißfische. Der extrem heiße Sommer machte den Tieren zu schaffen. Mitunter stieg die Wassertemperatur in den Teichen auf 30 (!) Grad an. „Nicht nur die hohen Temperaturen, sondern auch der Wassermangel bereitete uns Sorgen. Vor allem in den Teichen, die nur von kleinen Zuflüssen gespeist werden oder die reine «Himmelsteiche» sind und nur vom Regenwasser leben“, schildert Karsten Ringpfeil. Trotz aller Widrigkeiten gleicht die Natur aus. Eine durchschnittliche bis gute Ernte zeichnet sich ab. Dankbar ist er dafür. „Die Natur beschenkt uns“, sagt der Fischwirt. „Auch wenn es dieses Jahr schon an die biologischen Grenzen ging.“



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