Mehr Polizei in der Stadt


von Tageblatt-Redaktion

Die Reiterstaffel zieht zwar nicht dauerhaft nach Hoyerswerda, dafür aber Beamte des Staatsschutzes.
Die Reiterstaffel zieht zwar nicht dauerhaft nach Hoyerswerda, dafür aber Beamte des Staatsschutzes.

Ein Satz war gestern im Neuen Rathaus in Hoyerswerda mehrmals zu hören: „Wir werden den Rechten auf den Füßen stehen!“ Landespolizeipräsident Rainer Kann und auch Conny Stiehl, Leiter der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien, äußerten ihn auf einem Lokalen Aktionsforum zum Rechtsextremismus, das gestern erstmals in dieser Form stattfand.

Auf dem Podium unter anderem: Hoyerswerdas Oberbürgermeister Stefan Skora, Landesamt für Verfassungschutz, Landeskriminalamt, Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Demokratie und Lebensperspektiven RAA. Anlass für die Runde war der Vorfall vom 17. Oktober, als Neonazis in Hoyerswerda ein junges Paar bedrohten, das daraufhin aus der Stadt flüchtete und sich seither an einem geheimen Ort aufhält (TAGEBLATT berichtete). Nun will das Land den Rechtsextremisten Dampf machen und setzt auf die Zusammenarbeit mit den Kommunen und die Hilfe der Bürger. Derer viele waren gestern Mittag nicht in den Ratssaal gekommen.

Die Stuhlreihen waren voll besetzt mit Vertretern der Medien, der Stadtverwaltung, der Kommunalpolitik. Von lokalen Initiativen, Einrichtungen und Verbänden, die immer dabei sind, wenn Engagement für die Stadt gefragt ist.
Rund 25 bis 30 Neonazis gebe es in Hoyerswerda, sagte Gordian Meyer-Plath, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz. Konkretere Angaben zu den Personen machte er nicht.

Nur so viel: Es handle sich um eine sehr lokal agierende Gruppe, kaum beeinflusst von außen. Seit Mai sei sie verstärkt in Erscheinung getreten. Das letzte Mal eben an jenem 17. Oktober, als nicht nur Hoyerswerda in die Negativschlagzeilen geriet, sondern auch die Polizei. Die soll dem Paar empfohlen haben, die Stadt zu verlassen. So hatte es ein Polizeisprecher im Fernsehen dargestellt.

Conny Stiehl verwahrte sich dagegen. Vielmehr hätten sich die Opfer an jenem Abend, noch bevor die Polizei eingetroffen war, mit der Opferhilfe telefonisch über einen Wohnortwechsel verständigt. „Die Polizei fand das sehr vernünftig“, so Stiehl. Man habe den Wohnortwechsel unterstützt und im Sinne des polizeilichen Opferschutzes gehandelt. Das einzige Defizit der Kollegen sei gewesen, dass sie den Opfern die Angst nicht hatten nehmen können. Rainer Kann ergänzte, dass Wohnortwechsel nur auf Wunsch der Opfer geschehen: „Das Recht weicht nicht dem Unrecht!“ Gegen elf an dem Vorfall beteiligte namentlich bekannte Beschuldigte wird wegen Bedrohung und Beleidigung ermittelt. Die weiteren Ermittlungen würden zeigen, ob auch die Tatbestände des schweren Haus- oder Landfriedensbruchs erfüllt werden, hieß es.

Was sind nun die Konsequenzen des Vorfalls? Eine mobile Einsatz- und Fahndungsgruppe zur Bekämpfung des Rechtsextremismus ist seitdem täglich in der Stadt unterwegs. Eine dauerhafte Außenstelle des Staatsschutzes mit vier Mitarbeitern wurde eingerichtet. Ab 1. Dezember gibt es in Hoyerswerda einen zusätzlichen dritten Bürgerpolizisten, und Conny Stiehl will erreichen, dass „jeder Bürgermeister im Revierbereich Hoyerswerda“ einen Bürgerpolizisten bekommt. Sechs gibt es bereits. Wenn möglich, sollen sie als Fußstreife unterwegs sein, als Vertraute und Ansprechpartner vor Ort.

Stefan Skora, der einräumte, dass die Stadt – trotz der unzähligen Initiativen und Projekte dagegen – „ein Problem mit dem Rechtsextremismus“ habe. „Wir werden aktiver werden“, sagte er. Wie diese Aktivitäten konkret aussehen, sagte er nicht. Das lokale Handlungskonzept Bildung soll sich des Themas annehmen; jedoch gebe es noch keine Inhalte. Und ein Aktionsforum wie gestern werde künftig zweimal jährlich stattfinden.

„Nicht entspannt“ sei er nach dem eben Gehörten, sagte Pfarrer Jörg Michel in der anschließenden Diskussion. Er stellte die Frage, wie man mit Neonazis und NPD-Wählern kommunizieren könnte. „Man muss doch den Kontakt vor Ort halten und mit den Leuten reden.“

Appelliert wurde auch daran, trotz aller Präventionsprojekte mit Kindern die Eltern nicht zu vergessen. „Die müssen ihre Kinder schließlich überzeugen, sich demokratisch zu engagieren.“

Es gebe noch zu viele Zuschauer in der Stadt, hieß es außerdem. „Oder warum hat keiner der Hausbewohner dem Pärchen geholfen?“ Nicht zuletzt wurde der finanzielle Aspekt ins Feld geführt. Die Aufforderung: „Sorgen Sie dafür, dass für Demokratieprojekte und Jugendarbeit das Geld nicht gekürzt wird!“, ging an die Adresse des anwesenden Hoyerswerdaer Landtagsabgeordneten Frank Hirche (CDU).

In einem halben Jahr gibt‘s das nächste Forum – zu einer besucherfreundlicheren Uhrzeit. Wie der Freistaat die polizeiliche Bekämpfung des Rechtsextremismus neu organisieren will, gibt Innenminister Markus Ulbig heute bekannt.



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