Lausitzer Seenland schwimmt gegen den Trend


von Tageblatt-Redaktion

So wie dieses Mädchen lernen in und um Hoyerswerda praktisch alle Kinder schwimmen. Der Bundestrend sieht anders aus.
So wie dieses Mädchen lernen in und um Hoyerswerda praktisch alle Kinder schwimmen. Der Bundestrend sieht anders aus.

Zu Vorwendezeiten sei das alles kein Problem gewesen, erzählt Rudolf Retzela. „Im Sommer haben wir nach der Schule den Ranzen in die Ecke gestellt und dann sind wir baden gegangen“, erinnert sich der Wittichenauer Schwimmmeister.

Das war die Zeit, in der in der ehemaligen DDR fast jedes Kind schwimmen konnte. Dass das heutzutage bundesweit etwas anders aussieht, immer weniger Kinder schwimmen können, das weiß Retzela. Er findet das „bedauerlich“. Allerdings: „Hier bei uns sieht das nicht so schlimm aus.“

Petra Zickler, die im Hoyerswerdaer Lausitzbad für die Schwimmausbildung zuständig ist, bedauert den Bundestrend ebenfalls. Aber sie weist darauf hin, dass „wir diesen Negativtrend nicht bestätigen können“. Sie verweist auf die sechswöchigen Schwimmkurse, die im Lausitzbad für Kinder im Alter von fünf bis acht Jahren angeboten werden. „Die sind in der Regel immer ausgebucht“.

Nach Auskunft des sächsischen Landesverbandes der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sieht es mit den Schwimmfähigkeiten der Kinder positiv aus. Jedenfalls noch. Fakt ist jedoch, das laut DLRG die Zahl der Todesfälle von Kindern im Vorschulalter weiter zunimmt. Bundesweit kamen vor zwei Jahren 24 Mädchen und Jungen bis zum fünften Lebensjahr bei Badeunfällen ums Leben. Auch 2010 verlief diese Situation ähnlich, so DLRG-Pressesprecher Martin Janssen.

Hagen Aust, der die Ortsgruppe der Hoyerswerdaer Wasserwacht leitet, sieht für seinen Bereich keinen Grund zur Sorge. „Im Großraum Hoyerswerda befinden wir uns im grünen Bereich“, meint Aust weiter. Was seiner Auffassung nach mit daran liegt, dass „wir im Landkreis zahlreiche Seen haben“. Weil ein Großteil dieser Gewässer unbewacht ist, seien viele Eltern erpicht darauf, dass ihre Kinder das Schwimmen lernen.

Wie ernst man die Situation bei der DLRG nimmt, zeigt sich darin, dass man vor einigen Jahren ein Hamburger Meinungsforschungsinstitut mit einer repräsentativen Untersuchung beauftragte. Thema: Wie ist es mit der Schwimmfähigkeit der Bevölkerung bestellt?

Was bei dieser Umfrage herauskam, war ziemlich ernüchternd. Ein Viertel der Bevölkerung kann gar nicht oder schlecht schwimmen. Von den Fünf- bis Zehnjährigen können nur zwei Drittel schwimmen. Was sich sehr negativ auf die heutige Schülergeneration auswirkt, ist, dass zunehmend Bäder in den Kommunen geschlossen werden. 2009 ergab eine weitere Umfrage der DLRG bei Schulen, das „rund 50 Prozent der Schüler schlecht oder gar nicht schwimmen können“, so Janssen weiter. Dies sei eine „bemerkenswert schlechte Entwicklung“, so der DLRG-Pressesprecher.

Solche Verhältnisse sind dem Wittichenauer Schwimmmeister Retzela fremd. Er berichtet, dass, die in seinem Bad angebotenen Schwimmkurse rege genutzt werden. Er vergisst nicht zu erwähnen, dass „die dritten Klassen Schwimm-unterricht in Kamenz haben“. Im Lausitzbad lernten in diesem Jahr schon 280 Kinder (Stand 31. August 2011). Mit ein Grund, warum sich in der Region die meisten Kinder im Element Wasser wohlfühlten, sei, dass „das Schulschwimmen in der 2. Klasse hier Pflichtfach ist“, so Sabine Littwin, Schwimmmeisterin im Lausitzbad.

Auch wenn die Situation im Freistaat, im Landkreis Bautzen, noch nicht dem bundesweiten Trend entspricht, ausschließen kann man dennoch nicht, dass sich diese Entwicklung mittelfristig auf die hiesige Region auswirken wird. Denn in Zeiten leerer Kassen ist das Betreiben eines Schwimmbades für eine Kommune keine Pflichtaufgabe. Da wird meist zuerst gestrichen, wie in Lohsa zu sehen. Für Vereine, Verbände und Schulen bedeutet das immer weniger Termine für Schwimmkurse und Trainingszeiten.

Mit der Schwimmausbildung vertraute Experten wie Petra Zickler registrieren auch seit geraumer Zeit, dass es mit der Motorik der Heranwachsenden nicht gerade zum Besten bestellt ist. Zickler: „Das Koordinieren der Arm- und Beinbewegungen beim Schwimmen fällt etlichen schwer.“ Dies führe dazu, dass Kinder 15 oder noch mehr Stunden brauchen, um schwimmfähig zu werden. Früher, so Zickler, sei das anders gewesen. „Spätestens nach zehn Stunden konnten die schwimmen.“



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