„Ich finde meinen Weg immer“


von Tageblatt-Redaktion

Marcel Polk fährt bei jedem Wetter Fahrrad, warum sollte er daran im Winter etwas ändern?
Marcel Polk fährt bei jedem Wetter Fahrrad, warum sollte er daran im Winter etwas ändern

Ja, es ist kalt. Ja, es ist auch glatt. Ja, und obendrein hat es wieder geschneit. Acht Zentimeter Neuschnee. Na und? Marcel Polk kann da nur müde lächeln und setzt sich auf sein Rad, um zur Arbeit zu fahren. So seien nun mal die Verhältnisse im Winter, meint der 29-jährige Hoyerswerdaer. Für den das Radfahren im Winter eine ganz normale Sache ist.

Marcel Polk sitzt an fast allen 365 Tagen des Jahres im Sattel seines Bikes. Er gehört damit in diesen Tagen und Wochen zu einer Spezies, die von Autofahrern wie Fußgängern häufig etwas seltsam angeguckt werden. Entweder ungläubig, bemitleidend oder einfach kopfschüttelnd über so viel Leichtsinn. Denn bei saftigen Minusgraden, Eisregen oder dichtem Schneetreiben in die Pedale zu treten, das hat für viele Menschen alles, bloß keine Lebensqualität. Oder etwa doch?

Wer im Winter frühmorgens auf sein Rad steigt, der spürt die Kälte natürlich hautnah, ist sie doch wie Flüssigeis, das in alle Verästelungen der Lungenkapillaren strömt. Man wird wach, die Luft ist rein und eigentlich ist so eine Sauerstoffdusche doch „richtig erfrischend und macht den Kopf frei“, erzählt Polk, der im Hoyerswerdaer Radgeschäft „Bike-Point“ als Verkäufer arbeitet. Er macht unmissverständlich klar, dass er keiner dieser besonders ambitionierten Radsportler sei, die man gelegentlich im Winter auf den Straßen sieht, die sich sportiv vermummt auf irgendeinen Wettbewerb im Frühjahr vorbereiten. Das Fahrrad nutzt er als Mittel zum Zweck, um von A nach B zu kommen.

Der Grund, warum Polk sich sommers wie winters auf sein robustes Fahrrad setzt, hat auch nur unwesentlich damit zu tun, dass er in einem Radladen arbeitet, wo man ein solches Verhalten ja insgeheim von den dortigen Angestellten erwartet. Nein, bei ihm sind es, insbesondere in der kalten Jahreszeit, vor allem ökonomische Gründe, die ihn kurbeln lassen. „Sich ins Auto zu setzen, für zehn Minuten, das hat doch keinen großen Sinn“, meint er. Zum einen sei der Spritverbrauch dabei viel zu hoch und außerdem seien diese kurzen Fahrstrecken für ein Auto „überhaupt nicht gut“. Also hat er sich angewöhnt, und das schon seit etlichen Jahren, sich aufs Rad zu schwingen. Bei jedem Wetter, wie er betont.

Radfahren im Winter ist natürlich eine andere Herausforderung als im Sommer. Viele fragen sich, ob das nicht gefährlich sei, sein Zweirad durch Eis und Schnee, über verwehte Straßen oder Radwege zu balancieren. Marcel Polk schüttelt den Kopf. Nein, so gefährlich sei es nun nicht. Man müsse halt nur entsprechend gerüstet sein. Seitdem es die Spikereifen gibt, ist man mit diesen Reifen voller kleiner Alunägel auch bei Glatteis „auf der sicheren Seite“, wie der Hoyerswerdaer erzählt. Wichtig sei es auch, die Reifen nicht allzu prall aufzupumpen.

Wenn man einige Dinge beachte, komme man mit dem Rad gut über den Winter. Dazu gehören wärmende Fahrradkleidung, gute Handschuhe, ein Helm und - ganz wichtig – eben ein mit entsprechenden Reifen versehenes Bike. Mit seinem achtgängigen Mountainbike war er auch schon mal bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad in der Stadt unterwegs. „Radwandern ist einfach nicht mein Ding.“

Es ist der Pragmatismus, der ihn ganzjährlich antreibt, sich aufs Rad zu setzen. Von Kühnicht, wo er wohnt, bis in die Dillinger Straße, wo sich das Radgeschäft befindet, sind es drei Kilometer. Klar, wenn die Radwege noch nicht geräumt sind, auf den Straßen nur die Spurrillen zu erkennen sind, dann heißt es für ihn treten und einatmen, ausatmen und – immer schnell reagieren. Denn da wird das Radfahren zur Improvisation. Schlängeln, Tempowechsel. „Aber das weiß man ja, wenn man bei diesen Verhältnissen unterwegs ist“, erzählt er. Gleich, wie kalt, wie hoch der Schnee ist oder wie glatt die Straßen und Gehwege sind, „ich finde immer meinen Weg“, weiß Marcel Polk aus Erfahrung. Und ist damit bislang gut gefahren.

Natürlich habe das ganzjährige Radfahren auch noch andere Vorteile. „Man ist abgehärtet, und es tut meiner allgemeinen körperlichen Verfassung obendrein ganz gut.“ Und er schwört auch noch aus einem ganz anderen Grund aufs winterliche Biken. Denn „auf Radwegen gibt es gar keine Schlaglöcher“. Im Sommer sieht das dann freilich schon wieder ganz anders aus.



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