Herr Stephan putzt die Wetter-Messer

Gestern, als der Deutsche Wetterdienst (DWD) zwischen 11 und 12 Uhr nach Monaten des Probebetriebes seine neue Wetterstation am nördlichen Stadtrand offiziell einweihte, war es 12 Grad Celsius warm. Dazu wehte bei einem Luftdruck von 1020 Hektopascal von Westen ein leichtes Lüftchen mit gerade einmal 9 Stundenkilometern Geschwindigkeit. Und in besagter Stunde gab es exakt elf Minuten Sonnenschein.
All das weiß man dank der Messgeräte, die zur 150 000 Euro teuren Wetterstation gehören und damit auch dank Huldreich Stephan. „Er ist der wichtigste Mann in unserer Runde“, sagte gestern Olaf Schulze, der beim DWD das Referat Messnetze leitet. Huldreich Stephan, der mit Blick auf die Wetterstation am Grünewaldring wohnt, ist nämlich ihr ehrenamtlicher Betreuer. Alle Gerätschaften arbeiten zwar vollautomatisch. Keiner muss Daten ablesen und in die DWD-Zentrale nach Offenbach melden.
Doch schon Spinnenweben können zu Fehlmessungen etwa beim Laser-Niederschlagsmonitor führen. Hier kommt Huldreich Stephan also mit seinem Staubwedel zum Einsatz. Jeden Montag macht er seinen Kontrollgang und führt eine Art Protokoll. Es kommt auch schon einmal ein Anruf mit der Bitte, das eine oder andere Kabel umzustecken.
Als der ehemalige Mathematiklehrer hörte, dass der DWD einen Betreuer sucht, schickte er eine Bewerbung. „Wir versprechen, die Wetterstation zu hegen und zu pflegen“, sagte er gestern auch im Namen eines Nachbarn.
„So engagierte Leute hat man selten“, kommentierte Olaf Schulze und ein anderer DWD-Mitarbeiter meinte schmunzelnd: „Herr Stephan ist besser als jeder Wachhund. Hier kommt niemand her, ohne dass er sofort auf dem Fahrrad hinterher radelt.“ Diese Wachsamkeit ist gut, denn jeder einzelne gemessene Wert ist wichtig für die Vorhersage des DWD. Und deshalb muss Huldreich Stephan den Wolkenhöhenmesser regelmäßig von Schmutz befreien oder den Niederschlagsmesser im Winter mit Frostschutzmittel auffüllen.
„So engagiert wie er ist, geht er bestimmt bald jeden Tag hierher“, sagt Petra Fude, die die Flugwetterwarte in Dresden leitet. Und wer weiß, ob der Fleiß nicht auch im Himmel bemerkt wird. Als Bürgermeister Thomas Delling jedenfalls gestern das schöne Wetter lobte, war Huldreich Stephan um eine schlagfertige Antwort überhaupt nicht verlegen. „Ist bestellt“, meinte er trocken.
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