Grundsteinlegung ohne Genehmigung


von Tageblatt-Redaktion

Knappenrode hat seine besten Zeiten hinter sich, oder doch nicht? So wie Hoyerswerda-Neustadt als Werks-Stadt für Schwarze Pumpe muss der Ortsteil, der einst Werkssiedlung war, seinen Weg für die Zukunft noch immer suchen.
Knappenrode hat seine besten Zeiten hinter sich, oder doch nicht? So wie Hoyerswerda-Neustadt als Werks-Stadt für Schwarze Pumpe muss der Ortsteil, der einst Werkssiedlung war, seinen Weg für die Zukunft noch immer suchen.

Schwer zu sagen, welche Bedeutung eine offizielle Genehmigung im Jahre 1913 in den Kiefernwäldern im tiefsten Westen der schlesischen Provinz hatte. Denn ohne eine entsprechende Genehmigung in der Tasche zu haben, wurde heute vor 100 Jahren der Grundstein für jene Siedlung gelegt, die man seit Jahrzehnten als Knappenrode kennt, zur Gründungszeit aber als Bergarbeiterkolonie Werminghoff aufgebaut wurde. Die offizielle Genehmigung für die Errichtung von sieben Beamten- und 37 Arbeiterwohnhäusern wurde vom Kreisausschuss Hoyerswerda jedenfalls erst am 26. Juli desselben Jahres erteilt. Übrigens verbunden mit der Auflage, auch Einrichtungen zu schaffen, die das kommunale Leben sichern helfen sollten, wie der Knappenroder Chronik auf der Internetseite des Ortes zu entnehmen ist.

Immerhin sollte mitten im Kiefernwald nicht nur eine Siedlung entstehen, sondern auch die Brikettfabrik der Eintracht Braunkohlenwerke und Brikettfabriken Aktiengesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt bereits die Gruben Saxonia und Clara III bei Zeißholz betrieb. Benannt wurden Fabrik und Ort nach Eintracht-Generaldirektor Joseph Werminghoff, der den Sitz der Aktiengesellschaft wenige Jahre zuvor von Berlin nach Welzow hatte verlegen lassen. Das war an sich schon außergewöhnlich. Doch die Eintracht dachte noch weiter. Denn wenn man schon im Nichts Arbeitsplätze schafft, dann mussten für die Belegschaft und ihre Familien bessere Bedingungen als anderswo geschaffen werden.

Also baute man nicht nur die ersten Häuser in dem Straßenzug, der heute den Namen Lessings trägt, und die Direktorenvilla, sondern auch Kaufhaus und betriebseigene Gaststätte und ein ziemliches Stück vom Ort entfernt einen Bahnhof. Die Arbeitskräfte kamen tatsächlich in Scharen. Elektrisches Licht und fließendes Wasser, dazu Gärten an den Häusern galten hier als Standardkomfort. Sieben Jahre nach der Grundsteinlegung wohnten in Werminghoff über 950 Menschen, wurden an der örtlichen Schule rund 120 Kinder unterrichtet. Wenige Jahre darauf war Knappenrode die größte Landgemeinde im damaligen Kreis Hoyerswerda. Die Brikettfabrik selbst ging übrigens 1918 in Betrieb, zeitlich verzögert bedingt durch den ersten Weltkrieg. Ihre maximale Ausbaustufe erhielt die Fabrik 1948.

Heute steht das Kaufhaus leer, ist die Bewirtschaftung des Kulturhauses unwirtschaftlich. Etliche Häuser wurden in den vergangenen Jahren abgerissen. Und auch die Brikettfabrik selbst bietet nicht mehr hunderten Menschen Arbeit. Jährt sich heute der Tag, an dem alles in Werminghoff begann, so wird am 25. Februar dem Ende der Brikettfabrik zu gedenken sein. Genau 20 Jahre ist es dann her, dass um 11 Uhr die letzte Schicht endete. Viele letzte Schichten wurden in den 1990er Jahren in der Lausitz gefahren. Doch die Brikettfabrik Knappenrode wurde in ihren Kernbereichen als Bergbaumuseum erhalten. Es ist der einzige Ort in der Lausitz, an dem die einstige Symbiose von Brikettfabrik samt angrenzendem Tagebaurestloch und Werkssiedlung noch so erlebbar ist – egal, wie korrekt das heute vor 100 Jahren bei der Grundsteinlegung tatsächlich lief.



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