Generalprobe fuer die Wasser-Berg-und-Tal-Fahrt


von Tageblatt-Redaktion

Die Schleusentore oeffnen sich für ein von Brandenburg nahendes Boot - probehalber
Die Schleusentore oeffnen sich für ein von Brandenburg nahendes Boot - probehalber

Von Uwe Jordan

Eigentlich ist Dirk Hartmann (50) derjenige, der künftig die Schleusentore im Überleiter 12, also im Kanal zwischen dem Senftenberger und Geierswalder See, zwischen Brandenburg und Sachsen, bedienen soll. An diesem gestrigen Donnerstag aber, zur Fachabnahme der Schleusenanlage, sitzt er auf einem Boot – gewissermaßen auf der anderen Seite seines künftigen Arbeitsplatzes. Da zieht einmal ein großer Tross von Behördenvertretern unter Leitung des LMBV-Manns Jan Masnica am Koschener Kanal (so der etwas poetischere Name des Ü 12) von Anlage zu Anlage, die das Bergbaufolgeunternehmen Lausitzer und Mitteldeutsche Braunkohlen Verwaltungs GmbH errichten lassen hat, um die schiffbare Verbindung der Seen zu ermöglichen. Zum anderen werden die Schleusentore erprobt. Und, natürlich, es hat sich eine Schar Journalisten eingefunden.

Keine Vorab-Jungfernfahrt

Aber nicht alle Bäume wachsen in den Himmel beziehungsweise ins Wasser; manchmal fallen da auch redaktionelle Träume hinein. Bildlich – und nur ein bisschen. Eine richtige Schleusung, also mit Einfahrt in den Schleusentrog, Wasserstandsnivellierung darin und Ausfahrt auf die andere Seite – ist nicht! Diese Premiere soll am 1. Juni mit etwas größerem Bahnhof und politischer Prominenz erfolgen.

Mal Kapitän statt Schleusenwärter

Für diesmal wird nur das Öffnen und Schließen der Schleusentore samt Niveau-Ausgleich geprobt. Damit die Nachrichtenleute wenigstens einen kleinen echten Live-Eindruck haben, dürfen sie nicht nur auf die Schleusenbrücken hinauf, sondern vom Boot aus fotografieren, wie sich die Schleusentore auf Senftenberger-See-Seite öffnen und schließen. Weil’s keine Schleusung ist, sondern nur eine technische Probe, ist es auch nicht Dirk Hartmann, sondern Oberbau- und Projektleiter Henry Kleinstück, der die Kommandos zum „Tür-auf-Tür-zu“ gibt, währenddes Hartmann die Presseleute auf dem Wasser bewegt. Für alles andere, also die Wasserstandsangleichung im Trog und das Öffnen der Tore nach Sachsen, müssen sie mit besagtem Brückenblick vorlieb nehmen.
Alles funktioniert reibungslos. Hartmann sollte einen guten Start haben, wenn er ab dem 1. Juni im blau-gelb verkleideten Schleusenwärterhäuschen Herr über die Technik ist, die die, diese Wasserstraße zwischen zwei Bundesländern im Wortsinne flüssig hält – ganz gleich, ob nun auf der Berg- oder der Tal-Fahrt. „Berg“?, „Tal“? Wir sind zwar in der Nähe der „Buck’schen Schweiz“, aber doch wohl auf dem Wasser! Stimmt. Beides. Denn wenn’s vom tiefergelegenen Brandenburger (also dem Senftenberger) See zum höher gelegenen sächsischen, dem Geierswalder, geht, ist das eben die „Bergtour“; anders herum halt die Tal-Tour. Der Höhenunterschied wird wie beschrieben per Schleuse überwunden, die ab Juni für jedermann freigegeben wird.

Der See ist nicht mehr sauer

Die LMBV hat sich noch einmal mächtig ins Zeug gelegt, mit 1 300 Tonnen Kalk den Geierswalder See so weit entsäuert/ neutralisiert, dass er mit einem ph-Wert von 7,5 die Schiffbarkeitserklärung, sprich, die Betriebserlaubnis bekommen und Dirk Hartmann seinen Job antreten kann. Zwar ohne operettöse Marine-Uniform und seebärflairheraufbeschwörenden Schleusenwärter-Spruch, aber das empfindet er nicht als Mangel. Wichtiger als Äußerlichkeiten ist doch, dass es funktioniert. Diesen Pragmatismus hat er 22 Jahre als Tauchlehrer gelebt, eben so wie vorher im ersten Berufsleben als Automatisierungstechniker. Diese Doppelbegabung von Wasser(sport)-Erfahrung und technischer Ausbildung hat ihm wohl auch geholfen, alle anderen Bewerber (waren’s über 100?, auf jeden Fall sehr viele) auszustechen. „Und weil ich ein toller Typ bin“, fügt er, dem die Frage nach dem „Warum“ gewiss schon mehr als einmal gestellt worden ist, etwas unernst an.

Tauchen ja – aber nicht im Kanal

Der Schleusenbetrieb soll künftig durchgängig von Montag bis Sonntag erfolgen. Die genaue Tagesschicht und die Saison wird der Zweckverband Lausitzer Seenland (Brandenburg), der die Anlage betreiben soll, noch festlegen. Hat Hartmann womöglich einen 365-Tage-im-Jahr-24-Stunden-am-Tag-Dienst? Nein; er bekommt einen Stellvertreter. Einen „Springer“. Denn Urlaub ist schließlich auch mal geplant. Zieht’s einen Schleusenmeister da weit weg vom tiefen Nass ins hohe Trockene, in die Berge? Nö. Der Senftenberger bleibt dem Wasser treu – und dem Tauchen. Letzteres wird er aber eher nicht im zurzeit obendrein schweröl-gleich blütenstaub-verschlierten Koschener Kanal tun. Hier ist er an Land gefragt: als Reiseleiter der wasserwellengestützten Berg-und-Tal-Touren.



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