Garantiert frisch und regional – wie zu Kaisers Zeiten


von Tageblatt-Redaktion

Carolina Winkler von der Landbäckerei Boeltzig aus Hermsdorf verkauft ihre Waren ausschließlich an den Markttagen in der Altstadt.
Carolina Winkler von der Landbäckerei Boeltzig aus Hermsdorf verkauft ihre Waren ausschließlich an den Markttagen in der Altstadt.

Dem Kaiser sei Dank: Hoyerswerda hat einen Wochenmarkt. Nein, nicht Wilhelm wars, sondern Karl und zwar der Vierte, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1346 bis zu seinem Tode 1378. Der regierte von Prag aus und gab dem böhmischen Hoyerswerda am 14. Mai 1371 das Recht, einen gewöhnlichen Landmarkt abzuhalten. Man kann das getrost als kleines Abschiedsgeschenk oder auch als werterhöhende Maßnahme begreifen. Denn am 6. November 1371, also morgen vor 640 Jahren, überließ Karl Hoyerswerda Timo von Colditz zum Pfand für eine von diesem vorgestreckte Geldsumme.

Doch der Wochenmarkt hat sich kräftig gewandelt. Nicht so sehr in den ersten 500 Jahren, dafür stärker in der Neuzeit. Früher brachten die Händler ihre Ware zu Fuß, in Kiepen, per Karren oder mit dem Fuhrwerk zum Markt, wurden Feldfrüchte, lebende Tiere und viele andere Waren verkauft. Noch auf zeitgenössischen Fotos um 1900 gibt es Abbildungen von hölzernen Marktständen.

Heute ist der Wochenmarkt auf dem Hoyerswerdaer Marktplatz nicht mehr so dicht umlagert. Wir kaufen eben tagtäglich im Supermarkt ein, haben immer eine gigantische Auswahl. Eigentlich erstaunlich, dass es überhaupt noch Wochenmärkte gibt. Allerdings weiß man als Kunde: Hier kaufe ich frisch, hier kaufe ich definitiv Regionales. Wenn man mal von Südfrüchten absieht. Aber Ananas, Bananen und Apfelsinen reifen nun mal nicht so gut auf den heimischen Feldern.

Essen wollen wir sie trotzdem. Montag, Mittwoch und Freitag sind die Händler vor dem Rathaus präsent. Sie kommen jetzt mit ausgebauten Verkaufsmobilen oder bauen klassische Marktstände für mehr Präsentationsfläche auf. Bedeutend mehr Stände sind bei den Markttagen auf dem Lausitzer Platz präsent. Dienstag, Donnerstag und Samstag wird hier gehandelt. Ab 7 Uhr können die Händler anrücken, ab 8 Uhr darf gehandelt werden, am Sonnabend geht es schon ab 7.30 Uhr los. Und Hoyerswerda ist als Wochenmarktstandort begehrt. „Viele der Wochenmarkthändler haben sich in den Jahren einen festen Kundenstamm aufgebaut“, sagt Ingrid Stille, Leiterin des Hoyerswerdaer Bürgeramtes.

Sechzig Händler haben jeweils für ein Vierteljahr ihre Verträge, kommen mit Verkaufsständen zwischen zwei und dreißig Quadratmetern. Für die Amtsleiterin ist der Wochenmarkt ebenfalls eine feste Größe. Da er kostendeckend arbeitet, hat die Stadtverwaltung die empfohlene Privatisierung abgelehnt. Die Gebühren sind mit 1,62 Euro je Quadratmeter und Tag seit 2004 konstant geblieben und monatlich zu überweisen. Mit der Handkasse rennt aus Sicherheitsgründen kein Verwaltungsmitarbeiter mehr über den Markt. Unmittelbar nach der Wende war das noch anders. Damals gab es beim Gemischtwarenmarkt vor dem HBE (heute Lausitzhalle) 85 Händler. So umsatzstarke Zeiten wie damals kamen freilich nie wieder.

Seit 1995 ist der Wochenmarkt gemäß Paragraf 67 der Gewerbeordnung nur noch ein Grün- und Lebensmittelmarkt. Mit Ausnahme alkoholischer Getränke und größeren Viehs darf alles verkauft werden, was Garten, Feld und Stall hergeben. Das schließt Blumen und Imbissangebote mit ein. Zwei Jahre später gab es auch Markttage in der Altstadt und auf dem Lipezker Platz. Letzteren stellte man im November 1998 ein. Zu wenige Händler wollten dort verkaufen.

Die Faszination Markt bleibt jedoch bestehen. Er ist Treff für viele Menschen und für die Händler attraktiv. Manche der Händler, so weiß Ingrid Stille, kommen seit zwanzig Jahren. Und es ist nicht absehbar, dass sich der Markt rückläufig entwickeln würde. Denn Markttage sind immer noch etwas Besonderes – heute und wie zu Zeiten von Kaiser Karl.



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