Frisieren im Salon auf Rädern
Recht eilig hat es die Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda. So schnell wie möglich will sie in den nächsten Wochen die Heinrich-Mann-Straße 7 bis 13 abreißen lassen. In Nummer 7 allerdings ist der Figaro-Frisiersalon „Anja“ zu Hause. Vor reichlich 15 Jahren ist er dort eingezogen, wo man zu DDR-Zeiten Farben und Tapeten zu kaufen bekam. Tapfer haben die Frauen um Salon-Chefin Brigitta Rasch ausgeharrt, obwohl nach und nach erst die Geschäftsnachbarn und dann immer schneller auch die Mieter in den darüber befindlichen Wohnungen auszogen.
Die Zukunft des Salons ist klar. Er wird aus Nummer 7 in Nummer 5 wechseln, denn die Aufgänge Mannstraße 1 bis 6 werden das letzte sein, was vom WK IIIe mit seinen einst mehr als 30 Mannstraßen-Hausnummern übrig bleibt. Die Pläne für den schicken, neuen Frisiersalon sind fix und fertig. „Die Planung ist nach unseren Wünschen erfolgt“, lobt Figaro-Geschäftsführerin Elke Beyer den Vermieter. Doch es muss ja noch umgebaut werden. Ein Jahr wird das dauern. Was also in dieser Zeit mit den rund 1 600 Kunden tun, die der Salon betreut? Die Antwort fand sich im Internet.
Die Figaro-Frauen haben in den Weiten des World Wide Web ein wenig herumgesucht. Fündig wurden sie im Schwarzwald-Ort Brigachtal. Dort lebt mit Elmar Weißer ein Mann, der auf Situationen wie jene im WK IIIe spezialisiert ist. Er verleiht fahrbare Friseurmobile. Und so wird es ab Montag unter den 21 Figaro-Salons auch einen geben, in denen sich die Kundschaft auf Rädern frisieren lassen kann. Weißers Friseurmobil XXL ist 13 Meter lang und knapp zweieinhalb Meter breit. „Es sieht von draußen irgendwie kleiner aus als von drinnen“, wunderte sich Elke Beyer, als das Zwischenquartier vorgestern anrollte.
Und tatsächlich: Es ist alles da, was Friseurin so braucht. Es gibt zum Beispiel acht Spiegel mit acht zugehörigen Frisierplätzen, zwei Rückwärtswaschbecken und ein kleines Labor zum Anrichten von Haarfarben samt zugehörigem Handwaschbecken. Beheizt ist das Mobil und für den Sommer gibt es eine Klimaanlage. Die Wohnungsgesellschaft hat extra Anschlüsse für Wasser, Abwasser und Strom legen lassen. Schon vor ein paar Tagen wurde eigens der Stellplatz direkt vor dem Winterspielplatz der KulturFabrik hergerichtet, auf dem nun neben dem Friseurmobil ein Toiletten-Container steht.
Und während man draußen die baulichen Vorbereitungen für das Übergangsquartier traf, informierten drinnen die Friseurinnen ihre Kunden. An jedem Spiegel klebte also der Zettel mit der Aufschrift „Wir ziehen um“. Gestern war es dann schließlich soweit. Es wurde auch Zeit, denn die letzten Tage waren so, wie sie üblicherweise in Hoyerswerdas Abrisshäusern sind: Die Diebe kamen. Zweimal wurde in einem Keller der Mannstraße der Versuch gemacht, Heizungsrohre zu klauen. Zweimal blieb daraufhin im Salon „Anja“ die Heizung kalt. Auch der Hintereingang hat schon Vandalismus-Spuren. Nun aber sind Scheren, Kämme und Föne um die Ecke getragen worden und Brigitta Rasch freut sich: „Es ist schön, dass unser Team zusammen bleiben kann.“
Denn es hätte natürlich auch die Möglichkeit gegeben, die sieben Kolleginnen auf andere Salons zu verteilen. Doch Kunden, die einen Standort verlassen haben, gewinnt man womöglich nur schwer zurück. Da kam die Lösung mit dem Friseurmobil wie gerufen. Nur die Kosmetikerinnen haben darin keinen Platz. Sie sind in die Figaro-Salons in den WK I und IV ausgewichen. Allerdings ist das nur vorübergehend. Der neue Salon „Anja“ wird im nächsten Jahr wieder Platz sowohl für sie als auch darüber hinaus neu für eine Fußpflegerin haben.
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