Frisches von Kuchen bis Leberwurst
Bärchen ist am anderen Ende der Telefonleitung. „Ich hab dir ein schönes Geschenk mitgebracht. Lass dich überraschen“, sagt der junge Mann in sein Handy. Er sitzt am Dienstag auf einer Holzbank unweit des Springbrunnens auf dem Lausitzer Platz . Um ihn herum ist Wochenmarkt. Der Mann hält in seinen Händen einen Strauß Rosen. Und der Mann guckt ziemlich verliebt. Die Rosen hat er soeben auf dem Markt gekauft.
Stefan Biewald hat hingegen keine Zeit für Blumen oder Obst, Gemüse und heiße Erbsensuppe. Der Hoyerswerdaer muss zur Spätschicht in die Bücherei. Vielleicht wird der Bibliothekar später in der Pause etwas kaufen.
Der Eiermann aus Dresden ist auch da. Er hat wohl keine Zeit für Auskünfte. Das sei ein schöner Markt, meint er etwas distanziert und widmet sich sofort wieder seinem Verkaufstisch, an dem aber jetzt keine Kunden anzutreffen sind. „Mein Mann ist nicht mehr sauer, Fleisch und Wurst kauf ich bei Neugebauer“, liest eine ältere Frau lachend vor und zeigt dabei auf den großen Schriftzug, der am Auto der gleichnamigen Hoyerswerdaer Fleischerei prangt.
Ein Mann mittleren Alters hat jetzt hingegen ganz andere Sorgen. Er sucht seine Ehefrau, die er im bunten Markttreiben verloren hat. Er sucht Rat am Gemüsestand vom Familienbetrieb Domanja aus Hoske. Man kennt sich. Einige Minuten später taucht die Gesuchte wieder auf. Das Paar diskutiert. Wenig später bummeln beide Hand in Hand über den Lausitzer Platz. Schön.
Gleich gegenüber vom ehemaligen Karstadtgebäude steht Heinz Lohn. Der gelernte Elektriker freut sich über einen schlechten Apfel, den soeben sein Kunde in den aufgestellten Kisten gefunden hat. Wieso denn das? „Das Faulige kommt von einem Insektenstich. Es zeigt, dass meine Früchte nicht chemisch behandelt, sondern ganz natürlich gewachsen sind“, so der 70-Jährige. Aha. Sein vollständiger Name mit Orts-Anschrift steht groß auf einem Pappschild.
Das sehe die Marktordnung so vor und daran muss sich jeder Händler halten, erklärt der erfahrene Senior. Denn Heinz Lohn aus Mühlrose steht seit über fünfzig Jahren auf Märkten und verkauft seit jeher Äpfel. Aus der Region, versteht sich. Wer möchte, der kann die Früchte kosten, bevor er sie kauft.
Einen Tag später auf dem Markt in der Altstadt: Mittwoch sei generell ein schlechter Tag. Da kommen immer wenig Kunden, weiß die Verkäuferin der Kamenzer Wurstspezialitäten aus Erfahrung. Die 40-Jährige möchte lieber nicht ihren Vornamen in der Zeitung lesen. Aber sie ist die Schwester des Firmeninhabers Lothar Scheil und seit zwanzig Jahren auf dem Markt in Hoyerswerda anzutreffen. Kein Wunder also, dass die blonde, zierliche Frau sich bestens mit den Marktgewohnheiten in der Altstadt auskennt. Es gibt Stammkunden, die kommen praktisch täglich vorbei. Sehr begehrt sind die so genannten echten Kamenzer Würstchen. Ein geschütztes Produkt, das nur in sieben Fleischereien in der Region um die Stadt Kamenz herum seit über 150 Jahren hergestellt wird. Bestehend aus sechzig Prozent Rindfleisch und einer geheimen Gewürzmischung.
Kunden finden im Herzen der Altstadt aber nicht nur frisches Fleisch und Wurst, sondern vielleicht auch eine neue, feste Arbeitsstelle. Derzeit ist das Team um Lothar Scheil nämlich auf der Suche nach einer Verkäuferin. Bei Interesse kann man sich unter 0172 936-2478 beim Geschäftsinhaber melden. So ein Markt ist eben auch ein Platz der Informationen. Selbst als es anfängt zu regnen. Trotzdem tummeln sich zahlreiche Besucher am Obst- und Gemüsestand. Ein paar Schritte weiter gibt es Blumen und einen asiatischen Imbiss. Die Resonanz bleibt aber verhalten. Bis Freitag. Dann ist erfahrungsgemäß wieder mehr los auf dem Altstädter Markt.
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