Erinnerung an den Museums-Vater


von Tageblatt-Redaktion

Die jahrtausendealten Keramiken präsentiert man im Stadtmuseum Hoyerswerda so ähnlich, wie es einst Otto Damerau tat.
Die jahrtausendealten Keramiken präsentiert man im Stadtmuseum Hoyerswerda so ähnlich, wie es einst Otto Damerau tat.

Direktoren kleiner Museen haben es zuweilen nicht einfach. Ständig müssen sie sich darüber Gedanken machen, wie sie Leute ins Museum locken und dann auch noch für das wenige begeistern, was sie haben. Wenn vor dem Zweiten Weltkrieg die Kinder im Heimatmuseum Hoyerswerda nörgelten: „Oh, wann können wir denn endlich den Wolf sehen“, dann antwortete der Museumsleiter für gewöhnlich: „Erst die Scherben!“ Und meinte die jahrtausendealten Keramiken, die bei Grabungsarbeiten in den Tagebauvorfeldern gefunden worden waren. Horst-Dieter Brähmig, Oberbürgermeister a.D., erinnert sich noch an die Jugendtage und Museumsleiter Otto Damerau. Dessen Leidenschaft waren nun mal diese Scherben. Jene Funde von Urnen und sonstigen Gefäßen aus der frühen Siedlungsgeschichte, die oft zerbrochen im Erdreich gefunden und mühsam wieder zusammengesetzt worden waren.

Dabei war Otto Damerau Autodidakt, was Bodenfunde und das Museumswesen anbelangte. Von Beruf Telegrapheninspektor hatte er privat die Leidenschaft für Archäologie entwickelt. Und er eignete sich mit der Zeit eine Fachkenntnis an, die sogar die übergeordneten Museen und Landesstellen beeindruckte, so dass etliche dieser Funde in Hoyerswerda verbleiben durften. Sie bildeten den Grundstock für das Heimatmuseum, das die Gesellschaft für Heimatkunde am 22. Mai 1932 im Haus Burgplatz 8 eröffnete.

Man hatte nicht nur die Scherben, sondern auch viele alte Gegenstände aus Privatbesitz zusammengetragen. „Was heute im Stadtmuseum aus dem Mittelalter zu sehen ist, wäre ohne Otto Damerau nicht da“, sagt Vize-Museums-chefin Elke Roschmann. Als in den 1990er Jahren die Ausstellung neu gestaltet wurde, platzierte man die Scherben in einem Regal, das dem nachempfunden war, das sie im ersten Heimatmuseum beherbergte. Doch Damerau gründete nicht nur das Heimatmuseum. Es war wohl auch so, dass er maßgeblich dafür sorgte, dass in den Kriegswirren des Jahres 1945 nicht allzu viel abhanden kam aus den Museumsbeständen.

 Damerau wurde auch damit beauftragt, die erhalten gebliebenen Kunstgegenstände in den Herrenhäusern der Umgebung zu erfassen und zu sichern. Für sein Lebenswerk, sein Bemühen um das Museum, das 1952 seinen neuen Platz im ersten Obergeschoss des Schlosses erhielt, verlieh man ihm 1953 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Hoyerswerda. 1991 ehrte ihn die Stadt ein zweites Mal – eine Straße im WK I erhielt seinen Namen. Sei Grab hingegen ist verschwunden. Otto Damerau war als eine der letzten Personen auf dem alten Friedhof, dem heutigen King-Haus-Park, bestattet worden.

Wenn man ein bisschen genauer hinschaut, dann findet man im Stadtmuseum hier und da aber noch Dinge, die im direkten Zusammenhang mit Damerau stehen. Zum Beispiel das Modell einer frühgeschichtlichen Hütte, wie sie einst in der Lausitz gestanden haben mag, wurde von Damerau selbst gebaut. Im Vereinsraum befindet sich eine Tafel, die der Gesellschaft für Heimatkunde und damit natürlich auch Otto Damerau gewidmet ist. Eine Kopie seiner Berufungsurkunde zum Museumsleiter ist beigefügt.

In der Vitrine gegenüber sind seine Vereins-Mitgliedskarte und der Ausweis als Naturschutzbeauftragter zu sehen. Anderes befindet sich zwar im Museumsbesitz, wird aber nicht ausgestellt. dazu gehören natürlich reichlich Korrespondenz, Tätigkeitsberichte und Zeitungsausschnitte, die Otto Damerau sammelte. Sogar sein Mikroskop ist noch erhalten. Und es gibt auf dem Speicher zwei Schreibtische, an denen der Hoyerswerdaer Ehrenbürger gearbeitet hat. Der eine ist der Dienst-Schreibtisch aus dem Museum, der andere stammt aus Privatbesitz. Denn Otto Damerau und seine Frau Luise, die als Damenschneiderin tätig war, lebten einst in der Bismarck-Straße 6, der heutigen Bebel-Straße, im Bereich der Ölmühle. Dort stand der Privatschreibtisch, der jetzt dem Museum gehört.

Heute begrüßt der Wolf, auch Tiger von Sabrodt genannt, im ersten Obergeschoss die Museumsbesucher. Die Kinder sehen ihn praktisch als Erstes. Erst dann kommen die „Scherben“. Alles ist weitläufig, schön beleuchtet und erklärt. Doch die Gedanken der Museumsleiter um die Gunst der Besucher für die Exponate, die sind geblieben.

Zum 50. Todestag des Museumsgründers und Ehrenbürgers von Hoyerswerda, Otto Damerau, gibt es am heutigen Mittwoch um 10 Uhr eine Sonderführung im Stadtmuseum. Der Eintritt beträgt 2,50 Euro, eine Voranmeldung ist nicht notwendig.



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