Ein Stück Hoyerswerdaer Lebensgefühl


von Tageblatt-Redaktion

Gut bestuhlt für eine Tanzszene war gestern der Lausitzer Platz
Gut bestuhlt für eine Tanzszene war gestern der Lausitzer Platz

Ein Mann und eine Frau schauen ernst gesammelt den Betrachter an. Die Kamera entzoomt. Man sieht jetzt, sie sitzen auf Stühlen. Hinter ihnen das Panorama einer Stadt: Hoyerswerda. Die Stühle stehen auf dem Dach des Würfelhauses Otto-Nagel-Straße 52, Ort des „Auszeit“-Projektes der KulturFabrik. Die beiden, dargestellt von Simone Frank und Torsten Schlebusch, hetzen das Treppenhaus hinunter. Atemlos durch die Stadt. Auf den Lausitzer Platz. Dort finden sie sich, erstaunt, inmitten einer Menschenmenge, wie schlafend, auf Stühlen, wieder. Während die beiden sich nun selbsterkennend ansehen, wie dereinst Adam und Eva im Paradies, erwachen die Menschen. Am Ende der Choreographie schnappen sie ihre Stühle, flüchten aus dem Bild.

Das alles werden die Lausitzhallen-Besucher am 14. September so als Videoclip auf der Leinwand des Großen Saals sehen. Mit der letzten Sentenz des Clips betritt der erste Tänzer in echt die Bühne: das eigentliche Tanz-Spektakel beginnt ...

Das ist der Beitrag der KulturFabrik-Tanz-Compagnie, für den gestern auf dem Lausitzer Platz geprobt wurde. Nur ein Mosaiksteinchen des Projektes „Eine Stadt tanzt Gundermann“, wie Regisseur und Choreograph Dirk Lienig klarstellt. Dass das überhaupt zustande gekommen ist, sei Uwe Proksch, dem KuFa-Chef, zu danken. Nach den Tanzprojekten der Compagnie in der EnergieFabrik Knappenrode 2010 und in der Tanzfabrik an der Dresdener Straße 2011 war nichts Neues geplant, „aber die Tänzer waren noch so heiß, und die Idee von Uwe mit Gundermann hat dann endgültig den Ausschlag gegeben.“

Schon zum dritten Mal also bereitet sich Hoyerswerda nun auf sein Projekt „Eine Stadt tanzt“ vor. Das erreicht dieses Jahr eine neue Dimension. Denn diesmal sind auch andere Tanzschaffende der Stadt dabei: Kinder, Jugendliche, jüngere und ältere Erwachsene vertanzen Titel des Rockpoeten und Liedermachers Gerhard „Gundi“ Gundermann.

Die Frauen der Gruppe Tanzgymnastik 50+ der Volkshochschule Hoyerswerda unter Tanztrainerin Astrid Gumprecht sind zum ersten Mal bei „Eine Stadt tanzt“ dabei. Sie wählten den Titel „Kuba“ aus, weil sie von der gefühlvollen Musik fasziniert waren: Sommer, Sonne Strand und Meer. Erstmals wählten die Tänzerinnen nicht nur die Musik mit aus, sondern gestalteten auch die Choreographie mit.

Seit acht Wochen trainieren sie die Schritte und Bewegungen. Das bisherige Ergebnis kann sich sehen lassen. „Wir müssen vor der Generalprobe mal ohne Spiegel trainieren“, sagte Trainerin Gumprecht, „auf der Bühne der Lausitzhalle ist ja auch keiner.“ – „Zu den Kostümen haben wir uns noch nicht festgelegt“, schränkt eine der Tänzerinnen ein. So ist noch Arbeit bis zur Generalprobe Anfang September. Dort werden die Frauen sehen, wie ihr Tanz auf der Bühne funktioniert – und was die anderen geübt haben. Auf das Gesamtergebnis sind jedenfalls alle gespannt. Es ist ja ihre Premiere.

Die 14- bis 18-jährigen JazzDancer des Lessing-Gymnasiums Hoyerswerda unter Trainerin Inge Bormann dagegen treten jedes Jahr mehrfach gemeinsam auf. Aber es ist auch für sie etwas Besonderes, Gundermann zu vertanzen, „denn hier geht es um Hoyerswerda“, sagte Tänzerin Kimberley Prudlo aus Klasse 8. Sie findet es schwierig, für den Titel „Hier bin ich gebor’n“ eine Choreographie zu entwickeln, denn die Musik des Liedermachers sei anders rhythmisiert als etwa die der Beatles. Die Mädchen (und ein Junge!) haben einige Szenen erarbeitet, andere Passagen müssen noch entworfen und geübt werden.

„Wir machen hier Ausdruckstanz, stellen eigene Gefühle dar“, erklärte Tänzerin Antonia Florian aus Klasse 11. Da müsse jede Bewegung und sogar der Gesichtsausdruck stimmen. Voraussetzung für ein gutes Ergebnis sei, dass die Schüler Zugang zum Thema finden, erklärte Inge Bormann. „Sie haben ja die Zeit, in der die Musik entstand, nicht erlebt.“

Dirk Lienig, bei dem alle Fäden zusammen laufen, ist auch neugierig, was die zehn teilnehmenden Gruppen vorbereiten. Bis jetzt weiß er nur, wer welche Titel tänzerisch umsetzt. Besonders gespannt ist er auf den Beitrag des Tanzclubs Schwarz-Gold, der einen Zusammenschnitt von „Revolution Nr. 10“ und „Sieg des Samurai“ vertanzen wird. Die Tanzschule Schulze dagegen will ihren Auftritt mit einem Video ergänzen, „das ich im Juli in der Energiefabrik Knappenrode aufnehmen werde“, sagt Dirk Lienig.

Wenn er Näheres über alle Beiträge weiß, werde er eine Dramaturgie für den Auftritt am 14. September in der Lausitzhalle entwerfen. Ein Nummernprogramm zusammenhangloser Bestandteile wird es nicht. Auch widerspricht er dem Wort „Solisten“: „Die Gruppe; jeder Einzelne, ist gleich wichtig. Es soll ein harmonisches Ganzes werden und positive Energie für Hoyerswerda ’rüberbringen, im Betrachter wecken – also nach innen wirken und nach außen tragen. Ein Stück wahres Hoyerswerdaer Lebensgefühl eben.“ (mit Uwe Jordan)



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