Der ganz normale Wahnsinn
Das Beste habe die Autorin dieses Textes leider schon verpasst, sagt Ina Burchert. Die Mitarbeiterin der Lausitzhalle sitzt in ihrem Behelfsbüro in einem der Gänge des Alten Rathauses und lächelt. Vor ein paar Minuten sei ein halbnackter Mann durch das Organisationsbüro geeilt. Es handelte sich dabei nicht um einen Besucher oder Stargast, sondern um einen jungen Mann, der sich einer Hälfte seines Maskottchenanzuges nach dem DAK-City-Lauf entledigt hatte. Kein Wunder. Denn kaum angezogen ist Schwitzen vorprogrammiert. „Die sehen nach ihrem Auftritt aus wie frisch geduscht. Ich glaube, diese Arbeit würde nicht jeder machen“, meint Ina Burchert anerkennend und sucht nebenbei ein Schriftstück raus. Denn gleich müsse sie die Gage an einen Künstler des Stadtfestes auszahlen.
Auch das gehört zu den Aufgaben im Organisationsbüro. Für das Team der Lausitzhalle ist die Durchführung des Stadtfestes eine Premiere. Erfahrungen aus der Organisation von der Lausitzer Seenland-Messe kommen dem Team, das beim Stadtfest in zwei Schichten arbeitet, hier zugute. Ein Blick durch das Fenster mitten in den Festtrubel hinein bleibt den Mitarbeitern, die im Rathaus eigentlich nur zu Gast sind, aber verwehrt. Denn das Büro befindet sich im Erdgeschoss des Rathauses im Flurbereich.
Gleich neben der verschlossenen Tür des Arbeitsraumes von Bürgermeister Thomas Delling – und über dem Ratskeller. Der Wirt hat laut Aushang den Betrieb während des Stadtfestes eingestellt, weil sein Betrieb in die Vorbereitung nicht mit einbezogen war. Er bekam die schwarze Rückseite der Bühne vor die Nase gesetzt. Die würde auch Ina Burchert sehen, wenn sie aus dem Rathaus rausgucken könnte. Aber immerhin würde sie etwas sehen. „Das wäre natürlich schöner gewesen wenn wir hier drinnen etwas vom Trubel mitbekommen würden. Aber alles Gute ist nie zusammen“, sagt Ina Burchert zu den Arbeitsbedingungen.
Dafür können die Lausitzhallen-Mitarbeiter aber die benachbarte Küche mit nutzen. Gut so. Denn der Kaffee ist fast alle. Bühnenmeister Bernd Zobel bekommt den Rest, dann blubbert auch schon wieder die Maschine. Neue Schnittchen müssen auch wieder her. Ina Burchert kümmert sich drum. „Hier ist es fast wie zu Hause bei Muttern“, schwärmt Bernd Zobel, als sein Handy klingelt. Der Techniker wird dringend auf dem Festplatz gebraucht.
Ohne Vorwarnung schiebt sich auf einmal ein riesiger Kopf durch den Türrahmen. Alle zucken im Org-Büro vor Schreck kurz zusammen. Es ist wieder das Dachs-Maskottchen. Ina Burchert hilft beim Ausziehen des flauschigen, bunten Kopfbezuges.
Sehr viel festlicher präsentiert sich die Big Band, die im Organisationsbüro nach der Umkleidekabine fragt. „Bitte in den Ratssaal“ erfahren die Musiker. Ina Burchert will zum Handy greifen. Doch es ist nicht da. Ihre Kollegin hat es aus Versehen mit auf den Festplatz genommen. Das kann passieren. Eine Lösung zum Telefonieren findet sich schnell. Es klappt wie am Schnürchen. „Man muss hier meistens spontan reagieren können“, meint Ina Burchert und hat schon die nächste Anfrage.
Ein Mann mit sächsischem Dialekt will wissen, ob im Rathaus auch Startnummern für den City-Lauf ausgegeben werden. Aber diese bekommt der Sportler bei den Herren mit den orangefarbenen T-Shirts draußen, weiß der Mann wenig später.
Dann wird es für kurze Zeit ruhiger. Etwas Zeit zum Verschnaufen. Und Nachdenken. Denn nach dem Fest ist bekanntlich vor dem Fest. Und wie dieses 2013 ablaufen soll, ist für das Organisationsteam bislang ein Rätsel. Aufgrund der zu erwartenden Baustellen rund um den Markt ist weniger Platz vorhanden. Man könne doch das Stadtfest auch in die Neustadt verlegen rund um den Lausitzer Platz. Und mit einem verkaufsoffenen Sonntag im Lausitz-Center kombinieren, kommt bei der kleinen Gesprächsrunde zu Gehör. Doch dann verlangt plötzlich die Gegenwart wieder die volle Aufmerksamkeit. Das Telefon klingelt. „Das ist hier der ganz normale Wahnsinn“, lächelt Ina Burchert.
PS: Aus Polizeisicht verlief das Hoyerswerdaer Stadtfest friedlich. Eine Rangelei zwischen einer Rocker-Gruppierung und dem Wachschutz, von der Besucher des Festes berichten, war gestern in der Polizeidirektion nicht bekannt.
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