Altschulden lasten noch 20 Jahre auf den Großvermietern


von Tageblatt-Redaktion

Mit jedem Quadratmeter abgerissenen Wohnraum sinken die Altschulden der Großvermieter.
Mit jedem Quadratmeter abgerissenen Wohnraum sinken die Altschulden der Großvermieter.

Passé sind jene Zeiten, in denen auch in den hiesigen Gemeindeparlamenten häufig über sogenannte Altschulden für Wohnungsunternehmen diskutiert worden ist. Margitta Faßl findet das etwas schade. „Manchmal wünschte ich mir da schon Unterstützung“, sagt die Chefin der Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda (WH). Denn für die meisten betroffenen Vermieter geht es gar nicht um wirkliche Kredite. „Es sind keine direkten Schulden des Unternehmens im heutigen Sinne“, findet Axel Fietzek, der Chef der LebensRäume-Genossenschaft Hoyerswerda und Margitta Faßl erklärt: „Es tut schon weh, dass weder die belasteten Unternehmen noch die Mieter eine Gegenleistung erhalten haben.“

Die Altschulden haben Jahrzehnte auf dem Buckel. Es geht um den Wohnungsbau zu DDR-Zeiten. Einfach gesagt, hat der Staat sich dafür damals quasi selbst Geld geliehen. Die fertigen Häuser wurden dann den Vermietern zugeordnet. „Eine Refinanzierung war da nie kalkuliert“, blickt Axel Fietzek auf die DDR-Baupolitik zurück, die ja vor allem Sozialpolitik sein sollte. Das staatliche Planungssystem führte also gewissermaßen virtuelle Kredite bei der Staatsbank. Mit der Deutschen Einheit wurden diese Kredite an Privatbanken verkauft. Und bei denen zahlen die Vermieter als Schuldner ab – bis heute im Schnitt 4 000 Euro je Wohnung. Gerecht, sagt Margitta Faßl, sei das sicher nicht: „Anderen Branchen sind solche Schulden erlassen worden.“

Aber es nutze nichts, erklären sowohl sie als auch ihr LebensRäume-Kollege. Die Altschulden seien geltendes Recht. „Gerechtigkeit ist da ein abstrakter Begriff“, meint Axel Fietzek. Seine Genossenschaft hatte einmal 40 Millionen Euro Altschulden in den Büchern. Heute sind es noch 20 Millionen. Bei der Wohnungsgesellschaft sind von einst 65 Millionen Euro noch gut 33 Millionen übrig und Margitta Faßl prognostiziert: „Unterstellt, dass die Regelungen zur Teilentlastung fortgeführt werden, wird das Unternehmen wohl noch 20 Jahre zur Abzahlung benötigen.“ Denn der Staat greift den Vermietern unter bestimmten Bedungen immerhin unter die Arme. Für jeden Quadratmeter abgerissenen Wohnraumes bekommen Wohnungsgesellschaft, LebensRäume und andere 75 Euro ihrer Altschulden erlassen.

Doch diese Regelung endet 2013. Gegenwärtig wird viel politische Mühe darauf verwendet, eine Fortführung zu erreichen. Axel Fietzek sagt, die dafür einmal formulierten Ziele seien bisher wenigstens erreicht worden: „Die Unternehmen sind stabilisiert und die Leerstände sind abgebaut.“ Doch sie wachsen wieder und bringen nicht nur kein Geld, sondern kosten durch Altschulden und nicht refinanzierbare Betriebsausgaben doppelt. Immerhin hat eine Kommission bereits vor zwei Jahren festgestellt, dass weitere Kredithilfen nötig sind. Aber Gesetze gibt es bisher nicht.

Eine generelle Entschuldung, sagt Margitta Faßl, wäre zwar sehr schön: „So könnte man Instandhaltung an einigen Stellen forcieren und Technik, die vor zwanzig Jahren installiert wurde, muss ja auch ersetzt werden.“ Die Chance, dass der Staat die Altschulden einfach bezahlt, sind aber laut Fietzek und Faßl gleich null. Schätzungsweise geht es ostdeutschlandweit um rund vier Milliarden Euro. Axel Fietzek sagt aber, die Politik sehe die Wohnungswirtschaft momentan eher nicht als Problemfall und dass jemand den Einigungsvertrag noch einmal anfasse, sei „illusorisch“. Also, sagt er, würden vorerst weiter von jedem verdienten Euro 60 Cent an die Banken fließen.



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