Was kann sich die Gemeinde Lohsa noch leisten?


von Tageblatt-Redaktion

Am Ufer des Silbersees kann man wie hier Bürgermeister Udo Witschas nur noch jetzt im Winter sitzen. Die Sperrung des Sees wegen der Bergbausanierung naht.
Am Ufer des Silbersees kann man wie hier Bürgermeister Udo Witschas nur noch jetzt im Winter sitzen. Die Sperrung des Sees wegen der Bergbausanierung naht.

Herr Witschas, die Ankündigung der Schulschließung in Weißkollm vor einem Jahr löste große Emotionen aus. 2011 läuft die Schule aus. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung?
Ich denke, die Diskussion wird 2011 weiterlaufen. Man hat ja Strukturen über Jahrzehnte als gegeben hingenommen und dass man da tiefgreifend und umfangreich diskutiert, mit örtlicher Betroffenheit, das ist jedem Gemeinderat bewusst gewesen. 1994/1995 hatten wir noch das Doppelte an Schulkindern. Mit der Hälfte an Kindern ist auch nicht mehr die Anzahl der Einrichtungen zu betreiben. Gleichwohl ist meine Position zum sächsischen Schulgesetz: Das ist nicht das Nonplusultra. Wenn man dauerhaft ländliche Schulstrukturen erhalten will, so wird das in den nächsten zehn Jahren mit dem bestehenden Schulgesetz nicht möglich sein. Wenn man sich die Demografie anschaut, würde das bedeuten, wir haben irgendwann nur noch konzentrierte Stadtschulen. Das kann es ja eigentlich nicht sein.

Das war die Lohsaer Grundidee: Wir geben einen Grundschulstandort auf, schicken die Kinder nach Spreetal und erhalten im Gegenzug die Mittelschule.
Wir mussten uns ja schon 2009 positionieren, wo es um die Mittel aus dem Konjunkturprogramm ging. Bis dahin konnten wir uns beide Grundschulstandorte leisten. Jetzt kam noch erschwerend hinzu, dass, wenn wir wie in Groß Särchen die halbe Million investiert haben, die Groß Särchener Schule vom Zustand her besser ist als die Weißkollmer. Die Kinder sind im Ort, nicht an den Rand gedrängt. Die Turnhalle ist gleich daneben. Da waren jetzt einige Eltern und Elternvertreter bei einem Schulbesuch beeindruckt gewesen.

In Weißkollm war aber schon zu spüren, dass die Kinder jetzt in eine andere Gemeinde geschickt werden und dass das die Gemeinde etwas spaltet.
Ich würde das aber nicht als Spalten sehen, sondern als Erschließen neuer Territorien. Das hat man andersherum auch so in Spreetal gesehen. Denn angesichts der dortigen Geburtenzahlen hätte man aus eigener Kraft die Einzügigkeit der Grundschule nicht ewig halten können. Freilich erwarten wir im Gegenzug, dass sich nicht nur ein, zwei Kinder aus der Gemeinde Spreetal an der Mittelschule Lohsa anmelden, sondern mehr. Das wird nicht gleich im ersten Jahr so einschlagen. Aber wenn dies nicht passiert, müssen wir uns schon fragen: Was bringt das uns? Das ist ein Wachstumsprozess von zwei, drei Jahren. Und man muss auch fragen, wo würden denn unsere Kinder hingehen, wenn unsere staatliche Mittelschule schließen müsste?

Hoyerswerda.
Vor wenigen Jahren haben die Leute gesagt: Um Gottes Willen, nicht in die Stadtschulen. Wir wollen unsere ländliche Prägung erhalten, auch von Weißkollmer Eltern. Und für die Weißkollmer Grundschüler ist es vom Fahrweg her fast hin wie her, ob die Kinder nun nach Groß Särchen oder nach Burgneudorf fahren. Diesbezüglich ist das eine Frage der Umgewöhnung. Ich muss die Gesamtentwicklung der Gemeinde im Auge behalten. Denn wie attraktiv wären wir noch als Gemeinde, wenn wir keinen Mittelschulstandort mehr hätten? Es ging bei der Entscheidung um das geringere Übel für die Zukunft.

Wenn die Schule leergezogen ist, was wird aus dem Gebäude?
Es gibt jetzt schon Interessenten für das Gebäude, wo ich absichtlich sage – solange die Schulzweckvereinbarung mit Spreetal nicht unterzeichnet ist, werde ich nicht von einer Vermarktung des Gebäudes sprechen. Im Übrigen haben wir die gleiche Verfahrensweise bereits im Jahr 2003 mit unseren südlichen Ortsteilen und der damaligen Gemeinde Knappensee zum Erhalt unserer Mittelschule und deren Grundschulen gemeistert.

Woran liegt es, dass diese Vereinbarung noch nicht geschlossen ist?
Spreetal und wir haben uns gesagt, wir wollen das nicht überstürzen. Die Vereinbarung muss freilich spätestens ab August 2011 funktionieren. Eines der wichtigsten Dinge, die vorher zu klären sind, ist die Frage: Wie werden die Klassen gestrickt? Wie wird das mit dem Hort vonstatten gehen, zum Beispiel für Eltern, die bei uns in der Gemeinde beim zweiten Kind Kosten erstattet bekommen? Das sollte man alles vor dem Abschließen der Vereinbarung klären.

Wann wird das sein?
Ich denke Ende erstes, Anfang zweites Quartal 2011. Aber unser Hauptamt ist derzeit auch stark eingebunden. Ich denke da nur an den Trägerwechsel bei den Kitas oder die bergbauliche Sanierung im Gemeindeterritorium.

Die Schulschließung passt in die freiwillige Haushaltskonsolidierung der Gemeinde. Die geplante Schließung des Freibades kann endgültig sein. Welche Grausamkeiten kommen noch auf die Lohsaer zu?
Es ist ja noch eine freiwillige Konsolidierung. Die Frage ist aber: Was passiert, wenn wir es nicht machen? Wir haben die Mitteilung der Landesdirektion, dass man im Rahmen der Konsolidierung den Antrag stellen kann, das Bad zu schließen und die Fördermittelrückzahlung erlassen zu bekommen. Dann werden wir sehen, was der Fördermittelgeber sagt. Das Haushaltskonsolidierungskonzept ist beschlossen. Wir gehen jetzt in die Einzelheiten. Wir werden voraussichtlich schon die Hundesteuersatzung im Januar abändern.

Also Steuererhöhung.
Da müssen wir schauen, was ist machbar und vertretbar. Wenn die Elternbeiträge im Kita- Hortbereich angepasst werden, dann muss ich natürlich sämtliche Bereiche betrachten. Wenn man das mit Nachbargemeinden vergleicht, dann sind unsere Bürger in den letzten Jahren verwöhnt worden. Beispielsweise hat die Gemeinde Lohsa noch in 2010 die Grünlandpflege auf sämtlichen Sportplätzen übernommen. Nur der FSV Knappensee hat dies selbst getan.

Wie ist das 2011?
Da werden wir das definitiv nicht mehr tun können. Wir werden im ersten Halbjahr zu vertraglichen Abschlüssen kommen müssen mit den jeweiligen Sportplatznutzern und sagen: Wir ziehen uns als Kommune zurück. Ich kenne keine Gemeinde, die einem Fußballverein noch den Platz macht. Anderes Beispiel. Ich war jetzt in Chemnitz gewesen. Da gibt es auf den Anliegerstraßen keinen Winterdienst.

Wie in Hoyerswerda . . .
Und bei uns rufen die Leute an, wenn bis 6 Uhr morgens der Schnee nicht geräumt ist. Man muss einfach mal sagen, es ist Winter. Das sind auch solche Diskussionspunkte. Vom Grundsatz her geht es bei der bevorstehenden Haushaltskonsolidierung um die Frage: Welche Ausgaben können wir uns mit den noch bestehenden Einnahmen leisten?

Stark diskutiert wurde in diesem Jahr ja auch die Ankündigung der Rückkehr der Bergbausanierung an den Knappensee und Silbersee. Bleibt die Frage, wie es mit dem Tourismus weitergeht.
Wir werden 2011 erhebliche Einschnitte am Silbersee haben. Wir arbeiten daher an einer Ausschreibung der touristischen Tätigkeit am Silbersee. Ich hoffe, dass sich jemand findet, der den Campingplatz betreibt, auch wenn der See nicht nutzbar ist. Mein Ziel ist es, im Januar zu klären, wie die Vergabe erfolgen könnte.

Dann wäre der Eigenbetrieb aus der Tourismusbetreibung raus?
Ich brauche ja das eigene Potenzial, um die touristischen Leitlinien für die nächsten Jahre nach 2012 am Silbersee als Zwischennutzung und nach 2015 am Knappensee zu stricken. Dafür kann man jemanden einstellen, was ich mir angesichts des Haushalts nicht vorstellen kann, oder aber man macht eigene Kräfte frei. Am Silbersee werden wir eh rote Zahlen einfahren. Da ist die Frage, ob man die dem Freistaat gegenüber geltend machen kann.

Man könnte ja den Campingplatz auch komplett schließen.
Das wollten wir nicht, weil es einen erheblichen Anteil von Dauercampern gibt, die trotzdem kommen werden und sich aufs Rad setzen und an den Knappensee oder den Dreiweiberner See baden fahren. Im Frühjahr dieses Jahres werden wir am Dreiweiberner See durch den Maßnahmeträger, die LMBV, die Stranderweiterung in Angriff nehmen, so dass sie zum Sommer fertiggestellt sein müsste.

Für den sollte es doch ein touristisches Konzept geben?
Das ist derzeit insofern sinnlos, da ausschlaggebend sein wird, wie das Territorium zwischen Knappensee und Silbersee nachnutzbar sein wird. Das wird erhebliche Auswirkungen auf den Dreiweiberner See haben.

Wann soll eigentlich das Tourismuskonzept für Knappensee und Silbersee vorliegen?
Das ist in diesem Jahr durch den Wechsel des Oberbergdirektors etwas ins Stock gekommen. Der alte Bergdirektor sagte im Frühjahr bei uns: Schiffbare Kanäle sind nicht machbar, aber es sollte weiter geprüft werden, inwiefern eine Wasserwanderverbindung vom Knappensee bis zur Kleinen Spree machbar ist. Sollten die Verbindungen möglich sein, hat das Folgen für die touristische Entwicklung und für die Ausrichtung der einzelnen Seen. Wenn die Wasserverbindung zwischen diesen Seen nicht herstellbar ist, dann können wir das mit der touristischen Entwicklung sein lassen und an jedem See einfach einen Badestrand für die örtliche Bevölkerung machen. Und dann war es das.

Wie kann man die Zeit am Knappensee nutzen, um dort mit der Schaffung von Planungsrecht Synergien mit der Bergbausanierung zu schaffen?
Das ist das Problem. Wie soll die Kommune denn B-Pläne erstellen, wenn es keinen Investor gibt. Wenn ich B-Pläne nach unseren Vorstellungen entwerfe, fragt sich der spätere Investor: Was schreiben die mir hier vor? Wir müssen erst einmal jemanden finden, der etwas schaffen will, um ihm die Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bevölkerung erwartet, dass was passiert. Doch die Hauptaufgabe wird sein, jemanden zu finden, der etwas machen will.

Worauf können sich denn die Lohsaer 2011 freuen?
Da werden viele Dinge umgesetzt, die wir 2010 geplant hatten, die kleinen Baumaßnahmen an den Straßen und der Radwegebau zwischen Dreiweiberner und Bärwalder See. Die Stranderweiterung am Dreiweiberner See wird kommen. Ich hoffe, dass das Projekt im Frühjahr startet. Es wird auf jeden Fall bis Mitte des Jahres dauern. Den kommunalen Investitionen in 2010 zuzurechnen ist auch die Beschaffung des Feuerwehrfahrzeugs für Groß Särchen. Die Lieferung wird voraussichtlich Mitte 2011 erfolgen. Die Frage ist: Was wird dem Haushalt 2011 zuzuordnen sein? Mal abgesehen von den ganzen Restposten, wird das nicht viel sein. Je erfolgreicher wir in den nächsten Jahren in der Haushaltskonsolidierung sind, umso eher kommen wir wieder zu Investitionen.

Wann wird das sein – 2014?
Das kann man so nicht sagen. Denn man muss bedenken, selbst wenn es uns dann wirtschaftlich besser geht, greift die nächste Stufe des Solidarpakts. Und auch die Doppik dürfen wir nicht außer Acht lassen. Eine solide Finanzkraft der Gemeinde wird immer wichtiger.



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