Techniker wollen die Spree entrosten

Von Jost Schmidtchen
Der Schock vom 8. Januar 2013 sitzt bei vielen heute noch tief: An diesem Tag erfuhren Hunderte Besucher einer Bürgerversammlung in Spremberg von Wissenschaftlern eine bittere Tatsache, die da lautete: Noch fast 100 Jahre wird das Wasser der Spree altbergbaubedingte Eisenzutritte haben und den Fluss einfärben. Aber es gibt viele Bemühungen, um der Entwicklung gegenzusteuern, so auch beim Bergbausanierer LMBV. Das Unternehmen hat eine Projektgruppe „Gewässergüte Fließgewässer Lausitz“ gebildet. Ihr Koordinator ist Volkmar Zarach.
MASSNAHMEN SIND IN ZWEI BEREICHEN GEPLANT
Die Tätigkeit umfasst den Nordraum der Spree, also flussabwärts in Richtung Spreewald, wo bislang unter anderem Fließe von Eisenablagerungen beräumt wurden. Die Grubenwasserreinigungsanlage (GWRA) Vetschau wurde zur Wasserbehandlung reaktiviert. Und alte Fischteiche bei Eichow sind als Absatzbecken für das Eisen in Betrieb genommen worden. Ziel im Nordraum ist es, den Spreewald unmittelbar zu schützen. Im Südraum, das ist das Gebiet von der Ruhlmühle bei Neustadt/Spree bis zum Vorstaubecken der Talsperre Spremberg, müssen andere Maßnahmen realisiert werden. Das geht nur mittelfristig in zeitlich und technisch machbar abgestimmten Schritten. In diesem Gebiet wird die größte Eisenbelastung verzeichnet.
DAS STÖRENDE BRAUN KOMMT AUS TROCKENGELEGTEN ERDSCHICHTEN
Eisen ist ein in der Erdkruste weit verbreitetes natürliches Element. Es wurde seit dem Mittelalter als Raseneisenerz oberflächennah abgebaut. In Nachnutzung entstanden etwa die Fischteiche zwischen Peitz und Kreba-Neudorf, aber auch Hammerwerke mit Verhüttung wie in Lauchhammer, Burghammer, Kreba und anderswo. Die im Boden natürlich vorhandenen Minerale Pyrit und Markasit sind chemische Verbindungen von Eisen, Eisensulfid und Schwefel. Durch den Kontakt mit Luftsauerstoff infolge der bergbaulichen Grundwasserabsenkung verwittern die Eisensulfide und es entstehen Eisenhydroxid und Sulfat. Verstärkt durch hohe Niederschläge der letzten Jahre werden letztere infolge des Grundwasserwiederanstiegs nach Tagebau-Stilllegung auch in Kleine und Große Spree eingetragen.
EIN GANZER KATALOG VON PROJEKTEN LIEGT VOR
Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft LMBV beobachtet und kontrolliert diese Entwicklung über ein großflächig installiertes „Montanhydrologisches Monitoring“ und gab von 2008 bis 2012 vier Studien dazu in Auftrag. Alle Ergebnisse werden nun von der Projektgruppe in Zusammenarbeit mit anderen anhand eines Maßnahmekatalogs schrittweise umgesetzt. Dabei sind Kommunen, Behörden, die Boden- und Wasserverbände und Vattenfall.
REINIGUNGSANLAGE BURGNEUDORF ARBEITET AB 2016 WIEDER
Erbaut in den 1950er-Jahren zur Reinigung der Grubenwässer des Tagebaus Spreetal wurde sie vor rund 15 Jahren mit dem Auslaufen des Tagebaus stillgelegt. Der abgeschiedene Schlamm wurde zuletzt über eine Rohrleitung nach Spreetal-Nordost geleitet, das gereinigte Wasser immer in die Kleine Spree. Die Ertüchtigung der GWRA hat in diesem Jahr begonnen. Die Wiederinbetriebnahme ist Ende 2016 vorgesehen.
DAS GRUNDWASSER WIRD MIT BRUNNEN GEHOBEN
Entlang der Ortsstraße vom Spreewitzer Froschteich bis nach Spreewitz-Ausbau entstehen in den nächsten Jahren Abfangriegel mit Brunnen, um das aus der Spreewitzer Rinne stammende eisenbelastete Wasser bereits im Zustrom zur Kleinen Spree aufzufangen und der Reinigung zuzuführen. Die bergrechtliche Zulassung für die ersten zwei Brunnen erwartet die LMBV im November. Bis zur Wiederinbetriebnahme der GWRA Burgneudorf erfolgt die Reinigung von drei Millionen Kubikmeter jährlich in der Grubenwasserbehandlungsanlage von Vattenfall in Schwarze Pumpe.
EISENSCHLAMM SOLL IN LOHSA II VERSENKT WERDEN
Nach 2016 werden die gehobenen Wässer mindestens sechs Jahre lang in Burgneudorf gereinigt und das abgeschiedene Eisenhydroxid optional in das Tagebaurestloch Lohsa II abgeleitet. Über den Verlauf der Schlammleitung gibt es noch keine endgültigen Aussagen. Im Testbetrieb der GWRA wird das Eisenhydroxid zunächst in riesigen Textil-Säcken gelagert. Nach 30 Tagen Entwässerungsdauer werden diese Geotubes aufgeschnitten und das Eisenhydroxid deponiert oder testweise zu PUS Lauta zur weiteren Verwertung verbracht.
VATTENFALL SCHAFFT PLATZ IN SCHWARZE PUMPE
Mit Inbetriebnahme der GWRA „Am Wolkenberg“ leitet Vattenfall in Fließgewässer, die unterhalb der Talsperre Spremberg in die Spree münden, gereinigtes Wasser aus dem Tagebau Welzow-Süd. Die GWRA „Am Wolkenberg“ entlastet die GWRA Schwarze Pumpe, sodass diese mit der frei gewordenen Kapazität ab sofort jährlich drei Millionen Kubikmeter belastetes Wasser aus dem Spreebereich der Spreewitzer Rinne aufbereiten kann. Die LMBV nimmt zudem ein Pilotvorhaben an der Ruhlmühle in Betrieb. Im Rahmen eines Feldversuches wird dort die natürliche mikrobiologische Grundwasserbehandlung durch Sulfatreduktion und Festlegung des Eisens vor Ort getestet und wissenschaftlich begleitet.
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