Schätzen, was wir im Moment haben


von Tageblatt-Redaktion

Schätzen, was wir im Moment haben
Foto: Juliane Mietzsch

Hoyerswerda. Bei einem Projekttag mit dem Titel „35 Jahre Fall der Mauer“ im Léon-Foucault-Gymnasium wurden mehrere Facetten des Lebens in der DDR behandelt sowie der Übergang zur Deutschen Einheit nach der Friedlichen Revolution. Der vom Leistungskurs Geschichte der Klassenstufe 12 vorbereitete Projekttag richtete sich an die zehnten Klassen und damit an etwa hundert Schülerinnen und Schüler.

Bei einem Zeitzeugengespräch kamen Gilbert Furian (im Bild) und Michael Schlosser zu Wort, die beide vordergründig über ihre Hafterfahrungen zu DDR-Zeiten sprachen. Den heute 79-jährigen Gilbert Furian brachte die Verbreitung von Interviews mit Punks aus Ost-Berlin in Richtung Westen ins Gefängnis. Michael Schlosser (*1944) hingegen wollte im Jahr 1983 mit einem selbstgebauten Leichtflugzeug aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland flüchten. Aufgrund dieses Vorhabens wurde er inhaftiert und später von der Bundesrepublik freigekauft – wie auch Gilbert Furian.

Die authentischen Biografien haben Eindruck hinterlassen: Zwölftklässler Luis findet den Fokus auf die jüngere Geschichte wichtig und hat nun ein Gefühl für die DDR-Zeit bekommen. Florentin weiß jetzt besser zu schätzen, wie es ist, in einer Demokratie zu leben. „Wir haben es heute leichter“, sagt der Zehntklässler. Lea ist vor allem bewusst geworden, was für ein steiniger Weg es zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten war. „Das müssen wir beschützen“, appelliert sie. (red)

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Kommentare zum Artikel:

Thomas Häntschke schrieb am

Zwei Zeitzeugen von durchschnittlich (1949-1989) 16 Millionen DDR-Bürgern und Luis hat nun ein Gefühl für die DDR-Zeit bekommen!?

Zwei Zeitzeugen von durchschnittlich (1949-1989) 16 Millionen DDR-Bürgern und Leonie schätzt sich glücklich ohne Überwachung leben zu können und das sie offen ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, das System kritisieren, aber auch mitgestalten kann!?

Zum Luis stellt sich für mich die Frage:

Welches Gefühl hat er für die DDR-Zeit bekommen?

Zu Leonie kann ich sagen, das es auch zu DDR-Zeiten möglich war, das System zu kritisieren, ohne das man eingesperrt wurde.

Es gab sogar eine Fernsehsendung, an die sich DDR-Bürger wenden konnten, wenn es Probleme gab und die zuständigen Stellen nicht reagiert haben.

Diese Sendung nannte sich „PRISMA (Untertitel: „Probleme – Projekte – Personen“) und war ein Innenpolitisches Magazin, welches aktuelle Probleme aufgriff und Lösungswege zeigte und vermittelte. Die Sendung gab es von 1963 bis 1991.

Ebenso gab es ein Eingabengesetz, welches am 27. Februar 1961 mit dem Titel „Gesetz über die Bearbeitung der Bürger“ beschlossen wurde. Unter „ddr-wissen.de – DDR-Lexikon: Eingabengesetz“ ist darüber mehr zu erfahren.

Ebenso gab es keine ständige Überwachung, denn das hätte vorausgesetzt, das Alle Alle überwacht „bespitzelt“ hätten.

Ich kann z. B. durch ein Schriftstück (nach 2011, aktuell von 2024) der Stasi-Unterlagenbehörde nachweisen, das es keine Akte über meine Person aus der DDR-Zeit gibt.

Der dritte Punkt von Leonie befasst sich mit dem Mitgestalten.

Auch das war in der DDR möglich und wurde von vielen Bürgern rege genutzt.

Gemeint ist das „Neurerwesen“, welches dazu diente, durch Verbesserungsvorschläge z. B. Arbeitserleichterungen und -sicherheit, Materialeinsparungen oder die Produktivitätssteigerung zu erzielen.

Für angenommene und umgesetzte Neurervorschläge wurden sogar Prämien gezahlt.

Wie hoch diese waren, kam immer auf die Höhe des Nutzens des Vorschlages an, wobei der Mindestbetrag 30 DDR-Mark und der Höchstbetrag 30.000 DDR-Mark betrug.

Mit meinen Zeilen, die nur ein Bruchteil von den guten Dingen in der DDR darstellen, möchte ich nicht bestreiten, das es in der DDR, wie in jedem anderen Staat dieser Erde, Ungerechtigkeiten gab, die DDR aber nur auf Ungerechtigkeiten zu reduzieren und dadurch ein Gefühl für die DDR-Zeit zu bekommen, ist nicht richtig und sollte der Schülerschaft auch so übermittelt werden, denn auch heute gibt es in allen Staaten dieser Erde Ungerechtigkeiten, aber niemand würde auf die Idee kommen, diese Ungerechtigkeiten auf alle Bürger der jeweiligen Staaten zu beziehen.

Mit freundlichem Gruß
Thomas Häntschke (1966 in Hoyerswerda geboren)

Jens Liebig schrieb am

Hallo Herr Häntschke, mit Ihrer Phrase ,,das es auch zu DDR-Zeiten möglich war, das System zu kritisieren, ohne das man eingesperrt wurde", verhöhnen Sie die vielen tausend zu Unrecht inhaftierten Menschen, deren einziges "Verbrechen" es war, sich kritisch über das DDR-Regime zu äußern bzw. Dinge zu fordern (z.B. freie Wahlen), die in einer freiheitlichen Gesellschaft selbstverständlich sein sollten.

Natürlich war es "auch" möglich, sich kritisch zu äußern. Ihre Beispiele zielen aber auf die Kritik an Zuständen aus dem Alltag ab. Ich glaube kaum, dass es eine einzige Prismafolge gab, in der das politische System (keine freien Wahlen usw.) kritisiert wurde.

Es sollte aber nicht "auch" möglich sein, sondern immer möglich sein.
Dieses "mal möglich", "mal nicht" spiegelt doch auch die Willkür des DDR-Regimes wider.

Schön für Sie, dass es keine Stasiakte über Sie gibt. Es gibt/gab aber Akten von Millionen DDR-Bürgern, nicht zuletzt Dank der 200.000 inoffiziellen Mitarbeiter.

Thomas Häntschke schrieb am

Werter Herr Liebig,

mit meinen Zeilen, die Sie teilweise als Phrase bezeichnen, kritisiere ich die Pauschalität, welche mit der Aussage „… daß sie offen ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, das System kritisieren, … kann“, getroffen wird, denn für mich gehört zu einem System auch die Alltäglichkeit, welche kritisiert werden kann.

Des Weiteren habe ich am Schluß eindeutig darauf hingewiesen, daß ich mit meinen Zeilen nicht bestreiten möchte, daß es Ungerechtigkeiten in der DDR gab.

Eine Ãœbernahme dieser Ungerechtigkeiten auf das gesamte DDR-System ist jedoch falsch und zeichnet kein korrektes Bild der DDR.

Ob in der Sendung „PRISMA“, welche von 1963 bis 1991 14-tägig (1973–1975, 1 x im Monat) ausgestrahlt wurde, jemals das politische System kritisiert wurde, weiß ich nicht. Dazu müssten die ca. 640 Folgen gesichtet werden, um nachzuvollziehen, ob dies geschehen ist. Glauben allein reicht dazu, m. M. n., nicht aus!

Auch in der Bundesrepublik gab es Ungerechtigkeiten. Ein Beispiel ist der „Radikalenerlass, Anfang 1972“.

Dazu gibt es z. B. den Beitrag „Berufsverbote: Vergessene Geschichte – Autorin Christiane Bainski - ehemalige Landtagsabgeordnete (B90/GRÜNE), Lehrerin und selber Betroffene des Berufsverbots“ (Quelle: „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen“ 21.01.2020), in welchem Folgendes zu lesen ist:

„Der Erlass führte zum Berufsverbot für Tausende von Menschen, die als Lehrer*innen, als Lokführer*innen, in der Sozialarbeit, in der Briefzustellung, an Hochschulen sowie in der Rechtspflege tätig waren oder sich auf solche Berufe vorbereiteten. Bis weit in die 1980er Jahre hinein vergiftete die staatlich betriebene Gesinnungsjagd auf vermeintliche Linksradikale das politische Klima.

Betroffene waren etwa Personen, die sich gegen den Krieg in Vietnam engagierten, gegen Aufrüstung protestierten sowie Studienreisen in die DDR oder andere sozialistische Länder unternahmen. Sie setzten sich ein für eine konsequente Aufarbeitung des NS-Regimes, demonstrierten gegen die Notstandsgesetze und für den Erhalt demokratischer Rechte.“

„1995 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil fest, dass die Berufsverbotspraxis gegen die europäische Konvention für Grund- und Menschenrechte verstößt. Dennoch wurde der Erlass bisher nicht offiziell zurückgenommen, eine Rehabilitation der damals Abgelehnten oder Entlassenen hat in den meisten Fällen bis heute nicht stattgefunden und ist auch in NRW überfällig.“

Trotz dieser Ungerechtigkeiten wird niemand auf die Idee kommen, diese Ungerechtigkeiten dem gesamten System „BRD“ überzustülpen.

Daher nochmals: Es gab in der DDR Ungerechtigkeiten, wie es sie in jedem anderen Staat dieser Erde gab und auch heute noch gibt.

Ich wehre mich jedoch gegen eine Pauschalisierung dieser Ungerechtigkeiten auf das gesamte DDR-System.

Mit freundlichem Gruß
Thomas Häntschke

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