OB Skora bittet 91er Gewaltopfer um Verzeihung


von Tageblatt-Redaktion

Oberbürgermeister Stefan Skora eröffnete die Ausstellung unter anderem mit den Worten: „Wir können den Herbst 1991 nicht aus der Stadtgeschichte streichen."
Oberbürgermeister Stefan Skora eröffnete die Ausstellung unter anderem mit den Worten: „Wir können den Herbst 1991 nicht aus der Stadtgeschichte streichen."

Mit einer Ausstellung erinnert Hoyerswerda an die pogromähnlichen Gewalttaten, die sich im September 1991 hier gegen Vertragsarbeiter und Asylsuchende richteten. Die Schau auf 25 großformatigen Planen wurde am Donnerstag im Bürgerzentrum Orange Box an der Bautzener Brücke eröffnet und ist bis zum Ende des Jahres zu sehen.
„Ich möchte den Tag zum Anlass nehmen, mich im Namen der Bürger der Stadt für das Leid zu entschuldigen, das den Betroffenen damals zugefügt wurde“, sagte Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU) in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung. Neben der vom Stadtmuseum gestalteten Schau gibt es bis Mitte November innerhalb des vom OB ausgerufenen „Jahres der Vielfalt“ eine ganze Reihe weiterer Veranstaltungen zum Thema:


Marcel Kiessetz steht im Bürgerzentrum „Orange Box“ an der Bautzener Brücke. „Schrecklich“, sagt er. Er ist mit seinen Mitschülern aus der Altstadt-Mittelschule hergekommen, um sich die gestern dort eröffnete Ausstellung „Herbst 1991“ anzusehen. Sein Neigungskurs Geschichte beschäftigt sich nämlich mit der Gewalt gegen Asylanten und Vertragsarbeiter in der Stadt vor zwanzig Jahren, der sich wiederum die Ausstellung des Stadtmuseums im Eigenbetrieb Kultur und Bildung widmet.

„Für die jungen Leute
ist das ganz besonders wichtig“, sagt Klaus Naumann. Er war 1991 Hoyerswerdas Ordnungs-Bürgermeister und versuchte vergeblich, per Megaphon die Gemüter zu beruhigen. Es gibt auf den Schau-Planen im Erdgeschoss auch ein Zitat von ihm. Dort nämlich sind die Tage zwischen dem 17. und dem 29. September anhand von Zeitungs-Artikeln und Behörden-Meldungen nachzuvollziehen. Man kann zum Beispiel gut erkennen, dass sich die Gewalt in den ersten Tagen stets und ständig nach Feierabend entlud – immer nachmittags so gegen fünf.
Die Etage darüber widmet sich den Reaktionen und Folgen von der Lichterkette im Dezember 1991 über die Gründung der RAA bis hin zu den TAGEBLATT-Kolumnen des Cambridge-Anthropologen Felix Ringel. Das Konterfei des Doktoranden ist hier in Lebensgröße zu finden und daneben steht, warum er während seiner Feldforschungen 2008 und 2009 gern in Hoyerswerda gelebt hat. Noch hier sind zum Beispiel auch Tran Anh Tuan, Irina Barilo oder Hoan Pham Ngoc, und auch neben ihren Gesichtern beginnen Sätze mit dem Worten: „Ich lebe gern in Hoyerswerda, weil...“

Eine differenzierte Aufarbeitung
des Herbstes 1991, so die Ausstellungsmacher, sei an der Zeit. Die Rekonstruktion der Ereignisse und die bisherigen Reaktionen darauf seien aber nur ein erster Schritt. „Es gibt so viel zu verstehen und zu hinterfragen, dass es sich nur um einen Auftakt handeln kann“, sagt Eigenbetriebschefin Carmen Lötsch. Heißt: Es werden weitere Planen zu weiteren Aspekten entstehen. Vielleicht geht es dann auch um ein Detail aus den 1980ern, an das sich gestern ein 64-jähriger Altstädter so erinnerte: „Manche haben Vietnamesen erst angepöbelt, um sie dann nach Zigaretten zu fragen oder sich bei ihnen eine Hose zu bestellen.“

Auch als Arbeitsgrundlage
, so Olaf Dominick aus dem OB-Büro, wird man die Schau noch in diesem Monat in digitaler Form auf der Stadt-Webseite finden. Carmen Lötsch, eine nach ´91 zugewanderte Schwäbin, sagte gestern, man widme sie allen, die die Stadt damals verlassen mussten, aber auch jenen, die danach herkamen, und allen freundlichen Menschen, die Hoyerswerda so liebenswert machten. Eine Bestätigung dieser Worte schien der gestrige Besuch von Rita und Hermann Hodrus aus Kempten im Allgäu. Sie waren im Zittauer Gebirge im Urlaub und hängten kurzentschlossen noch einen Ferientag an, als sie in der Zeitung von der Ausstellung in Hoyerswerda lasen. Ihr, wie sie sagen, vorher recht diffuses Bild von der Stadt habe sich gestern durchaus verbessert. „Die Leute sind so freundlich hier“, meint Rita Hodrus, und vor den Schlagzeilen, vor denen sie stand, wirkte das wirklich recht seltsam.

Die Ausstellung ist bis Ende Oktober täglich außer montags von 10 bis 16 Uhr zugänglich. Der Eintritt ist frei. Im November und Dezember kann die Schau nach Absprache mit dem Eigenbetrieb besichtigt werden.



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