Nähe ist so wichtig


von Tageblatt-Redaktion

Ines Fischer arbeitet als Altenpflegerin in Hoyerswerda. In ihrer Branche nimmt der Fachkräftemangel zu, auch hier in der Region.
Ines Fischer arbeitet als Altenpflegerin in Hoyerswerda. In ihrer Branche nimmt der Fachkräftemangel zu, auch hier in der Region.

Eines Tages möchte sie unter die Autoren gehen. Ein Tagebuch schreiben. Eines, in dem Ines Fischer all das beschreiben will, was sie in ihrem beruflichen Alltag gesehen, gehört und gefühlt hat. Denn jeden Tag bekommt die 41-Jährige so viele aufregende, traurige oder unterhaltsame Geschichten zu hören. Geschichten aus dem Leben anderer.
Eigentlich hätte die Hoyerswerdaerin es wissen müssen. „Ich bin vorbelastet“, erzählt sie. In ihrer Familie habe es schon einige gegeben, die im Pflegebereich arbeiteten. Als Ergotherapeuten, als Dozent oder Pflegekraft. Doch sie arbeitete erste einige Jahre als Gärtnerin, bevor sie vor 13 Jahren in den Pflegebereich wechselte. Seit Beendigung ihrer Ausbildung arbeitet sie als Altenpflegerin in Hoyerswerda, im Laurentius-Haus des Diakonie-Sozialwerks Lausitz. Gehört sie dort zu den 45 Teilzeit- und Vollzeitkräften, die sich um 120 Heimbewohner kümmern. Ja, man könne schon sagen, dass sie in diesem Beruf ihr Helfersyndrom auslebe. Aber warum auch nicht. „Ich bin glücklich, wenn ich anderen helfen kann“, beschreibt sie ihre Tätigkeit. 24 Bewohner betreut sie auf der Pflegestation. „Ich schätze es sehr, dass diese Menschen mir vertrauen, mir von ihrem Leben erzählen“, so Fischer. Als Altenpflegerin sei es für sie aber auch wichtig, „den betreuten Menschen etwas von mir zu geben“. Sich zu öffnen, einen Einblick ins eigene Leben zu geben. Denn schließlich sind Gespräche der Schlüssel zu einer gleichberechtigten Beziehung zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen, sie fördern die Balance zwischen Geben und Nehmen. Gehe es manchen Bewohner nicht gut, „hilft auch eine Umarmung“. Man könne schon sagen, dass ein liebes Wort oft manchmal besser sei als ein Medikament. Ihr Tag fängt früh, um 5.45 Uhr an. Arztvisiten müssen vorbereitet, Medikamente verteilt, Zwischenmahlzeiten ausgegeben werden. Vormittags zieht sie sich aus der Pflege zurück. Der Dokumentationsaufwand, beschreibt sie, der habe zugenommen. Mindestens zehn Stunden in der Woche muss sie dafür aufbringen.
Sie geht in ihrer Arbeit auf. Fühlt, leidet auch mit. Wenn jemand in ihrem Pflegebereich stirbt, „nimmt mich das emotional immer mit“. Sterbebegleitung ist ein Bestandteil ihres Berufes, der angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland ein krisenfester ist. Dennoch fehlen zunehmend Arbeitskräfte in diesem Bereich, auch hier in der Region. Einer der Gründe für die geringe Attraktivität ist, neben einer mäßigen Bezahlung, auch, dass diese Arbeit in hohem Maße Psyche und Physis fordert. Vor einigen Jahren habe man bei weitem noch nicht so viele technische Hilfsmittel wie heute gehabt, so die Hoyerswerdaerin. Früher sei die Arbeit richtig kraftraubend, nicht gerade „rückenschonend“ gewesen. Etwa wenn man jemanden aus dem Bett bewegte oder in die Badewanne legen musste.
Wie lange möchte sie diese Arbeit ausüben? Solange es gesundheitlich geht, erzählt sie. Und so wird sie noch zahlreiche Erinnerungen aus anderen Leben zu hören bekommen. Vielleicht gelingt es ihr dann tatsächlich, die Kraft aufzubringen, um ihr Vorhaben in die Realität umzusetzen: in einem Buch den Alltag in einem Altenhilfezentrum zu schildern.



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