Nach 45 Jahren nun wieder im WK III angekommen
Hoyerswerda. Exakt 322 Menschen sind laut amtlicher Statistik zwischen Januar und März von außerhalb in die Stadt gezogen. Darunter war auch Lothar Mages. Es war eine Rückkehr nach fast dreißig Jahren im kleinen, beschaulichen Tiegling. "Ich komme hier gut zurecht", sagt der 84-Jährige und erzählt, dass es von seiner neuen Wohnung im WK III zum Lausitz-Center, einmal hindurch und zurück nach Hause exakt 1.500 Schritte sind. Es ist nicht so, dass Tiegling ihm nicht mehr gefallen hätte. Aber die Umstände haben sich eben geändert; wie schon so oft im Leben.
Lothar Mages stammt aus Thalheim im Erzgebirge. Er hat dort Zimmermann gelernt, parallel in der Abendschule die zehnte Klasse nachgeholt. Nach dem Bauingenieur-Studium heuerte er beim Bau- und Montagekombinat Kohle und Energie an. Als er Anfang der 1960er in die Lausitz kam, sagt er, sei in Schwarze Pumpe das Kraftwerk West komplettiert gewesen, während am Kraftwerk Mitte erst der erste Block fertig war. Vier Jahre lang lebte er in einem der berühmt-berüchtigten Wohnlager vor Ort, also einer kleinen Baracken-Stadt.
Nach der Hochzeit und der Geburt des Sohnes durfte seine kleine Familie 1966 eine Wohnung am Hoyerswerdaer Stadtrand beziehen. Die Westrandbebauung An der Taube ließ sie hinter sich, als der Nachwuchs ein eigenes Zimmer bekommen sollte. Es ging in den WK III, die Bertolt-Brecht-Straße; später, nach der Geburt der Tochter 1980, ins Stadtzentrum - als Erstbezug in die neu errichtete Promenade der Freundschaft. Letztlich landete Familie Mages in der Curiestraße im WK II. Und dann sollte es auf's Dorf gehen. In Tiegling am damaligen Südostende des Tagebaus Scheibe wurde ein Gehöft umgebaut, 1996 war Einzug.
Lothar Mages fühlte sich in der Gemeinde Lohsa sehr wohl; die Nachbarn waren nett, das Dorf eine Gemeinschaft. Man konnte Mages immer mal im Lohsaer Gemeinderat auf den Zuschauerbänken sitzen sehen; er wollte informiert bleiben. Dann starb seine Frau, das große Grundstück wurde zusehends zur Last und der Rentner sagte sich: "Irgendwann ziehe ich wieder nach Hoyerswerda." So eine Entscheidung, erzählt er, müsse freilich reifen. Währenddessen steckte die Wohnungsgesellschaft 1,8 Millionen Euro in den Block Herderstraße 1 - 9.
Nun ist Lothar Mages also wieder da, wo er schon während der 1970er gewohnt hat. Vom Umzug mit der Hoyerswerdaer Firma BDS kann er richtig schwärmen, das Unternehmen hat ihn überzeugt. Freilich waren sechs Wochen Zwischenbelegung in einer Pension in Maukendorf erforderlich. Das junge Ehepaar, das das Gehöft in Tiegling erworben hat, stand kurz vor der Geburt eines Kindes und wollte rasch einziehen. Die Sanierung im WK III war aber noch nicht ganz durch. Mages suchte sich also eine Übergangsbleibe. Seine Verbindung nach Tiegling, nunmehr am Südostufer des Scheibe-Sees, bleibt bestehen. Die Dorfgemeinschaft hat ihn zum Sommerfest eingeladen, eine frühere Nachbarin zum 70. Geburtstag.
Er schwärmt, im Ort mit seinen nicht einmal hundert Einwohnerinnen und Einwohnern gebe es aktuell mehr als ein Dutzend Kinder. Und dort, wo er knapp 30 Jahre lang zu Hause war, wohnen nun mit besagtem Ehepaar Leute, die tatsächlich vorher im WK III gelebt haben. Sie gehören zu den 330 Personen, die Hoyerswerda zwischen Januar und März den Rücken gekehrt haben. (red)
Einen Kommentar schreiben
Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.