Kreis-Doppelhaushalt 2011 und 2012 beschlossen


von Tageblatt-Redaktion

Abstimmung
Abstimmung

43 Kreisräte votierten für
den Etat, 32 dagegen, acht enthielten sich der Stimme.
SPD-Antrag zu geringerer
Kreisumlage ist gescheitert.

Mit den Stimmen der CDU, der FDP, der Freien Wähler und des Fraktionslosen Maik Förster wurde das zuvor heftig diskutierte Papier beschlossen; SPD/Grüne, Teile der Linken, NPD und das Bündnis Arbeit, Familie, Vaterland (Liste Henry Nitzsche) waren dagegen.
Landrat Michael Harig (CDU) hatte die zweieinhalbstündige Debatte mit einem 45-minütigen Vortrag eröffnet, nachdem ein heftiger und nicht minder langer Streit ums Asylbewerberheim (links) vorausgegangen war. Harig warb für den einnahmen- und ausgabenseitig ausgeglichenen Doppelhaushalt. Die Verschuldung von Kreis und je Einwohner (105 Euro -2010-) liege weit unter dem Sachsen-Durchschnitt (195) und gar der wirtschaftlichen Bedenklichkeit (250 Euro). Zwar müsse man bei Investitionen Abstriche machen, komme erst ab 2014 wieder zu „starkem Schuldenabbau“, habe aber Spielräume. Die Kreisumlage sei trotz der geplanten Erhöhung eine der, wenn nicht die niedrigste(n) in Sachsen. In anderen Bundesländern seien sogar Sätze von bis zu über 50 % üblich.
Während CDU und FDP sich dem anschlossen, setzte es oppositionelle Kritik. Ralph Büchner (Die Linke) bemängelte die zu geringe Vorab-Beratungszeit und unterstellte, ein Doppel- (Zweijahres-) Haushalt mache es den Abgeordneten schwerer, die Verwaltung zu kontrollieren. Das sah Henry Nitzsche genau so: ein Doppelhaushalt „schaltet die Abgeordneten zwei Jahre aus“. Er, Nitzsche, sehe „Sinkflug“ bei Rücklagen, Zuweisungen und Investitionen; Steigerungen dagegen nur bei der Verschuldung. Noch drastischer formulierte es Gerhard Lemm (SPD), der die Landtagsabgeordneten der CDU im Kreistag „schizophren“ nannte: Sie würden in Dresden beschließen, den Kreisen und Kommunen finanziell die Luft abzudrücken, „... und hier im Kreistag wundern sie sich dann, dass wir nicht mehr japsen können. Das ist wie bei den drei, nein, zwei Affen: Nix sehn, nix hörn, aber trotzdem was sagen ...“
Ein namentlich abzustimmender Antrag von SPD/Grünen, die Kreisumlage einen halben Prozentpunkt niedriger anzusetzen, wurde mit 43:26 Stimmen bei acht Enthaltungen zu Fall gebracht – die Verwaltung hatte andernfalls die Haushaltssicherheit gefährdet gesehen.
Noch fataler erging es einem Antrag der CDU/FDP-Fraktion, die Zielzahl der Mitarbeiter der kreislichen Grundsicherungsbehörde (Job-Center) auf 440 statt wie geplant 450 zu senken. Die Linke geißelte das: Die Behörde, noch im Aufbau (derzeit 425 Mitarbeiter), schon jetzt zu beschneiden, brächte Unruhe und gehe zu Lasten der zu Betreuenden, falls die „Fallzahlen“ wieder steigen – womit die Linke unbedingt rechnet. Nach Durcheinander, Auszeiten und Kompromiss-Vorschlägen betreffs anderer Zeitpunkte der 440-Regelung erklärte plötzlich die FDP, in der verwässerten Form trage sie den Antrag nicht mehr mit, woraufhin ihn die CDU zurückzog.
Immerhin brachten Christdemokraten und Liberale den Antrag durch, die Kreisverwaltung solle im III. Quartal 2011 dem Kreistag zum Stand der Haushalts-Durchführung berichten – speziell, ob ein von der Opposition befürchteter Nachtragshaushalt und/oder eine Senkung der Kreisumlage geboten sei.
Dann kam der Gesamt-Etat zur Abstimmung. Ergebnis: siehe oben.

 

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Lessingstadt
nimmt bis zu 400
Flüchtlinge auf

Der Landkreis Bautzen kauft die Polizeischule
Kamenz und baut sie zum Asylbewerberheim aus.

Zwei Jahre diskutieren Verwaltung und Kreisräte, um in Sachen Asylbewerberheim eine Lösung zu schaffen, die die maroden Heime Kamenz Gartenstraße und Seeligstadt ersetzt. Nun ist man wieder beim Ausgangspunkt: die Ex-Polizeischule in der Kamenzer Macherstraße 160 soll für 400 Bewohner hergerichtet werden. Nicht mit 300 000 Euro, wie einst geschätzt, sondern mit knapp 4 Millionen Euro für den Erwerb und die den Standards folgende Sanierung.
Kasernierung bringt Konflikte
Dem Beschluss war eine Stunde Debatte vorausgegangen. Eine „Kasernierung“ von bis zu 400 solcher Asylbewerber sei nicht nur menschenunwürdig, sondern könne sich zum Konfliktherd mit „Hierarchien“ entwickeln (Roland Fleischer -SPD-). Warum man die Mitbürger nicht in „Wohnplatten“ à 100 Mieter unterbringe? Landrat Michael Harig (CDU) merkte ironisch an, es habe sich da noch kein Bürgermeister einer Kommune mit solchen Voraussetzungen gemeldet. Henry Nitzsche (Bündnis ...) verlangte, freilich vergeblich, „Alternativen mit belegbaren Zahlen“ möglicher anderer Unterbringungs-Orte, ehe man entscheide. Genau das aber tat der Kreistag mit Mehrheits-Votum: die Kamenzer Macherstraße 160 wird’s werden.
„Rückführung in Würde“
Dann kam die Stunde von Rat Maik Förster (fraktionslos): Er wollte das Haus künftig „Asylbewerberheim – Zentrum für Integration des Landkreises Bautzen“ benannt wissen (was ihm mehrheitlich zugestanden ward) – und die Verwaltung solle prüfen, ob Bautzen analog zum Partner-Landkreis Main-Tauber für abgewiesene Asylbewerber ein Programm „Rückführung in Würde“ entwickeln könne. Auch das fand eine 16:15-Mehrheit (Rest: Enthaltungen ...) – mit den Stimmen der NPD, die sich für das Wort „Rückführung“ begeisterte und mit Gelächter quittierte, dass die Ja-Sager anderer Gesinnung in dieser Formulierung offenbar keine Doppeldeutigkeit entdecken mochten.

 

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Eine Stimme
für die Verlierer

Von Uwe Jordan

Gewissenskonflikte auferlegte Kreisrat Gerhard Lemm (SPD), Bürgermeister von Radeberg, seinen Amtskollegen: Sollte doch der Kreistag zum Vorschlag der SPD/Grünen-Fraktion abstimmen, die Kreisumlage für 2011 auf nur 27,1 statt, wie von der Verwaltung gewollt, auf 27,6 % beziehungsweise für 2012 auf 28,2 statt 28,7 % zu erhöhen. Die Bürger, so Lemm, sollten mal sehen, wie ihre Räte, speziell ihre Bürgermeister, stimmen, wenn es darum geht, (noch mehr) Geld von den Kommunen an den Kreis umzuverteilen – oder nicht.
Klar muss ein Bürgermeister jeden Euro festhalten. Nur weiß er: der Kreis erbringt für ihn Leistungen, die die Kommune alleine überfordern, und der kann sich nur per Umlage, seinen Anteil an vor allem den Schlüsselzuweisungen, finanzieren.
Die Räte aus der Hoyerswerdaer Region stimmten so – für den SPD-Antrag, also für die geringere Kreisumlage: Frank Lüdke (NPD), Henry Nitzsche, Konstanze Schäfer, Gerold Wels (alle BAFV), Hellfried Ruhland (Freie Wähler). Dagegen, also für die höhere Kreisumlage: Harry Habel, Michael Mandrossa (beide CDU). Stimmenthaltung: Ralph Büchner, Elke Förster, Joachim Lossack, Kerstin Robel (Linke), Udo Popella (CDU). Es fehlten Uwe Blazejczyk, Dietmar Koark, Stefan Skora, Udo Witschas.
Wie hätten Sie entschieden? Ich hätte in diesem Fall für die SPD gestimmt – für die Verlierer.

 

P.S.: Zahlen zum Haushalt finden Sie in der TAGEBLATT-Print-Ausgabe vom 8. Dezember 2010 auf Seite 13.



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