Hoyerswerda will fairen Wettbewerb mit Bautzen


von Tageblatt-Redaktion

Hoyerswerda fürchtet, dass mit der Erweiterung der Handelsfläche in Bautzen Kaufkraft dorthin entschwindet.
Hoyerswerda fürchtet, dass mit der Erweiterung der Handelsfläche in Bautzen Kaufkraft dorthin entschwindet.

Vor ein paar Jahren machte die Stadt Hoyerswerda den Weg frei für eine Erweiterung des Lausitz-Centers. Am Ende fiel die unternehmerische Entscheidung der ECE-Gruppe aber gegen das Bauvorhaben.
Der Einzelhandel in Hoyerswerda wurstelte sich seitdem an all seinen Standorten so durch. Und man musste registrieren, wie in Cottbus und vor allem Dresden gigantische Einkaufsparadiese entstanden. Wenn in Hoyerswerda jemand sagt „Wir fahren einkaufen“ meint er damit immer öfter die Landeshauptstadt.

Jetzt will Bautzen seine Handelsfläche deutlich ausbauen. Zwischen Lauengraben und Bauerngasse soll anstelle der jetzigen überwiegend maroden Bebauung das von der Projektentwicklungsgesellschaft Sassenscheidt geplante Lauencenter entstehen mit – rund 9 500 Quadratmeter Verkaufsfläche. Dazu kommt die von der Bautzener Wohnungsbaugesellschaft geplante gewerbliche Neubebauung des einstigen Hochhaus-Grundstückes am Kornmarkt. Beide Häuser könnten 2013/14 fertig sein. Zusammen hätten sie fast 12 000 Quadratmeter Verkaufsfläche – so viel, wie das Lausitz-Center jetzt hat.

Doch damit hat man in Hoyerswerda ein Problem. In der örtlichen Händlerschaft formiert sich der Protest. Es gab schon vor Wochen ein Gespräch zu diesem Thema am Tisch des Oberbürgermeisters. Jetzt gibt es einen offenen Brief, der in knapp 100 Geschäften von den Betreibern/Inhabern unterschrieben wurde. Denn man verfolgt die Äußerungen der Bautzener Stadtväter sehr genau. Wirtschaftsbürgermeister Michael Böhmer (CDU) macht keinen Hehl daraus, dass es Ziel ist, Kaufkraft aus Hoyerswerda, Weißwasser und Niesky abzuziehen. Zumindest in Hoyerswerda fürchtet man den Niedergang ganzer Einzelhandelsstandorte (siehe Auszüge des Briefes).

Doch nicht nur die Hoyerswerdaer Händler sind besorgt. Auch in Bautzen herrscht angesichts der Pläne nicht nur eitel Sonnenschein. Und vor allem sagen gleich zwei in der Planungsphase beauftragte Gutachten, dass die zusätzliche Handelsfläche zu viel sei für Bautzen. Sie empfehlen der Stadt, die sich wie Hoyerswerda um ihre Rolle als Einkaufsstadt sorgt, zwar grundsätzlich einen Ausbau der Einkaufsfläche. Allerdings empfehlen die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung Erfurt sowie die BBE Retail Experts Leipzig deutlich geringere Quadratmeterzahlen. Die Stellungnahme des Handelsverbandes Sachsen zu den Bautzener Plänen ist entsprechend vernichtend. In dem Schreiben vom 26. April heißt es, dass eigentlich die Neueinordnung von Einzelhandelsflächen in dieser Größenordnung in Bautzenes Innenstadt jeglicher Grundlage entbehre.

Angesichts der Stadtbrache am Lauengraben würde man „maximal 4-5 000 Quadratmeter Verkaufsfläche für Lebensmittel und kurzfristigen Bedarf“ gutheißen. Die „einzelhandelsrelevanten Planungsabsichten in der Innenstadt von Bautzen (sind) grundlegend zu überdenken“ – angesichts der Verantwortung für das Kulturgut Bautzener Innenstadt und die Interessen in der Region. Bereits in den nächsten Wochen soll sich der Bautzener Beirat für Stadtentwicklung damit befassen, im August der Stadtrat. Und in Hoyerswerda ist man indes kräftig am überlegen, was man hier tun kann, um Einkaufsstadt zu bleiben.

 

Offener Brief der Hoyerswerdaer Händler

Wie aus der Presse der letzten Wochen und Monate zu entnehmen ist, plant die Stadt Bautzen den Bau eines neuen Einkauf-Centers zwischen Lauengraben und Bauerngasse mit einer Verkaufsfläche von 9 500 Quadratmetern durch die Projektentwicklungsgesellschaft Erik Sassenscheidt.

Darüber hinaus plant die Bautzener Wohnungsgesellschaft einen Mehrzweckbau unter Einbeziehung eines Lebensmittelmarktes und Schuhhauses mit einer Verkaufsfläche von 2 500 Quadratmeter; das bedeutet eine Verkaufsflächenerweiterung von insgesamt 12 000 Quadratmeter (dies entspricht der Größe des Lausitz-Centers in Hoyerswerda).Vor Beginn der Planungsphase wurden zwei Gutachten für die Verträglichkeit eines neuen Einkaufszentrums in Bautzen für das Umfeld in Auftrag gegeben.

Ein GMA-Gutachten (deutschlandweit agierende Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH) empfahl die Größe von 2 400 Quadratmeter, mit einer Aufteilung von 1 700 Quadratmeter für den Bereich Elektro, 200 Quadratmeter für Bücher/ Spielwaren und 500 Quadratmeter für Gesundheit und Körperpflege. In einem zweiten Gutachten der BBE Handelsberatungs GmbH wurde die Gesamtverkaufsfläche von 6 000 Quadratmeter als verträglich erklärt.Mit großem Erstaunen haben wir dann der Presse entnehmen müssen, dass die jetzt geplante Verkaufsfläche das GMA-Gutachten um 9 600 Quadratmeter und das BBE-Gutachten um 6 000 Quadratmeter übersteigt. Warum?Die Erklärung wurde im gleichen Artikel gleich mitgeliefert.

Bei den geplanten Neuansiedlungen von H&M, C&A, Media/ Saturn, Douglas und Esprit reichen die in den Gutachten vorgeschlagenen Größen nicht aus. Hinzu kommt die klare Aussage des Wirtschaftsbürgermeisters der Stadt Bautzen, Herrn Michael Böhmer, vom 18.11.2010 in der Sächsischen Zeitung: „Wir wollen Kaufkraft aus Hoyerswerda gewinnen.“ (im Klartext: abziehen)Welche Folgen hätte die Neuansiedlung eines Einkaufszentrums der geplanten Größe für Bautzen und die Region? Für Bautzen würde zum einen mit dem vierten Anbieter an diesem Standort eine Überversorgung im Bereich Elektro und Multimedia stattfinden; zum anderen muss damit gerechnet werden, dass in der zur Zeit lebendigen Fußgängerzone Verödung stattfindet.

Aber nicht nur Bautzen würde es treffen! In Hoyerswerda müssen wir nach wie vor mit stark zurückgehenden Einwohnerzahlen in der Stadt und im Umkreis leben, was einen großen Kaufverlust bedeutet. Hinzu kommt ein immer stärker werdender Wettbewerb in unserem Einzugsgebiet. (Eröffnung der Centrum Galerie, Erweiterung der Altmarkt-Galerie, umfassende Veränderungen im Elbe-Park, Eröffnung Blechen Carré). Mit der geplanten Neuansiedlung des Lauen-Centers besteht die Gefahr der Abwanderung der Kunden aus dem gesamten östlichen Einzugsgebiet.

Der Einzelhandel in Hoyerswerda hat einen Versorgungsauftrag für die Menschen in der Stadt sowie der Umgebung. Neben den Lebensmittelanbietern in der Innenstadt und in der Peripherie sorgen zum einen der Altstadt-Einzelhandel, das Treff-8-Center, die Einzelhändler rund um den Lausitzer Platz sowie der Bereich Dörgenhausen dafür, dass auch Bürger ohne Auto ihre Bedürfnisse und Wünsche durch ein breites Sortimentsangebot in den unterschiedlichsten Preisstrukturen befriedigen können.

Um diesem auch weiterhin gerecht werden zu können, muss eine wirtschaftliche Grundlage gegeben sein. Die Neuansiedlung des Lauen-Centers bedeutet somit eine Gefahr für den Einzelhandelsstandort Hoyerswerda in Bezug auf Sortimentsvielfalt sowie Arbeitsplatzsicherheit.

Es stellen sich zwangsläufig folgende Fragen: Bleibt C&A am Standort Hoyerswerda bei einer Neueröffnung in Bautzen? Können die urbanen Strukturen in der Kirchstraße und auf dem Marktplatz erhalten werden? Wird das Lausitz-Center auch in Zukunft den guten Sortimentsmix bieten können, den die Besucher heute gewohnt sind? Wird sich ein Investor finden lassen, um die zur Zeit nicht sonderlich attraktive Fläche des ehemaligen Centrum-Kaufhauses zu optimieren? Kann die zur Zeit gute Versorgung mit Lebensmitteln aufrecht erhalten werden?

Es gibt viele offene Fragen, die zur Zeit nicht beantwortet werden können.Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Umsetzung der Maßnahme in Bautzen schwerwiegende Folgen für die Versorgung der Einwohner in Hoyerswerda hat. Dies ist die eindeutige Einschätzung der vorliegenden Einzelhandelsgutachten. Es droht eine Verödung des innerstädtischen Einzelhandels in Hoyerswerda. Es muss eine Chancengleichheit zwischen Hoyerswerda und Bautzen gewährleistet sein; beide Städte sind wichtig für die Versorgung der Region; die Politik sollte handeln, bevor es zu spät ist.

Sehr geehrte Leser, Ihre Meinung ist uns sehr wichtig: Wenn auch Sie unsere Bedenken und Befürchtungen teilen und unsere Initiative unterstützen wollen, bitten wir Sie sehr herzlich, Ihre Meinung mitzuteilen; die Kontaktadresse hierfür ist das Center-Management des Lausitz-Centers (Lausitzer Platz 3, 02977 Hoyerswerda). Vielen Dank.

 

 



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